9. Dezember 2016 – In Toronto ist es bitterkalt

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und freue mich, endlich wieder in meinem eigenen Bett aufzuwachen. Voller Elan stehe ich auf und registriere, dass sich Hund Dixon an der Terrassentüre eingefunden hat. Weil ich ein Tierfreund bin, öffne ich spornstreichs die Pforte und verschaffe dem Vierbeiner etwas Auslauf. Danach absolviere ich im Garten die Morgengymnastik und winke Frau Pontecorvo zu. Meine Nachbarin erwidert den Gruss und meint, dass ich gerne zum Frühstück herüber kommen kann – wie schön.
08.30 Uhr Weil man ungewaschen nicht das Haus verlassen sollte, entspanne ich mich bei einem prima Wirbelbad. Nebenher rufe ich kurzentschlossen bei meinem Bruder in Toronto an und lasse ihn wissen, dass ich einen Kurzurlaub in Pompano Beach eingelegt habe. Georg gibt sich jedoch gestresst und vertellt, dass er gleich nach Gilford Beach fahren muss, um im Ferienhaus nach dem Rechten zu sehen. Als ich genauer nachfrage, bringe ich heraus, dass es in Toronto bitterkalt ist und im Urlaubsdomizil die Heizung ausgefallen ist – wie unlöblich.


In Toronto ist es bitterkalt

09.30 Uhr Ich beende den Badespass und eile mit Dixon im Schlepptau nach nebenan, um bei Frau Pontecorvo die wichtigste Mahlzeit des Tages einzunehmen. Obgleich ich bereits gestern ausführlich von meinen Abenteuern an Floridas Ostküste berichtet habe, komme ich prompt auf das prima Leben in Pompano Beach zu sprechen und erzähle, dass man den wunderschönen Leuchtturm sowie das einladende “Isle Casino” gesehen haben muss.
10.15 Uhr Als der Minutenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf Viertel nach Zehn zugeht, wische ich mir den Mund an der Serviette ab und gebe zu Protokoll, dass ich nun zum PUBLIX krusen muss. Ich seufze laut und mache meine Nachbarin auf den Umstand aufmerksam, dass in meinem Eiskasten gähnende Leere vorherrscht. Die kleine Frau wird sogleich hellhörig und sagt, dass sie mich kurzerhand begleiten wird – das hat gerade noch gefehlt.
11.00 Uhr Nach einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt treffen wir am Ziel ein und machen einer Seniorin mit blauen Haaren einen Einkaufswagen streitig. Anschliessend schlendern wir plaudernd durch die breiten Gänge und laden neben tiefgefrorenem Hackfleisch, Weihnachtsplätzchen, frischem Obst und einer Flasche Olivenöl ausserdem zwei Sechserpacks Budweiser sowie weitere Produkte des täglichen Bedarfs ein. Nebenbei bringe ich Weihnachten ins Spiel und rechne vor, dass ich in zehn Tagen einen Stahlvogel in Richtung Toronto besteigen werde. Meine Begleiterin nickt eifrig und unterbreitet, dass sie mir am kommenden Samstag Lebewohl sagen und zu ihrer Freundin Blanche nach Jacksonville reisen wird.


Budweiser schmeckt prima

12.00 Uhr Nach einer Stunde finden wir uns an der Kasse ein und sehen uns genötigt, knapp 100 Dollars für die Lebensmittel bezahlen zu müssen. Weil ich nur wenig Bargeld mitführe, überreiche ich der Kassenkraft meine praktische Meisterkarte (unlöblich: Master Card) und unke, dass ich bald im Armenhaus landen werde.
12.30 Uhr Nachdem wir die Einkaufstüten im Auto verstaut haben, kehren wir mit Hund Dixon in die benachbarte “Dairy Queen” Gaststätte ein. Wir fackeln nicht lange und ordern an der Essensausgabe vitaminreiche Käseburger (unlöblich: Cheeseburger), farbenfrohe Beilagensalate sowie Kartoffelstäbe – das schmeckt.
13.15 Uhr Um weitere 17 Dollars erleichtert, laufen wir zum PS-strotzenden SUV zurück, um die Heimfahrt in den Willoughby Drive anzutreten. Unterdessen frönen wir dem Weihnachtsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und haben das Vergnügen, das lustige Lied “Ugly Christmas Sweater” (löblich: Hässlicher Weihnachtspullover) aus Garth Brooks Feder zu hören – da kommt besonders grosse Freude auf.


Mein Zuhause unter Palmen

14.00 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, verabschiede ich mich von Frau Pontecorvo per Handkuss. Im Anschluss bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und döse bald ein.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, setze ich mich an den Schreibtisch und rufe Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter ab. Unter anderem klagt mir eine alleinerziehende Mutter aus dem fränkischen Schwabach ihre Probleme und schreibt, dass ihr vierzehnjähriger Sohn Hans-Dieter einen ellenlangen Weihnachtswunschzettel verfasst hat. Ich ärgere mich sehr und rate der Dame, augenblicklich mit dem Jugendamt in Kontakt zu treten und den Frechdachs zur Adoption freizugeben – wo kämen wir denn da hin.


Wir spielen mit einem Tennisball

15.45 Uhr Völlig entnervt beende ich die Anschnursitzung und gehe in den Garten, um mit Dixon zu spielen. Ich werfe dem Haustier einen Tennisball zu und nehme mir das Recht heraus, sein zerzaustes Fell zu bürsten.
16.30 Uhr Schlussendlich versorge ich die hochgewachsene Petersilie mit Wasser und vergesse auch nicht, die braunen Triebe des Doldenblütengewächses abzuschneiden. Darüber hinaus telefoniere ich mit Edelbert und bringe in Erfahrung, dass er den Tag mit Weihnachtsschopping zugebracht hat. Mein Bekannter ist hellauf begeistert und sagt, dass er einen super Pullover für seinen Sohn erstanden hat – das soll mir Recht sein.
17.00 Uhr Weil das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, mache ich mich nun der Küche nützlich und brate vitaminreiche Gemüsestäbe im heissen Fett heraus. Dazu gibt es Bratkartoffeln sowie ein süffiges Budweiser.
18.00 Uhr Nach dem Abendessen setze ich mich vor die Glotze und gebe mich den FOX Nachrichten hin. Während der Sprecher die aktuellen Meldungen des Tages vorliest, spähe ich auf meinen Wandkalender und erfahre, dass Georgs Ehefrau am kommenden Mittwoch ihr Wiegenfest feiern wird. Ich lege den Zeigefinger an die Unterlippe und gebe Hund Dixon zu verstehen, dass wir Maria selbstverständlich einen Blumenstrauss zukommen lassen werden.

19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf den Bezahlkanal HBO und erfreue mich am nervenaufreibenden Kriminalfilm “Resurrection” aus dem Jahre 1999. Die Hollywoodproduktion erzählt die Geschichte eines Ermittlers der Chicagoer Polizei, der mit der Aufgabe betraut wird, einen Serienmörder zu fassen – wie unheimlich.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung schalte ich den neumodernen Flachbildschirm aus und lösche sämtliche Lichter. Danach wünsche ich Dixon angenehme Träume und gehe zufrieden ins Bett. Gute Nacht.