08.00 Uhr Zum Achtuhrläuten schwinge ich mich aus dem Bett und freue mich, weil mittlerweile der Regen nachgelassen hat. Ich öffne spornstreichs die Terrassenpforte und lasse Hund Dixon wissen, dass es ihm heute möglich sein wird, im Garten zu spielen. Der lustige Rüde lässt sich nicht zweimal bitten und rennt bellend nach draussen. Ich folge seinem Beispiel und mache es mir zur Aufgabe, meine eingerosteten Muskeln zu stählen.
Die Terrasse und der Garten
08.30 Uhr Während ich mich bei einem Wirbelbad entspanne, telefoniere ich mit Maria und rege einen Spaziergang an. Meine Schwägerin ist begeistert und sagt, dass wir uns gegen 11 Uhr im Barefoot Beach Park (löblich: Barfuss Strand Park) treffen sollten. Ich nicke eifrig und kontaktiere als nächstes den Professor. Leider windet sich Edelbert aus der Verantwortung und gibt vor, bei Familie Satesh zum Mittagessen eingeladen zu sein – wie schade.
09.30 Uhr Nach dem Badespass statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab und lade mich zum Frühstück ein. Frau Pontecorvo führt mich plappernd in die Küche und vertellt, dass sie gestern einen Käsekuchen gebacken hat. Ich lecke mir die Lippen und lasse mich entspannt am Tisch nieder, um mir ein stattliches Kuchenstück auf einen Teller zu laden. Nebenher berichte ich der Dame, dass ich bald meine Verwandten am Golf treffen werde. Meine Nachbarin wird prompt hellhörig und meint, dass sich mich gerne begleiten würde – das ist phantastisch.
Der Kuchen schmeckt prima
10.15 Uhr Redlichst gestärkt sortieren wir die schmutzigen Teller in die Geschirrspülmaschine ein und fassen den Entschluss, nach Dixon Ausschau zu halten. Danach hüpfen wir ausgelassen in den PS-strotzenden Chevrolet Suburban und krusen zu stimmungsvoller Radiountermalung von dannen. Als wir auf den Piper Boulevard abbiegen, deutet Frau Pontecorvo nach Rechts und informiert, dass neben der presbyterianischen Kirche ein kubanisches Lokal eröffnet hat. Ich zucke mit den Schultern und drücke das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
11.00 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten komme ich vor dem Strandabschnitt zum Stehen und freue mich, meine Verwandten begrüssen zu können. Ruckzuck lasse ich Dixon von der Ladefläche springen und halte ihn an, brav zu sein und keine Badegäste anzubellen. Im Anschluss schlendern wir plaudernd zum Meer und stellen mit grosser Sorge fest, dass der Sturm viel Geröll an Land gespült hat. Ich trete mit der Fussspitze einen Plastikbecher weg und erkläre meinen Begleitern, dass Plastikabfälle eine grosse Gefahr für Fische, Vögel und Meeressäuger darstellen. Mein Bruder schlägt in die gleiche Kerbe und belehrt, dass die Giftstoffe auch in die menschliche Nahrungskette gelangen können – wo soll das noch hinführen.
Wir unternehmen einen Strandspaziergang
12.00 Uhr Um keinen Hitzeschlag zu bekommen, lotse ich meine Verwandten zum “Club at Barefoot Beach” (löblich: Verein am Barfuss Strand) und gebe zu Protokoll, dass man hier auch ohne Mitgliedschaft Getränke an der Poolbar (löblich: Schwimmbeckenwirtschaft) bestellen kann. Mein Bruder macht grosse Augen und lässt es sich nicht nehmen, den Schankkellner bezüglich einer Mitgliedschaft auszufragen. Der Knecht steht uns Rede und Antwort und unterbreitet, dass Mitglieder Zugang zum hauseigenen Anlegesteg erhalten, den Tennisplatz benutzen und an diversen Veranstaltungen teilnehmen dürfen. Ferner überreicht uns der Angeber eine Hochglanzbroschüre und behauptet, dass eine lebenslange Clubmitgliedschaft 40.000 Dollars kosten soll – wie unlöblich.
12.30 Uhr Während wir mit Campari Mischgetränken anstossen, blättert Georg neugierig im Werbeheft und zitiert, dass der Mitgliedsbeitrag steuerlich absetzbar ist. Maria atmet die salzige Meeresluft tief in ihre Lungen ein und schlägt vor, dass wir noch heute Nägel mit Köpfen machen und den Mitgliedsvertrag unterzeichnen sollten. Obgleich ich Einspruch einlege, lässt Georg nicht mit sich reden und meint, dass es lang gehegter Traum ist, ein eigenes Motorboot am Golf von Mexiko zu besitzen.
Hund Dixon vergnügt sich am Meer
13.15 Uhr Nachdem wir vitaminreiche Sandwiches verdrückt haben, machen wir uns auf den Heimweg. Während ich Dixon Stöckchen zuwerfe, stecken meine Verwandten ihre Köpfe tuschelnd in die Broschüre und sind sich einig, dass sie am Nachmittag mit dem Vereinsvorstand in Kontakt treten werden – das ist ja allerhand.
14.15 Uhr Als der Stundezeiger meiner ROLEX auf 2 zugeht, treffen wir an den Autos ein. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, helfe ich Frau Pontecorvo auf den Beifahrersitz und wünsche Georg und Maria einen ruhigen Abend. Anschliessend gleite ich radiohörend von dannen und habe das Vergnügen, ein neues Phil Vassars Lied zu hören.
15.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive, versorge ich den Hund mit Trockenfutter und falle dann fix und foxi aufs Kanapee. Ich döse schnell ein und sehe mich im Traum auf den Campus der Berkeley Universität versetzt.
Ich träume von Berkeley
16.00 Uhr Ich öffne die Augen und greife zum Telefon, um Edelbert über meine Aktivitäten in Kenntnis zu setzen. Natürlich berichte ich auch von Georgs Schnapsidee, dem “Club at Barefoot Beach” beizutreten und rechne vor, dass der Spass 40.000 Dollars kosten soll. Der Professor staunt nicht schlecht und erinnert, dass mein Bruder Millionär ist und nicht auf den Taler achten muss – wie ungerecht.
17.00 Uhr Nachdem ich die Anschnurseelsorge erledigt habe, gehe ich von der Leine und bereite das Abendessen vor. Während Dixon nicht von meiner Seite weicht, schwenke ich gesunde Butter in einer Pfanne und brate ein köstliches T Bone Steak (löblich: T Knochen Schnitzel) heraus. Dazu gibt es Buttergemüse sowie Kartoffelspalten.
18.00 Uhr Zum Abschluss des nervenaufreibenden Tages strecke ich vor der Glotze die Beine aus und informiere mich bei den FOX Nachrichten über die aktuellen Geschehnisse in der Welt. Unter anderem vernehme ich, dass in der kommenden Woche der sogenannte “Flag Day” (löblich: Flaggentag) gefeiert wird – wie schön.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem NETFLIX Programm Vorlieb und gebe mich dem Serienspiel “Unbreakable Kimmy Schmidt” (löblich: Unzerbrechliche Kimmy Schmidt) hin. Der preisgekrönte Fernseherfolg der Produzentin Tina Fay handelt von einer jungen Frau, die nach 15 Jahren aus den Fängen einer Sekte befreit wird und sich ein Leben im grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) aufbaut.
21.00 Uhr Nach vier Folgen betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und ziehe mich gähnend ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.