08.15 Uhr Das Telefon bimmelt und ich stelle beim Blick auf den Radiowecker fest, dass ich verschlafen habe. Gähnend halte ich mir den Hörer ans Ohr und habe das Vergnügen, mit Edelbert sprechen zu können. Der Professor meldet sich räuspernd zu Wort und sagt, dass seine Erkältung langsam abklingt. Trotzdem gibt sich der gute Mann skeptisch und meint, dass es schlauer wäre, heute im Bett zu bleiben. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich sowieso viel um die Ohren habe und das Gästezimmer für Sandras Ankunft vorbereiten muss. Edelbert seufzt laut und unkt, dass die kommende Woche sehr anstrengend werden wird – wie wahr.
Der Radiowecker bimmelt
08.45 Uhr Nach dem Frühsport verabschiede ich mich ins Bad und erfrische mich redlichst. Ausserdem navigiere ich mit dem iPad durchs Internetz und lerne, dass in den örtlichen WINN DIXIE Supermärkte nicht nur Hundefutter, sondern auch Tiefkühlprodukte aller Art günstig zu haben sind. Weil ich auf den Taler achten muss, entschliesse ich mich, gleich nach dem Frühstück zum abschoppen zu fahren.
09.45 Uhr Bevor ich losfahre, stärke ich mich mit einer gesunden Jause. Ich lasse mir geröstete Weissbrotscheiben mit gesalzener Butter, Streichkäse mit Paprika sowie eine Portion Rühreier munden und blättere nebenher in der Morgenzeitung. Unter anderen lese ich, dass Scherriff Bradfort zum Jahresanfang drei neue Deputies eingestellt und angekündigt hat, dem organisierten Verbrechen im Collier County den Gar auszumachen – wie aufregend.
WCKT CAT COUNTRY – der beste Radiosender
10.30 Uhr Wenig später sitze ich im geräumigen Chevrolet und rase zufrieden in Richtung Coronado Parkway davon. Unterdessen fröne ich dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und vernehme, dass der 32jährige Landmusikant Justin Townes Earle im Januar sein siebtes Studioalbum mit dem Titel “Absent Fathers” (löblich: Fernbleibende Väter) veröffentlichen wird. Der Moderator überschlägt sich vor Freude und lässt es sich nicht nehmen, eine nagelneue Komposition anzuspielen – das hört sich gar nicht schlecht an.
Justin Townes Earle – Absent Fathers
11.00 Uhr Am Ziel angekommen, stecke ich Dixon einen Kauknochen ins Maul und bitte ihn, während meiner Abwesenheit artig zu sein. Im Anschluss schlendere ich pfeifend in die Markthalle und werfe allerhand Produkte des täglichen Bedarfs in den Einkaufswagen. Um auch Sandra eine kleine Freude zu bereiten, ringe ich mich dazu durch, ein Schälchen Erdbeeren, OREO Kekse, Hershey’s Schokolade sowie einen Blumenstrauss zu kaufen.
11.45 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten kehre ich entnervt zum Auto zurück und lasse den Verbeiner wissen, dass im Supermarkt ein unglaubliches Gedränge vorherrscht. Missmutig stelle ich die Einkaufstüten auf die Ladefläche und animiere den Rüden, mir ins benachbarten “China Room” (löblich: Chinaraum) Gasthaus zu folgen.
12.00 Uhr Pünktlich zum Mittagsläuten betrete ich die Wirtschaft und werde von einem grinsenden Asiaten begrüsst. Ich stelle mich als Reinhard Pfaffenberg vor und erwähne, dass ich grossen Hunger mitbebracht habe. Der gelbe Mann lost mich an einen Tisch und zögert nicht, mir ein Glas Eiswasser sowie die Tageskarte zu kredenzen. Ich fackle nicht lange und bitte den Knecht, mich mit einer Frühlingssuppe sowie gebratenem Reis mit Schweinefleisch zu verwöhnen.
Meine praktische Schwarzbeere
12.30 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse, summt plötzlich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und ich sehe mich genötigt, mit meiner Mieterin tratschen zu müssen. Sandra plappert ohne Unterlass und berichtet, dass sie Morgen um 20 Uhr in Florida ankommen wird. Ich spüle meine Kehle mit süffiger Limonade durch und sichere dem Kind zu, dass ich es vom Flughafen abholen werde – was muss ich denn noch alles ertragen.
13.15 Uhr Nachdem ich dem Kellner ein kleines Trinkgeld beschert habe, scheuche ich Hund Dixon zum Auto und trete die Heimreise an. Weil ich meine Zeit nicht gestohlen habe, setze ich zu waghalsigen Überholmanövern an und nehme mir ausserdem das Recht heraus, in regelmässigen Abständen zu hupen.
14.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive, schleppe ich die Einkaufstüten in Haus und mache es mir zur Aufgabe, die Lebensmittel im Eiskasten einzusortieren. Anschliessend lüfte ich das Gästezimmer durch und vergesse auch nicht, Staub zu wischen.
15.00 Uhr Zu guter Letzt stecke ich die Blumen in eine Vase und erkläre dem staunenden Vierbeiner, dass wir morgen Besuch von Frau Corte erhalten werden. Das lustige Haustier ist ganz aus dem Häuschen und rennt wie von Sinnen ins Wohnzimmer, um mit seinem Spielzeug zu quietschen.
15.30 Uhr Nach getaner Arbeit bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und sehe mich im Traum auf die verstaubten Pfade des Appalachian Trails versetzt – das waren noch Zeiten.
16.30 Uhr Um nicht bis zu den Abendstunden auf der faulen Haut zu liegen, komme ich in die Gänge und schalte den Heimrechner ein. Während Dixon im Garten mit Nachbarshund Joey spielt, rufe ich Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab und registriere, dass es die Jugend in meiner alten Heimat derzeit besonders bunt treibt.
17.30 Uhr Nach der Anschnurarbeit stecke ich eine Carpenters Kompaktscheibe in die Musikanlage und bereite zu prima Musik das Abendessen zu. Da abwechslungsreiche Kost sehr wichtig ist, koche ich italienische Landnudeln (unlöblich: Spaghetti) auf und erwärme ausserdem duftendes Pesto in einem Topf – wie gut das riecht.
Schmeckt prima: Langnudeln mit Pesto
18.30 Uhr Nachdem ich den Teller ausgeschleckt und die Geschirrspülmaschine in Betrieb gesetzt habe, lege ich im Wohnzimmer die Beine hoch und schaue Fern. Wie es sich für einen interessierten Bürger gehört, fröne ich den Nachrichten auf FOX und lerne, dass just heute vor 102 Jahren Richard Nixon das Licht der Welt erblickt hat.
19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: Hauptsendezeit) schalte ich auf den Filmkanal AMC um und gebe mich dem 1984er Lichtspielhauserfolg “Nightmare on Elm Street”10 (löblich: Alpträume in der Elmstrasse) hin. Der Gruselfilm handelt von einem wahnsinnigen Kindermörder, der seine Opfer im Traum heimsucht – so ein Schmarrn.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Im Anschluss lösche ich sämtliche Lichter und falle übermüdet ins Bett. Gute Nacht.