9. Januar 2017 – Von Binghamton nach Newark

08.15 Uhr Ich werde durch laute Motorengeräusche geweckt. Auch Dixon hebt seinen Kopf und schielt verschlafen in Richtung der Zimmertüre. Weil es bitterkalt ist, hüpfe ich sogleich aus dem viel zu weichen Bett und verabschiede mich ins Badezimmer, um bei einer heissen Dusche die Seele baumeln zu lassen – das tut gut.
08.45 Uhr Dreissig Minuten später werfe ich meine Habseligkeiten in den Rollkoffer und ziehe es vor, das schlecht beheizte Motelzimmer zu verlassen und mit der Faust an die Nachbartüre zu hämmern. Edelbert öffnet spornstreichs die Pforte und meint, dass wir schleunigst das Weite suchen und nach New York krusen sollten. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, rolle ich den Koffer zum WINNEBAGO und beauftrage den Professor, währenddessen Sandra über unsere Abreise in Kenntnis zu setzen.


Meine wertvolle ROLEX

09.15 Uhr Als meine ROLEX Viertel nach Neun anzeigt, haben wir das Gepäck im Wohnmobil verstaut und schicken uns an, die Schüsselkarten am Motelempfang zurückzugeben. Bei dieser Gelegenheit erkundigen wir uns nach einem einladenden Gasthaus und bringen heraus, dass im Norden ein Denny’s zu finden ist – wie aufregend.
09.45 Uhr Nach einer kurzweiligen Reise schlittern wir auf den vereisten Kundenparkplatz der besagten Gaststätte und freuen uns auf ein reichhaltiges Frühstück. Auch Sandra reibt sich die Wampe und meint, dass sie zwei Belgische Waffeln mit Vanilleeis fressen wird. Ich nicke eifrig und lotse meine Begleiter mit knurrendem Magen in das Familienrestaurant an der Front Street.
10.15 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, kommt der Professor auf unser Tagesetappe zu sprechen und sagt, dass wir der Interstate 81 bis nach Scranton, PA folgen und danach auf der I-80 bis nach Newark fahren werden. Ich stimme zu und schlage vor, dass wir Sandra das Steuer überlassen sollten. Edelbert ist einverstanden und meint, dass wir uns derweil die Langeweile mit einem lustigen Kartenspiel vertreiben sollten – das kann ja heiter werden.


Wir spielen Karten

11.00 Uhr Pünktlich zum Elfuhrläuten verlassen wir das Gasthaus und verschaffen dem Vierbeiner etwas Auslauf. Nebenher überreiche ich Sandra den Autoschlüssel und vernehme, dass wir spätestens gegen 15 Uhr in Newark sein werden.
11.30 Uhr Während das Mädchen den Camper zu stimmungsvoller Radiountermalung auf die Schnellstrasse zurückbringt, mache ich es mir auf dem Kanapee bequem und streichle über Dixons krauses Fell. Edelbert macht sich währenddessen an der Kaffeemaschine zu schaffen und versorgt mich mit einem Heissgetränk. Anschliessend zieht der schlaue Mann einen Stapel Spielkarten aus seiner Jackentasche und gibt vor, dass er sich mit Pokern das Studium finanziert hat. Ich nehme die Karten augenblicklich an mich und lasse Edelbert wissen, dass ich viel lieber Watten würde – da kommt Freude auf.
12.30 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, meldet sich Sandra zu Wort und berichtet, dass wir nun Scranton im Bundesstaat Pennsylvania erreicht haben. Edelbert späht neugierig aus dem Fenster und belehrt, dass diese Stadt einst eine früh industrialisierte Gemeinde war und vom Niedergang der Stahlindustrie im 20. Jahrhundert schwer getroffen wurde. Ich zucke mit den Schultern und nehme mir das Recht heraus, aus dem Kühlschrank ein Thunfischsandwich sowie eine Dose Dr. Pepper zu stibitzen. Der Professor folgt meinem Beispiel und animiert mich, meinen ehemaligen Studienkollegen Thomas Kronach im grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) anzurufen. Ich schnalze mit der Zunge und zücke prompt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry), um der Bitte anstandslos nachzukommen. Der gute Mann meldet sich nach dem zweiten Tuten und freut sich, uns morgen in Manhattan begrüssen zu können. Thomas fackelt nicht lange und schlägt vor, dass wir uns zur Mittagszeit im Restaurant des “Excelsior Hotels” an der 45. Strassen treffen sollten – das ist phantastisch.


Morgen treffen wir Thomas Kronach im grossen Apfel

13.30 Uhr Nachdem ich das Steuer übernommen habe, gleiten wir an den “Pennsylvania Game Lands” vorbei. Prof. Kuhn ist bestens informiert und behauptet, dass dieser Landstrich von Privatpersonen an den Staat übergeben wurden, um einen geschützten Lebensraum für artbedrohte Tiere zu schaffen – das hört man gerne.
14.30 Uhr Just als sich Sandra neben mir auf dem drehbaren Beifahrersitz einfindet, deute ich gen Süden und gebe vor, dass wir längst in New Jersey sind. Das Kind macht grosse Augen und erinnert daran, dass Familie Soprano aus der gleichnamigen Fernsehserie in diesem Bundesstaat lebt. Darüber hinaus verweist Sandra auf ihren Lieblingssänger und plappert, dass Bruce Springstein im Küstenstädtchen Asbury Park gross wurde – das soll mir auch Recht sein.


Bruce Springstein lebt in New Jersey

15.30 Uhr Nach einer vierstündigen Reise passieren wir das Willkommensschild der grössten Stadt von New Jersey. Ich atme tief durch und gebe zu Protokoll, dass Newark früher “The Brick City” (löblich: Die Backsteinstadt) genannt wurde. Um mir einen Überblick zu verschaffen, krusen wir bis zur Newark Bay und haben sogar das Vergnügen, in der Ferne die Hochhäuser der Millionenmetropole New York zu sehen – wie aufregend.
16.15 Uhr Wenig später gleiten wir zu ohrenbetäubender Bruce Springstein Radaumusik am Flughafen vorbei und fassen den Entschluss, die Nacht im “Wyndham Gardens Motel” zu verbringen. Ruckzuck kommen wir vor dem 3-Sterne Haus zum Halten und bringen an der Rezeption in Erfahrung, dass die Motelleitung pro Zimmer 84 Dollars verlangt. Natürlich nehmen wir das Angebot an und lernen, dass Gäste im hauseigenen Restaurant nicht nur frühstücken, sondern auch zu Abend essen können.

17.00 Uhr Endlich stosse ich die Türe zu meinem Zimmer im dritten Stock auf und stelle wohlwollend fest, dass die Herberge über ein bequemes King-Size Bett und eine Badewanne verfügt – was kann es schöneres geben.
17.30 Uhr Obgleich ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, nehme ich die Leine zur Hand und kehre ins Parterre zurück, um mit Dixon einen kleinen Spaziergang zum angrenzenden Parkplatz zu unternehmen. Nebenbei spähe ich fasziniert in den Himmel und werde Zeuge, wie überdimensionale Flugzeuge vom benachbarten “Newark International Airport” aufsteigen – da kommt Freude auf.


Ich beisse kraftvoll zu

18.30 Uhr Erschöpft treffe ich wieder im Motel ein und bemerke, dass sich Edelbert und Sandra mittlerweile in der Hotelgaststätte eingefunden haben. Selbstverständlich geselle ich mich dazu und ordere bei einem zuvorkommenden Kellner ein Bier sowie einen saftigen Cheeseburger (löblich: Käseburger) mit Fritten.
19.00 Uhr Während ich das Nachtmahl verzehre, plaudere ich mit meinen Tischnachbarn und erwähne, dass wir morgen den “Holland Tunnel” durchqueren und Thomas Kronach in Manhattan treffen werden – wie schön.
20.00 Uhr Ein langer und nervenaufreibender Tag neigt sich nun seinem Ende zu. Ich kehre fix und foxi aufs Zimmer zurück und lasse den Abend mit einem heissen Vollbad ausklingen. Danach falle ich gähnend ins Bett und döse schnell ein. Gute Nacht.