21. September 2016 – Bier, Speiseeis und Petersilie

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07.45 Uhr Ich werde zu nachtschlafender Stunde durch aggressives Telefonläuten geweckt. Zu allem Überfluss meldet sich meine unterbelichtete Mieterin in der Leitung und erkundigt sich, ob ich gestern mit meinem Bruder bezüglich des Wohnmobils gesprochen habe. Ich gähne ausgiebig und lasse Sandra wissen, dass ich am Dienstag beim Frisör war und keine Zeit hatte, um im fernen Toronto anzurufen.
08.15 Uhr Nachdem ich das Kind verabschiedet habe, rolle ich mich aus dem Bett und stähle meine Muskeln auf der schattigen Terrasse. Wie es sich für einen sportbegeisterten Rentner gehört, hüpfe ich auf und ab und vergesse auch nicht, ein Rad zu schlagen – da kommt besonders grosse Freude auf.

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Meine Schwarzbeere

08.30 Uhr Während Dixon im Garten bleibt, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und entspanne mich bei einem Wirbelbad. Ausserdem nehme ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) zur Hand und tippe die Rufnummer meiner Verwandten ins Tastenfeld ein. Im Handumdrehen habe ich Georg an der Strippe und vernehme, dass er heute mit seiner Ehefrau ein Wohnmobil Fachgeschäft am Lake Simcoe besuchen und eine Anzahlung auf einen nagelneuen WINNEBAGO TRAVATO leisten wird. Darüber hinaus erzählt Georg, dass das Luxusgefährt Ende November ausgeliefert werden wird. Ich freue mich und lasse meinen Verwandten wissen, dass es mir eine Ehre sein wird, das Wohnmobil im neuen Jahr nach Naples zu überführen. Mein Gesprächspartner ist begeistert und verspricht, dass er selbstverständlich die Spritkosten übernehmen wird – das ist phantastisch.
09.30 Uhr Just als ich aus der Wanne steige, stösst Frau Gomez die Haustüre auf und kündigt an, nicht nur die Böden wischen, sondern auch die Küche auf Vordermann bringen zu wollen. Ich schlüpfe spornstreichs in modische Freizeitkleidung und mache die Reinigungsfachfrau auf den Umstand aufmerksam, dass ich ihr bei der Arbeit ganz bestimmt nicht im Weg stehen werde. Genervt setze ich mir die NY YANKEES Kappe auf und eile nach nebenan, um Frau Pontecorvo zu besuchen.

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Ich trage ein modisches Käppi

10.00 Uhr Meine Nachbarin begrüsst mich herzlich und sagt, dass ich rechtzeitig zum Frühstück vorbeigekommen bin. Ich lecke mir die Lippen und lasse mich hungrig am Küchentisch nieder. Die Alte holt eine weitere Tasse aus dem Küchenschrank und verwöhnt mich mit brühfrischem Bohnentrunk und leckeren Pfannkuchen.
10.30 Uhr Ich beisse kraftvoll zu und berichte meiner Bekannten, dass sich Georg und Maria entschlossen haben, ein sündteures WINNEBAGO Wohnmobil zu kaufen. Ferner komme ich auf mein Angebot zu sprechen und kläre die Dame darüber auf, dass ich im neuen Jahr den Caravan gemeinsam mit Sandra von Ontario nach Florida überführen werde. Frau Pontecorvo macht grosse Augen und meint, dass uns eine lange Reise bevorsteht. Ich winke gelangweilt ab und gebe zu Protokoll, dass wir im grossen Apfel und in Washington DC Zwischenstopps einlegen und uns die Sehenswürdigkeiten anschauen werden – das wird ein Spass.

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Reinhard Pfaffenberg im Zentral Park (2005)

11.30 Uhr Nachdem ich sechs Pfannkuchen gefressen habe, schiebe ich den Teller beiseite und informiere, dass ich bald platze. Frau Pontecorvo lacht laut auf und informiert, dass Prof. Kuhn am Sonntag sein Wiegenfest feiern wird. Ich gebe der Guten Recht und erwähne, dass ich Edelbert zu einem opulenten Abendessen in eines der angesagtesten Lokale der Stadt einladen werde.
12.00 Uhr Pünktlich zum Mittagsläuten erhebe ich mich vom Küchentisch und entschliesse mich, nun zum Alkoholgeschäft meines Vertrauens zu krusen. Ich bedanke mich für das reichhaltige Frühstück und eile zum Chevrolet, um mit durchdrehenden Pneus in Richtung Süden davonzufahren.

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Bier ist sehr gesund

12.30 Uhr Dreissig Minuten später betrete ich “Bob’s Liquor Store” und treffe den Ladeninhaber aktenwälzend hinter der Registrierkasse an. Der Heini schimpft und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er zum Monatsende seine Alkohollinzenz erneuern muss. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und schleppe einen Träger Erdinger Weissbier, ein Fläschchen Jack Daniels sowie zwei Sechserpacks Budweiser zur Kasse. Zudem lasse ich kein gutes Haar an den strengen Alkoholgesetzen im Sonnenscheinstaat und überreiche Herrn Bob meine praktische Kreditkarte. Der Alkoholfachmann schiebt das Kärtchen gekonnt durch den Kassenschlitz und meint, dass er mein Konto um 67 Dollars erleichtert hat – wie unlöblich.
13.00 Uhr Nachdem ich eine “Sonic” Filiale angesteuert und ein leckeres Eis am Drive-Thru (löblich: Fahr hindurch) Schalter bestellt habe, trete ich die Heimreise an. Beschwingt durch prima WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Radiomusik, lenke ich den PS-strotzenden SUV gen Norden und freue mich auf unbeschwerte Stunden.
14.00 Uhr Zurück in der kleinen Villa, falle ich gähnend aufs Wohnzimmerkanapee und schliesse die Augen. Im Handumdrehen döse ich ein und träume vom Oktoberfest.
15.00 Uhr Ich öffne die Augen und ringe mich dazu durch, die Anschnurseelsorge ausnahmsweise sausen zu lassen. Stattdessen kippe ich mir ein kühles Bier hinter die Binde und ernte die hochgewachsene Petersilie im Garten ab.

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Die Petersilie wächst und gedeiht

16.00 Uhr Nachdem ich die Petersilie in lustige Tupper Dosen verfrachtet habe, nehme ich die Leine zur Hand und breche mit Dixon zu einem Spaziergang auf. Wir schlendern durch das gepflegte Wohngebiet und stehen bald vor dem CIRCLE K Supermarkt am Piper Boulevard. Achselzuckend betrete ich den Saftladen und schnappe mir einen lustigen Schokoriegel sowie eine Flasche GATORADE aus dem Regal.
17.00 Uhr Zuhause angekommen, schufte ich in der Küche und bereite das Abendessen vor. Weil ich auf meine schlanke Linie achten muss, nehme ich mit gesunden Bratkartoffeln und Spiegeleier Vorlieb. Dazu gibt es einen vitaminreichen Tomatensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen sowie ein Glas Wein – schmeckt prima.
18.00 Uhr Endlich beginnt der Feierabend. Ich lege in der guten Stube die Beine hoch und greife auf das reichhaltige AMAZON Videoangebot zurück. Beeindruckt folge ich dem Serienspiel “Mad Dogs” und tauche in das Leben ehemaliger Schulfreunde ein, die einem Bekannten in Belize einen Besuch abstatten – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach der dritten Episode schalte ich die Glotze aus und rufe Dixon ins Haus. Zum Abschluss des anstrengenden Tages reguliere ich die Klimaanlage und lege mich ins Bett. Gute Nacht.