08.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und läute den neuen Tag mit der Morgengymnastik auf der Terrasse ein. Als ich den Hampelmann absolviere, kommt Frau Pontecorvo an die Grundstücksgrenze und klagt über Magenschmerzen. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und unke, dass es sich hierbei um eine Lebensmittelvergiftung handeln könnte. Meine Nachbarin zuckt mit den Schultern und erzählt, dass sie gestern mit Freundinnen ein japanisches Restaurant in der Innenstadt besucht und Sushi gegessen hat. Ich seufze laut und erinnere daran, dass es bei dieser Affenhitze nicht ratsam ist, rohen Fisch zu fressen.
Ich esse keinen rohen Fisch
08.30 Uhr Nachdem ich die Dame animiert haben, sich ins Bett zu legen, kehre ich ins klimatisierte Haus zurück und freue mich, als plötzlich Frau Gomez die Haustüre aufstösst. Ich begrüsse meine Zugehdame herzlich und moniere, dass sie sehr lange im Urlaub war. Die Putzfrau nickt eifrig und erzählt, dass sie eine kranke Tante in Monterrey besuchen musste. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, verweise ich auf die Staubschicht, die sich auf den Möbel angesammelt hat und bitte die Mexikanerin, augenblicklich mit der Arbeit zu beginnen. Danach verabschiede ich mich in die Nasszelle und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln – das tut gut.
09.30 Uhr Nach Lavendelöl duftend, werfe ich mich in Schale und gebe Frau Gomez weitere Anweisungen. Unter anderem deute ich zum Bad und informiere, dass zwei Körbe Schmutzwäsche gewaschen werden müssen. Mein Gegenüber rollt mit den Augen und sagt, dass sie heute wohl den ganzen Vormittag im Willoughby Drive schufen muss.
10.00 Uhr Während die Perle die Waschmaschine in Betrieb nimmt, nehme ich kopfschüttelnd auf der Terrasse platz und lasse mir das Frühstück schmecken. Nebenher schlage die Zeitung auf, um mich über den 50. Super Bowl zu informieren, der am 7. Februar 2016 im kalifornischen Santa Clara ausgetragen wird. Ich staune nicht schlecht und lerne, dass CBS das Endspiel um die Football Meisterschaft exklusiv übertragen und Firmen 5.000.000 Dollars für einen halbminütigen Werbefilm abknöpfen wird. Darüber hinaus bringe ich heraus, dass Eintrittskarten für dieses Spektakel auf diversen Handelsplattformen für 50.000 Dollars angeboten werden – wo soll das noch hinführen.
Ich backe Muffins im Kleinwellenofen auf
10.30 Uhr Wenig später fährt der JEEP meiner Verwandten vor und ich habe das Vergnügen, Georg und Maria begrüssen zu können. Die lieben Leute legen beste Laune an den Tag und fordern mich auf, mit an den Strand zu kommen. Weil man mit leeren Magen nicht aus dem Haus gehen sollte, winke ich die zwei herein und serviere brühfrischen Bohnentrunk. Ferner fahre ich im Kleinwellenofen (unlöblich: Mikrowelle) aufgebackene Muffins auf und gebe zu Protokoll, dass Frau Gomez erst gestern aus ihrem Weihnachtsurlaub zurückgekommen ist. Ich seufze in einer Tour und merke an, dass auf die Mexikanerin kein Verlass ist. Maria straft mich jedoch mit bösen Blicken und entgegnet, dass sie mit der Reinigungsfachfrau sehr zufrieden ist – papperlapapp.
11.15 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten lotse ich Dixon zum Auto und erfahre, dass wir zum Cocohatchee River rasen und unbeschwerte Stunden im Delnor Wiggins Staatspark erleben werden. Ich helfe dem Vierbeiner auf die Ladefläche und erzähle während der Reise, dass der besagte Fluss nach einem stolzen Indianer benannt wurde. Mein Bruder schlägt in die gleich Kerbe und unterbreitet, dass wir nach einem ausgedehnten Spaziergang in die Gaststätte des “Tarpon Cove Yacht Clubs” einkehren werden – wie aufregend.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit drosselt Georg die Geschwindigkeit und parkt den Wagen am Seitenstreifen. Ich hüpfe voller Vorfreude vom Rücksitz und lasse es mir nicht nehmen, das Haustier an die Leine zu legen. Danach wandern wir plaudernd zum Strand und geniessen den Ausblick auf den Cocohatchee River.
13.00 Uhr Nach einer Stunde spähe ich skeptisch zur Sonne und lasse meine Begleiter wissen, dass die Affenhitze kaum auszuhalten ist. Maria gibt mir Recht und meint, dass wir nun zum Auto zurücklaufen sollten.
13.45 Uhr Verschwitzt erreichen wir den nachtschwarzen Geländewagen und machen uns daran, in Richtung Yachtclub zu krusen. Unterdessen wischt sich Georg die Schweissperlen von der Stirn und behauptet, dass ich mich glücklich schätzen kann, das ganze Jahr über den Sommer geniessen zu können – wie wahr.
14.45 Uhr Endlich treffen wir auf dem Gelände des “Tarpon Clubs” ein und registrieren, dass die Eigentümer ihren zahlungskräftigen Mitgliedern nicht nur Bootsanlegestellen, sondern auch Tennisplätze sowie einen Golfplatz bieten. Mein Bruder ist bestens informiert und setzt mich darüber in Kenntnis, dass auf dem satten Grün sogar Golfprofis wie Bernhard Langer oder Tiger Woods die Schläger schwingen – das soll mir auch Recht sein.
Wir schlürfen süffigen Wein
15.30 Uhr Beeindruckt schlendern wir in die Gaststätte und werden von einer Kellnerin Willkommen geheissen. Die kleine Frau weist uns einen Tisch mit Blick auf die Hafenanlage zu und plappert davon, dass der Scheffkoch gegrillte Seezunge empfehlen kann. Wir nehmen das Angebot zungeschnalzend an und ordern dazu eine Flasche Chablis Premiere Grand Cru – man gönnt sich ja sonst nichts.
16.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und unsere Kehlen ölen, kommt Georg auf morgen zu sprechen und schlägt vor, dass wir am Abend im Willoughby Drive einen Filmabend veranstalten werden. Maria ist begeistert und meint, dass wir uns auf der überdimensionalen Leinwand das Drama “Still Alice” anschauen könnten. Ich mache grosse Augen und antworte, dass ich lieber einem spannenden Kriegsfilm frönen würde.
17.00 Uhr Nachdem wir die Mahlzeit mit gebackenen Apfelkuchen abgeschlossen haben, laufen wir zum Auto zurück. Ich mache es mir auf dem Rücksitz bequem und stelle klar, dass ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann. Mein Bruder beruhigt mich sofort und verspricht, dass ich in 30 Minuten zu Hause sein werde.
17.30 Uhr Zurück in der kleinen Villa, schlüpfe ich gähnend aus den Flip Flops und vergesse auch nicht, meinem treuen Haustier eine Portion Trockenfutter zu kredenzen. Im Anschluss schenke ich mir ein kühles Bier ein und mache es mir in der klimatisierten Stube bequem – immerhin bin ich nicht mehr der Jüngste.
Ich beisse kraftvoll zu
18.15 Uhr Nachdem ich ein Sandwich (löblich: Wurstbrot) verzehrt habe, schalte ich die Glotze ein und mache mich auf FOX über die tagesaktuellen Geschehnisse in der Welt schlau.
19.00 Uhr Da ausnahmsweise keine brechenden Neuigkeiten (unlöblich: Breaking News) vorliegen, wechsle ich zeitnah auf den Premiumkanal AMC und erfreue mich am nervenaufreibenden Krimi “Mystic River”, der die traurige Geschichte eines Familienvaters erzählt, dessen 19jährige Tochter brutal ermordet wird.
21.00 Uhr Zwei Stunden später flimmert der Abspann über die Mattscheibe und ich atme tief durch. Schlussendlich beende ich den Fernsehabend und begleite Dixon noch einmal durch den Garten. Anschliessend verschliesse ich die Haustüre sorgsam und lege mich schlafen. Gute Nacht.