08.00 Uhr Die 47. Woche des Kalenderjahres bricht an und aus dem Radio dröhnt ein stimmungsvolles Lied des aufstrebenden Landmusiksängers Granger Smith. Ich schwinge mich zu “Never Too Old” (löblich: niemals zu alt) aus dem Bett und läute den Morgen mit dem Frühsport auf der schattigen Terrasse ein.
Gute Morgen
08.30 Uhr Just als ich ein Rad schlage, fällt mir auf, dass es unangenehm kühl geworden ist. Um keinen Schnupfen zu bekommen, mache ich schnell kehrt und entspanne mich bei einem wärmenden Wirbelbad. Unterdessen rufe ich bei meinem Bruder im Lowbank Drive an und bringe heraus, dass sich unser Grosscousin an Floridas Ostküste pudelwohl fühlt. Georg ist bestens informiert und vertellt, dass Robert und Jessica bis zum Mittwoch in Coconut Grove bleiben und schöne Stunden mit ihrer Tochter Kimberly verbringen wollen – das ist phantastisch.
09.30 Uhr Nach der Morgenwäsche trete ich vor den Spiegel und fasse den Entschluss, ein langärmliges Hemd anzuziehen. Nebenher lasse ich Hund Dixon wissen, dass Georg und Maria den Tag nutzen wollen, um in den “Miromar Outlet Stores” (löblich: Miromar Auslassgeschäfte) viel Geld zu lassen. Ich zucke mit den Schultern und fahre fort, dass wir uns diesem Ausflug nicht anschliessen werden – immerhin bin ich kein Millionär.
10.00 Uhr Nachdem ich frischen Bohnentrunk aufgebrüht und ein leckeres Käseomelette gezaubert habe, setze ich mich an den Küchentisch und beisse kraftvoll zu. Leider wird die himmlische Ruhe alsbald durch Frau Pontecorvo gestört. Meine Nachbarin legt beste Laune an den Tag und erzählt, dass sie das Mittagessen im erst kürzlich eröffneten “High Tide Grill” einnehmen wird. Die Gute kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus und beteuert, dass der Scheffkoch sein Handwerk im alten Europa erlernt hat und besonders schmackhafte Steaks (löblich: Schnitzel) kredenzt. Ich werde augenblicklich hellhörig und entgegne, dass ich sehr gerne mitkommen und mir ebenfalls den Wanst voll schlagen würde. Mein Hausgast freut sich und fordert mich auf, auch Prof. Kuhn einzuladen – das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen.
Ein lustiger Spaziergang mit Hund Dixon
11.00 Uhr Wenig später nippe ich ein letztes Mal am Kaffeebecher und gebe zu Protokoll, dass wir Edelbert in zwei Stunden treffen werden. Da noch etwas Zeit bleibt, rege ich einen Spaziergang mit dem Vierbeiner an. Meine Nachbarin klatscht freudig in die Hände und folgt mir an die frische Luft. Während Dixon aus dem Schnüffeln gar nicht mehr herauskommt, versorgt mich meine Begleiterin mit Fakten und berichtet, dass schon bald ein libanesisches Spitzenrestaurant im Stadtgebiet seine Pforten öffnen wird – das hat gerade noch gefehlt.
11.30 Uhr Als wir vor dem Haupteingang der “La Playa” Golfanlage eintreffen, tippt die Pontecorvo auf ihre Uhr und meint, dass wir langsam zurück gehen sollten. Ich pfeife spornstreichs auf den Fingern und halte Dixon an, sein Stöckchen zu apportieren und kehrt zu machen. Darüber hinaus plaudere ich mit meiner Bekannten über belanglose Dinge und unterbreite, dass im Rentnerparadies langsam der Herbst Einzug hält. Die kleine Frau gibt mir Recht und kündigt an, dass die Temperaturen zur Wochenmitte unter die 70°F (21°C) Grenze fallen könnten.
12.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, dem Rüden in den SUV zu helfen und zur “High Tide Bar” zu rasen. Als Kavalier der alten Schule halte ich auch Frau Pontecorvo die Türe auf und merke an, dass ihr Kleid besonders schön ist. Im Anschluss trete ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und bringe auf Anfrage heraus, dass das besagte Restaurant im “Mercato Einkaufszentrum” beheimatet ist – wie aufregend.
12.45 Uhr Fünfundvierzig Minuten später erreichen wir unser Ziel und freuen uns, Edelbert herzlich begrüssen zu können. Um nicht vom Fleisch zu fallen, nehme ich Dixon an die Leine und laufe schnurstracks in die Wirtschaft, um einen prima Tisch in Beschlag zu nehmen. Ein beschürzter Kellner lässt nicht lange auf sich warten und legt uns nahe, die Truffel Fries (löblich: Trüffel Kartoffelstäbe) an Pilzsauce zu kosten. Natürlich lehnen wir dankend an und entscheiden uns für drei vitaminreiche Rumpsteaks mit Folienkartoffeln und grünen Bohnen.
Wir beissen kraftvoll zu
13.30 Uhr Als das Essen endlich serviert wird, nehme ich ruckzuck Messer und Gabel zur Hand und komme zu dem Ergebnis, dass der Küchenscheff ein Meister seines Fachs ist. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und lobt das Schnitzel über den Schellenkönig – schmeckt wirklich spitze.
14.15 Uhr Nachdem wir die Mahlzeit mit Schaumkaffees abgeschlossen haben, vertreten wir uns die Beine und schlendern durch den benachbarten “Whole Foods” Lebensmittelladen. Unter anderem bestaunen wir die Auslagen eines Fischgeschäfts und bemerken, das sich die Preisspirale immer weiter dreht. Edelbert gibt sich deprimiert und rechnet vor, dass er sich mit seiner kleinen Pension keinen Luxus erlauben kann- wie schade.
15.00 Uhr Schlussendlich verabschiede ich mich vom Professor und bringe Frau Pontecorvo sicher in den Willoughby Drive zurück.
15.45 Uhr Zuhause angekommen, wünsche ich meiner Nachbarin einen schönen Abend und falle dann fix und foxi aufs Kanapee. Schon nach wenigen Atemzügen döse ich ein und träume vom anstehenden Weihnachtsfest.
Mein Zuhause unter Palmen
16.45 Uhr Ich erwache ausgeruht und mache mich in der Küche nützlich. Unter den fordernden Blicken meines Haustieres erwärme ich ein Nudelschichtgericht im Kleinwellenofen (unlöblich: Mikrowelle) und zaubere dazu einen lustigen Tomatensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – das gibt ein Festessen.
17.45 Uhr Nach dem Nachtmahl gehe ich zum gemütlichen Teil des Tages über. Als die Nachrichten über den Bildschirm flimmern, telefoniere ich erneut mit Georg und vernehme, dass er ein kleines Vermögen in Fort Myers gelassen und seiner Frau eine neue Perlenkette gekauft hat – das ist wieder typisch.
19.00 Uhr Um endlich zur Ruhe zu kommen, beende ich das Gespräch und nehme mit dem ABC Video-On-Demand (löblich: Video nach Abruf) Angebot Vorlieb. Mit grosser Freude schaue ich mir einige Episoden der lustigen Serie “Modern Family” an und krümme mich vor Lachen.
21.00 Uhr Nach zwei heiteren Stunden beende ich den Fernsehabend und unternehme mit Dixon einen kleinen Spaziergang durch den Garten. Anschliessend verriegle ich die Haustüre und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.