7. Dezember 2017 – Maria muss das Bett hüten

7. Dezember 2017
08.00 Uhr Ich werde durch das hawaiianische Weihnachtslied “Mele Kalikia” geweckt und fühle mich prima. Weil ich längst nicht zum alten Eisen zähle, hüpfe ich aus dem Bett und absolviere auf der Terrasse den Frühsport. Nebenher schaue ich in die aufgehende Sonne und spiele mit der Idee, meinen Verwandten im Lowbank Drive einen Besuch abzustatten – was kann es schöneres geben.
08.30 Uhr Als Gesangsstern Bing Crosby auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) ein weiteres Weihnachtslied anstimmt, ziehe ich mich ins Bad zurück und lasse die Wanne mit Wasser volllaufen. Ausserdem rufe ich kurzerhand bei meinem Bruder an und frage nach, wie es Maria geht. Georg seufzt laut und entgegnet, dass seine Ehefrau noch immer von Halsschmerzen geplagt wird und das Bett hüten muss. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und kündige mein Kommen für halb Elf an.


Der beste Radiosender: Katze Land

09.30 Uhr Nach dem Badevergnügen steige ich in eine frischgewaschene Tschienshose und vergesse auch nicht, ein legeres T-Hemd mit dem Emblem der “University of South Florida” (löblich: Universität von Süd Florida) anzuziehen. Danach pfeife ich auf den Fingern und halte Hund Dixon an, mir zum Chevrolet zu folgen.
10.00 Uhr Bevor ich zu meinen Verwandten kruse, statte ich dem Kmart an der Vanderbilt Beach Road einen Besuch ab und erwerbe eine Flasche “Florida’s Natural” Orangensaft sowie ein lustiges Baguette (löblich: französisches Landbrot) – da kommt besonders grosse Freude auf.
10.30 Uhr Wenig später komme ich hupend vor dem Feriendomizil meiner Liebsten zum stehen und werde von Georg herzlich begrüsst. Der gute Mann hält den Zeigefinger an die Lippen und beteuert, dass Maria noch schläft. Ich nicke eifrig und folge Georg spornstreichs auf die Terrasse. Mein Verwandter serviert brühfrischen Bohnentrunk sowie gezuckerte Pfannkuchen und gibt vor, dass Maria morgen abermals zum “NCH Hospital” fahren und beim Hals-Nasen und Ohrenarzt vorsprechen wird. Ich blicke skeptisch drein und informiere, dass man eine Mandelentzündung nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass diese Krankheit chronisch werden und zu einer Nierenentzündung führen kann – wie schrecklich.


Tim McGraw & Faith Hill – The Rest of Our Life

11.15 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten nippe ich ein letztes Mal am Kaffeehaferl und lade Georg ein, mich zum Supermarkt zu begleiten. Leider lehnt mein Bruder ab und meint, dass er sich nun um den Haushalt kümmern muss. Ich zucke mit den Schultern und ziehe es vor, den Vierbeiner zum Auto zu scheuchen und mit durchdrehenden Pneus davon zu rasen. Ferner fröne ich weiter dem Qualitätsprogramm meines Lieblingsradiosenders und lerne, dass die von Tim McGraw und Faith Hill veröffentlichte Kompaktscheibe “The Rest of our Life” (löblich: Der Rest unseres Lebens) derzeit sämtliche Rekorde bricht – das soll mir auch Recht sein.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit finde ich mich im WINN DIXIE Supermarkt am Mission Hills Drive wieder und schicke mich an, Waren des täglichen Bedarfs in den Einkaufswagen zu laden. Darüber hinaus werde ich am Filmregal vorstellig und entschliesse mich, die lustige Hollywoodproduktion “Planes, Trains & Automobiles” (auf deutsch: Ein Ticket für Zwei) zu den Lebensmitteln zu legen.


Ich investiere ein kleines Vermögen

13.00 Uhr Nach geschlagenen sechzig Minuten treffe ich an der Kasse ein und sehe mich genötigt, fast 80 Dollars bezahlen zu müssen. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und erkläre der Kassenkraft, dass ich ein armer Rentner bin und bald im Armenhaus landen werde – was muss ich denn noch alles ertragen.
13.15 Uhr Just als ich die schweren Einkaufstüten zum Auto schleppe, fängt es zu regnen an. Ich komme aus dem Schimpfen gar nicht mehr heraus und presche augenblicklich gen Osten davon.
13.45 Uhr Alsbald betrete ich mit Dixon an meiner Seite das “Bob Evans” Gasthaus und nehme mir das Recht heraus, einen Cheeseburger with Fries (löblich: Käseburger mit Kartoffelstäben) zu ordern. Während ich kraftvoll zubeisse und meine Kehle mit Diät Cola durchspüle, schaue ich entnervt aus dem Fenster und komme zu dem Schluss, dass man bei diesem Sauwetter kaum im Garten arbeiten kann – wie schade.
14.30 Uhr Nachdem ich die Jause mit einem Schaumkaffee abgerundet habe, flitze ich wie der Wind zum PS-strotzenden SUV und trete die Heimreise in den Willoughby Drive an.


Mein Zuhause unter Palmen

15.00 Uhr Zuhause angekommen, trage ich die Einkäufe in die kleine Villa und gebe dem Rüden zu verstehen, dass es angebracht wäre, den Nachmittag in der trockenen Stube zu verbringen. Dixon kommt dem Aufruf anstandslos nach und macht es sich auf dem Kanapee bequem. Ich folge diesem Beispiel und döse prompt ein.
16.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und fasse den Entschluss, mich an den Schreibtisch zu setzen und die Anschnurarbeit zu erledigen. Selbstverständig beantworte ich auch heute Fragen besorgter Heimseitenbesucher und rate, den jugendlichen Rabauken keine sündteuren Weihnachtsgeschenke unter die Christbäume zu legen.
17.00 Uhr Nach der schweisstreibenden Arbeit mache ich mich in der Küche nützlich und schwenke köstliches Grillfleisch in einer Pfanne mit Teflonbeschichtung. Ausserdem backe ich tiefgefrorene Kartoffelspalten im Ofen heraus zaubere einen Tomatensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – das gibt ein Festessen.
18.00 Uhr Mit vollem Magen nehme ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb und gehe dann zum gemütlichen Teil des langen Tages über. Da ich stets über alles informiert sein muss, folge ich den FOX Nachrichten und mache mich über die aktuellen Geschehnisse in der Welt schlau.

19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, verfrachte ich zur Hauptfernsehzeit die DVD ins Abspielgerät und gebe mich den den haarsträubenden Abenteuern des Werbefachmanns Neal hin, der kurz vor Weihnachten von New York zu seiner Familie nach Chicago ausfliegen möchte. Wie nicht anders zu erwarten, artet die Reise ins Chaos aus und Herr Neal findet sich alsbald ins ländliche Kansas versetzt – wie lustig.
21.00 Uhr Nach zwei heiteren Stunden flimmert der Abspann über die Mattscheibe. Ich betätige schmunzelnd den OFF (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und lösche sämtliche Lichter. Zu guter Letzt streichle ich Dixon über den Kopf und falle gähnend ins Bett. Gute Nacht.