9. November 2016 – Ein neuer Präsident

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08.00 Uhr Ich werde durch das patriotische Lee Greenwood Lied “God bless the USA” (löblich: Gott segne die USA) geweckt und erfahre, dass Donald Trump zum neuen Präsidenten gewählt wurde. Zufrieden wackle ich mit den Zehen und registriere, dass der gute Mann nicht nur in den Bundesstaaten Florida und Ohio, sondern auch ganz überraschend in Virginia und Pennsylvania gewonnen hat – da kommt besonders grosse Freude auf.

08.30 Uhr Laut juchzend schwinge ich mich aus dem Bett und erkläre Hund Dixon, dass bald Frau Gomez anrücken und die kleine Villa auf Vordermann bringen wird. Da ich keine grosse Lust verspüre, mit der Reinigungsfachfrau über politische Angelegenheiten zu diskutieren, ziehe ich mich schnell ins Bad zurück und dusche mich ab.
09.00 Uhr Wenig später werfe ich mich in Schale und gebe dem Vierbeiner zu verstehen, dass wir nun das Haus verlassen und ziellos durch die Gegend krusen sollten. Dixon wird sogleich hellhörig und rennt wie von Sinnen zum Auto. Ich kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und ziehe es vor, als erstes zur McDonalds Filiale am Tavilla Circle zu rasen und ein Frühstück zum Mitnehmen zu ordern. Weil mein Magen knurrt, nehme ich mit zwei Egg McMuffins, Sausage Burritos, Hash Browns und einem grossen Becher Kaffee Vorlieb. Danach gleite ich in Richtung Golf davon und lasse meinen tierischen Begleiter vom gefüllten Fleischwickel abbeissen.
10.00 Uhr Nachdem ich eine Stunde durchs Zentrum gekrust bin, finde ich mich plötzlich im Stadtteil Naples Manor wieder. Ich überlege nicht lange und fasse den Entschluss, Herrn Wang einen Überraschungsbesuch abzustatten.

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Herr Trump macht America wieder gross

10.15 Uhr Ruckzuck fahre ich auf den Motelparkplatz auf und freue mich, Herrn Avanzatti besenschwingend vor der Rezeption anzutreffen. Der Italoamerikaner lüftet seine Kappe mit “MAKE AMERICAN GREAT AGAIN” (löblich: Mach’ Amerika wieder gross) Aufdruck und vertellt, dass ich den Motelbesitzer im Büro antreffen werde. Ich nicke eifrig und erkläre dem Kerl, dass ich zur Weihnachtszeit nach Toronto ausfliegen und mich im hohen Norden mit Sandra treffen werde. Zudem komme ich auf unsere geplante Autofahrt nach Florida zu sprechen und lege anschaulich dar, dass wir am 10. Januar in Naples ankommen werden. Der Jungspund reibt sich die Hände und sagt, dass er es kaum noch erwarten kann, meine Mieterin wiederzusehen und in einen Tanzschuppen auszuführen – wie unlöblich.
10.45 Uhr Mit einem lustigen Lied auf den Lippen schlendere ich ins Büro und lasse es mir nicht nehmen, Herrn Wang die Hand zu reichen. Der kleine Mann freut sich und erzählt, dass er die Nacht vor dem Fernseher verbracht und die Wahlberichterstattung auf CNN verfolgt hat. Ich wische mir demonstrativ über die Stirn und gebe zu Protokoll, dass wir uns glücklich schätzen können, Donald Trump als neuen Präsidenten zu haben. Herr Wang schlägt in die gleiche Kerbe und lotst mich spornstreichs in die benachbarte Denny’s Gaststätte, um mich zu einem Milk Shake (löblich: Milchschüttelgetränk) sowie einem Stück Käsekuchen einzuladen – wie aufmerksam.
11.30 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse und meine Kehle öle, redet der Motelbesitzer ohne Unterlass auf mich ein und setzt mich darüber in Kenntnis, dass seine Tochter gestern nach Miami gekrust ist, um eine Motelmesse zu besuchen. Ich wische mir mit der Serviette über den Mund und bringe weiter heraus, dass Frau Carol mit dem Gedanken spielt, sich der Hotelgruppe “Howard Johnson’s” anzuschliessen – wie aufregend.

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Unser neuer Präsident

12.15 Uhr Kurz nach der Mittagszeit beenden wir die Brotzeit und kehren ins Büro zurück, um Kaffee zu trinken. Nebenher berichte ich, dass Donald Trump einen hervorragenden Wahlkampf geführt hat und die Vereinigten Staaten auf einen ganz neuen Weg bringen wird. Herr Wang stimmt mir uneingeschränkt zu und meint, dass Barack Obama viele Fehler gemacht und das Land an den Abgrund geführt hat – wie wahr.
13.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, das Weite zu suchen. Ich wünsche meinem Bekannten einen schönen Tag und entschliesse mich, mir entlang des Gulf Shore Boulevard den Fahrtwind durchs Haar wehen zu lassen. Unterdessen lausche ich dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und geniesse die wärmenden Sonnenstrahlen in vollen Zügen – was kann es schöneres geben.
14.00 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und kann Dixons Napf mit Trockenfutter auffüllen. Ausserdem stelle ich fest, dass Frau Gomez zugegen war und die Villa geputzt hat. Ich atme tief durch und falle dann erschöpft aufs Sofa.
15.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und schenke ich mir ein kühles Bier ein. Zudem sehe ich im Garten nach dem Rechten und ärgere mich, weil Dixon schon wieder ein Loch im Petersilienbeet gebuddelt hat – wie unlöblich.
16.00 Uhr Nachdem ich die Grube mit Erde aufgefüllt und mit Frau Pontecorvo getratscht habe, mache ich es mir auf der Terrasse bequem und segle mit dem praktischen iPad durch das Internetz. Unter anderem rufe ich die offizielle Heimseite der Wahlkommission des Collier County auf und lerne, dass 61,2 % der Bürger am gestrigen Wahltag für den republikanischen Kandidaten Donald Trump votiert haben. Dagegen gaben lediglich 35,4 % der Wahlberechtigten ihre Stimme der demokratischen Politikerin Hillary Clinton – das ist prima.

17.00 Uhr Schmunzelnd lege ich die elektronische Schreibtafel (unlöblich: Tablet) weg und eile ins Haus, um das Nachtmahl vorzubereiten. Ich schiebe eine Schinkenpizza in den Backofen und zaubere dazu einen lustigen Beilagensalat. Ausserdem telefoniere ich mit Edelbert und bringe abermals die Präsidentschaftswahl ins Spiel. Der Professor ist begeistert und ist sich sicher, dass Donald Trump eine neue Ära in der Aussenpolitik einläuten wird – dem ist nichts hinzuzufügen.
18.00 Uhr Zum Abschluss des langen Tages nehme ich die Geschirrspülmaschine knopfdrückend in Betrieb und setze mich dann vor die Glotze, um dem Nachrichtensender FOX zu frönen und etliche Hopfenkaltschalen zu trinken – das macht Spass.
21.00 Uhr Nach dem fünften Budweiser beende ich den Fernsehabend und lösche sämtliche Lichter. Schlussendlich streichle ich Dixon über den Kopf und verabschiede mich gähnend ins Schlafzimmer. Gute Nacht.