8. Mai 2014 – Rhododendron

pfaffenbergkl

08.00 Uhr Ein neuer Tag beginnt und ich erfahre auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land), dass Morgen der sogenannte “Arbor Day” gefeiert wird. Wie jeder weiss, soll dieser Aktionstag an die unzähligen Siedler erinnern, die die baumlose Landschaft im Mittleren Westen begrünt haben.
08.30 Uhr Als ich die Morgengymnastik auf der schattigen Terrasse absolviere, lasse ich meinen Blick über den Garten schweifen und entschliesse mich, anlässlich des Arbor Days einen Strauch zu pflanzen. Ruckzuck kehre ich in die klimatisierte Stube zurück und rufe bei Edelbert an. Der Professor wird augenblicklich hellhörig und schlägt vor, dass wir zum Baumarkt krusen und uns in der Pflanzenabteilung umschauen könnten – wie schön.
09.00 Uhr Zuvor entspanne ich mich jedoch bei einem erfrischenden Wirbelbad und nutze die Gelegenheit, um Mieterin Sandra anzurufen. Ich treffe das unterbelichtete Kind im Münchner Kreisverwaltungsreferat an und erzähle, dass ich am 25. Mai nach Toronto ausfliegen und meinen Grosscousin Robert wiedersehen werde. Das Mädchen kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und wirft mir vor, viel zu viel Geld zu haben – papperlapapp.
10.00 Uhr Pünktlich zum Zehnuhrläuten hüpfe ich aus der Wirbelbadewanne und fülle Dixons Napf mit gesundem ROYAL CANIN Trockenfutter auf. Danach setze ich mich hungrig an den Küchentisch und lasse mir ein kleines Frühstück munden. Unterdessen blättere ich in der “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) und überfliege einen Bericht über das Bruce Springstein Konzert am 1. Mai im “MidFlorida Credit Union Amphitheatre” in Tampa. Ich staune nicht schlecht und bringe heraus, dass der 64jährige Künstler den knapp 15.000 Zuschauern eine dreistündige Schau der Extraklasse geboten haben soll – wie unlöblich.

dixon
Mein Haustier: Hund Dixon

10.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, etwas Bargeld einzustecken und zum Baumarkt zu krusen. Ich scheuche Hund Dixon spornstreichs zum Auto und lasse es mir nicht nehmen, abermals bei Prof. Kuhn anzurufen. Mein Bekannter nimmt das Gespräch nach dem zweiten Tuten an und verspricht, in einer halben Stunde im “Home Depot” an der Airport Pulling Road zu sein – das klappt wieder wie am Schnürchen.
11.00 Uhr Wenig später parke ich den SUV direkt vor dem Haupteingang und kann Edelbert herzlich begrüssen. Zufrieden schlendern wir durch das Geschäft und freuen uns, im Aussenbereich nicht nur preisgünstige Sitzgelegenheiten aus Rattan, sondern auch allerhand Pflanzen vorzufinden.

rhododendron
Rhododendron / Bild: Dominicus Johannes Bergsma / CC

11.30 Uhr Während Dixon neugierig schnüffelt, deutet der Professor zu den blühenden Rhododendren und unterbreitet, dass diese Pflanze aus der Familie der Heidekrautgewächse stammt. Ich reibe mir die Nase und erkenne beim Blick auf das Preisschild, dass ein Rosenbaum 45 Dollars kosten soll. Obgleich ich am Hungertuch nage, verfrachte ich ein Exemplar in den Einkaufswagen und gebe zu Protokoll, dass sich der Rhododendron hervorragend neben dem Petersilienbeet machen wird. Edelbert gibt mir Recht und lotst mich zur Kasse.
12.15 Uhr Im Anschluss kehren wir ins benachbarte “Moravela’s” Gasthaus ein und ordern bei einer rassigen Kellnerin namens Mona (26) lustige Langnudeln mit Fleischbällchen. Darüber hinaus verweise ich auf den ausgehungerten Vierbeiner und bitte die Bedienung, etwas Speck sowie frisches Wasser zu kredenzen.
12.45 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, komme ich auf den Arbor Day zu sprechen und lade Edelbert für Morgen zum Frühstück ein. Mein Tischnachbar nickt eifrig und meint, dass wir nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages den Rhododendron einpflanzen können – das soll mir Recht sein.
13.30 Uhr Zurück im Willoughby Drive, falle ich gähnend aufs Kanapee und döse bald ein. Unter anderem träume ich von meiner nervenaufreibenden Reise quer durch den Kontinent – das waren noch bessere Zeiten.
14.30 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und werde Zeuge, wie Dixon einen meiner Josef Seibel Hausschuhe in den Garten trägt. Natürlich schwinge ich mich vom Sofa und rufe den Rüden auf, brav zu sein. Anschliessend brühe ich mit der futuristischen DeLonghi Kaffeemaschine duftenden Bohnentrunk auf und mache es mir auf der fliegenvergitterten Terrasse bequem – das tut gut.

kaffee
Ein Becher Kaffee / Bild: Nevit Dilmen / CC BY-SA 3.0

15.00 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe bald durch Frau Pontecorvo gestört. Die kleine Frau von Nebenan leistet mir plappernd Gesellschaft und möchte wissen, warum ich einen Rhododendron gekauft habe. Ich nippe genüsslich am Kaffeebecher und kläre meine Nachbarin über die Tatsache auf, dass morgen der Arbor Day gefeiert wird. Meine Bekannte zuckt mit den Schultern und bittet mich, ihr auch eine Tasse Kaffee zu kredenzen.
16.00 Uhr Nachdem die Dame endlich das Weite gesucht hat, kehre ich ins Wohnzimmer zurück und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Auch heute schufte ich hart und helfe in Not geratenen Eltern bei allerhand Problemen. HEUREKA – immerhin darf man der Jugend nicht alles durchgehen lassen.

thunfischpizza
Eine vitaminreiche Pizza

17.00 Uhr Nach getaner Arbeit schiebe ich eine TOMBSTONE Tiefkühlpizza ins vorgeheizte Ofenrohr und zaubere einen vitaminreichen Beilagensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen, Oliven und geriebenem Parmesan.
18.00 Uhr Nachdem ich die leistungsstarke Geschirrspülmaschine in Betrieb genommen habe, mache ich es mir vor der Glotze bequem und gebe mich hunddixonkraulend den Abendnachrichten auf FOX hin.
18.45 Uhr Zur besten Sendezeit wähle ich das Qualitätsprogramm von HBO aus und lasse die Seele beim Spätwestern “Appaloosa” baumeln. Der preisgekrönte Spielfilm aus dem Jahre 2008 erzählt aus dem Leben des Scherriffs Virgil Cole, der den schiesswütigen Landwirt Bragg verhaften möchte – da kommt Spannung auf.

21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der neumodernen Fernbedienung und unternehme einen letzten Spaziergang durch den Garten. Anschliessend lösche ich das Licht und wünsche Dixon süsse Träume. Gute Nacht.