08.00 Uhr Ich werde durch das Ruby Force Lied “Tender” (löblich: Zärtlich) geweckt und erfahre, dass die Interpretin vor wenigen Tagen ihr Debütalbum “Evolutionary War” (löblich: Evolutionskrieg) herausgebracht hat. Anerkennend schnalze ich mit der Zunge und erkläre Hund Dixon, dass die Polka prima ist. Danach rolle ich mich aus dem Wasserbett und ertüchtige mich auf der Terrasse – Morgenstund hat bekanntlich Gold im Mund.
Ruby Force – Evolutionary War
08.30 Uhr Just als ich ins Haus zurückkehre, bimmelt das Telefon besonders laut. Ich halte mir den Hörer ans Ohr und staune nicht schlecht, als sich ein vorlautes Frauenzimmer meldet. Die Dame gibt unverständliches Kauderwelsch von sich und legt mir nahe, einen neuen Internetzvertrag abzuschliessen. Natürlich lehne ich dankend ab und ermutige den Trampel, andere Leute auf die Nerven zu gehen – gleich platzt mir der Kragen.
09.15 Uhr Wie es sich gehört, entspanne ich mich nach dem Frühsport bei einem Wirbelbad und nehme mir das Recht heraus, in der Zeitung zu blättern. Unter anderem erfahre ich, dass das Gesundheitsamt die Empfehlung ausgegeben hat, nicht am “Naples Pier” zu baden. Ich mache grosse Augen und lerne, dass städtische Angestellte eine hohe bakterielle Verschmutzung an der beliebten Anlegestelle festgestellt haben – wo soll das noch hinführen.
10.15 Uhr Nachdenklich steige ich aus der Wanne und kehre in die Küche zurück, um die wichtigste Mahlzeit des Tages vorzubereiten. Während ich fünf Eier aufschlage und die Hüften zum Phil Vassar Schlag “American Soul” (löblich: amerikanische Seele) kreisen lasse, fährt plötzlich Edelberts JEEP vor. Ich winke meinen Bekannten sogleich herein und lasse es mir nicht nehmen, ihn zum Frühstück einzuladen. Der schlaue Mann reibt sich die Hände und erkundigt sich, ob ich eine Flasche A1 Sauce im Küchenschrank aufbewahre. Ich deute in Richtung der linken Anrichte und schmecke die Rühreier mit etwas Salz ab – wie gut das duftet.
10.45 Uhr Schlussendlich verfrachte ich zwei stattliche Portionen auf die Teller und wünsche Edelbert einen guten Appetit. Mein Tischnachbar greift zungeschnalzend zum Besteck und meint, dass die Jause hervorragend mundet. Ausserdem möchte der gute Mann wissen, ob ich den Jack Kerouacs Roman “On the Road” (löblich: Auf der Strasse) bereits gelesen habe. Ich nicke eifrig und setze Edelbert darüber in Kenntnis, dass es grossen Spass bereitet, die Hauptfiguren bei ihrer spannenden Reise von New York bis nach Mexiko zu begleiten. Ferner merke ich an, dass der Kerouacs Schreibstil stark an Mark Twain erinnert. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und informiert, dass der Schriftsteller viele Jahre in St. Petersburg, FL gelebt hat und auch dort gestorben ist – jaja.
Dixon muss Gassi gehen
11.30 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten schenke ich meinem Hausgast Kaffee nach und stelle klar, dass wir nun mit Dixon Gassi gehen sollten. Edelbert zeigt sich prompt einverstanden und folgt mir plaudernd zum Golfplatz.
12.15 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, kehren wir ins Vereinsheim der “La Playa” Golfanlage ein und ordern zwei süffige Hopfenkaltschalen sowie köstliche Thunfisch Sandwiches. Der Ober streichelt dem hechelnden Rüden über den Kopf und zögert nicht, auch eine Schüssel Wasser bereitzustellen – wie aufmerksam.
13.00 Uhr Wenig später surrt mein Handtelefon und ich habe das Vergnügen, mit meiner Schwester sprechen zu können. Elsbeth begrüsst mich herzlich und berichtet, dass sie gerade damit beschäftigt ist, ihren Reisekoffer zu packen. Als ich genauer nachfrage, rückt die Perle mit der Wahrheit heraus und beteuert, dass sie am Freitag mit ihrem verlotterten Sohn über den grossen Teich fliegen und mir einen Besuch abstatten wird. Bevor ich Worte finde, fährt meine Schwester fort, dass es langsam Zeit wird, mich mit Guido zu versöhnen – wie unlöblich.
Guido kommt mir nicht ins Haus!
13.30 Uhr Nachdem ich das Telefonat beendet habe, greife ich mit zitternder Hand zum Bierglas und gebe dem Professor zu verstehen, dass ich kurz vor einer Ohnmacht stehe. Zudem lasse ich das Gespräch Revue passieren und merke an, dass ich dem schwarzen Schaf der Familie ganz bestimmt nicht gegenüber treten werde.
14.15 Uhr Während des Heimweges machen wir uns eigene Gedanken und kommen überein, dass die Leute am Freitag Abend in Miami eintreffen und Tags darauf in Naples sein werden. Edelbert kommt aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus und unterbreitet, dass es angebracht wäre, unsere Zelte in Florida abzubrechen.
15.00 Uhr Zurück in der kleinen Villa, rufe ich augenblicklich in Kanada an und lasse meinen Bruder wissen, dass sich Guido angekündigt hat. Georg lacht laut auf und animiert mich, kurzerhand nach Kanada auszufliegen und die Seele am Lake Simcoe baumeln zu lassen – das ist gar keine schlechte Idee.
Ich verlasse die Vereinigten Staaten in Richtung Kanada
15.30 Uhr Entnervt werfe ich den Hörer auf die Basisstation und nehme einen kräftigen Schluck aus der Whiskeyflasche. Danach setze ich mich an den Heimrechner und halte auf Expedia.com nach preiswerten Flügen Ausschau. Da die Preise kaum erschwinglich sind, wende ich mich dem Professor zu und schlage vor, dass wir mit Georgs Winnebago verreisen sollten. Edelbert ist begeistert und sagt, dass wir der Küste bis nach Savannah folgen und dann quer durchs Land bis nach Cleveland in Ohio krusen könnten – das hört sich verlockend an.
16.15 Uhr Nachdem sich mein Bekannter verabschiedet hat, lasse ich mich seufzend auf dem Kanapee nieder und versuche mich zu entspannen – leider ohne Erfolg.
17.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 5 zugeht, fülle ich nörgelnd Trockenfutter in Dixons Napf und verzehre eine mit Capocollo und Käse belegte Stulle. Nebenher lege ich meine Stirn in Falten und spiele mit der Idee, bei Scherriff Bradfort ein Kontaktverbot gegen Guido zu erwirken.
Ich ertränke meine Sorgen in Alkohol
18.00 Uhr Deprimiert stelle ich die Geschirrspülmaschine an und ziehe es vor, noch einmal mit Elsbeth zu telefonieren. Als ich der Dame meine Bedenken schildere, fällt sie mir ins Wort und meint, dass ich keine Angst vor ihrem Sohn haben muss. Meine Schwester wirkt beruhigend auf mich ein und behauptet, dass Guido längst auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt ist und bald seine langjährige Freundin Melanie heiraten wird.
19.00 Uhr Nach einer Stunde breche ich das Gespräch ab und giesse mir zwei weitere Biere hinter die Binde. Ausserdem laufe ich in der guten Stube auf und ab und ärgere mich masslos über Guidos Frechheiten.
21.00 Uhr Weil ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, rufe ich Dixon ins Haus und lege mich schlafen. Gute Nacht.