08.00 Uhr Obgleich es saukalt ist, hüpfe ich aus dem Bett und absolviere an der frischen Luft die Morgengymnastik. Dixon rennt unterdessen durch den Garten und schreckt zwei Igel auf. Ich komme aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und rate, den Stacheltieren nicht zu nahe zu kommen.
Zwei Igel in Edelberts Garten
08.30 Uhr Nachdem ich meine Muskeln gelockert habe, sehe ich in der Küche nach dem Rechten und bemerke, dass Edelbert bereits das Frühstück vorbereitet hat. Mein Gastgeber füllt die Hahn und Henne Tassen mit brühfrischem Bohnentrunk auf und sagt, dass er gleich im “Konsumland” Lebensmittel einkaufen wird. Ich nehme entspannt Platz und entgegne, dass ich währenddessen “Amandas Donutladen” aufsuchen und Frau Mars sowie Familie Omariba besuchen werde. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
09.00 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, kommt mein Tischnachbar auf den anstehenden Besuch bei meiner Schwester zu sprechen und meint, dass es kein Vergnügen werden wird, bei Hildegard zu übernachten – wie wahr.
09.30 Uhr Nach der Mahlzeit ziehe ich mich nachdenklich in die Nasszelle zurück und entspanne mich bei einem Vollbad. Nebenher schicke ich Sandra eine Handtelefondepesche (unlöblich: SMS) und kündige an, dass ich am Abend vorbeikommen werde. Meine Mieterin antwortet prompt und schreibt, dass sie gegen 17 Uhr zuhause sein wird – wie schön.
10.30 Uhr Als der Minutenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf halb Elf deutet, schlüpfe ich in modische Freizeitkleidung und animiere Dixon, sein quietschendes Spielzeug abzulegen und mich zu begleiten. Nebenbei stecke ich Edelbert einen 20 EURO Schein zu und bitte ihn, zwei Flaschen Federweissen aus dem Supermarkt mitzubringen. Danach lüfte ich meinen Cowboyhut und spaziere bei leichtem Nieselregen pfeifend in die Stadt.
11.00 Uhr Dummerweise läuft mir auf halbem Weg Frau Krüger über den Weg. Die Dame legt ihren Zeigefinger an die Unterlippe und vermutet, dass ich der Reinhard Pfaffenberg sein muss, der vor vielen Jahren nach Amerika ausgewandert ist. Ich schüttle Frau Krügers Hand und erkläre ihr, dass ich derzeit auf Heimaturlaub bin.
11.30 Uhr Wenig später finde ich mich in der Mozartstrasse wieder und betätige Frau Mars Klingel. Nach wenigen Sekunden öffnet meine ehemalige Putzfrau die Pforte und heisst mich herzlich Willkommen. Die Dame lotst mich in die gute Stube und lässt es sich nicht nehmen, mich zum Mittagessen einzuladen. Bevor ich etwas sagen kann, überreicht mir die Gute einen Teller und sagt, dass sie einen Rollbraten mit Knödel gekocht hat.
12.15 Uhr Während wir uns an dem köstlichen Braten laben, erzähle ich von meinen Abenteuern in Übersee und erwähne, dass ich in Naples auf die Dienste einer mexikanischen Putzfrau vertraue. Frau Mars blickt skeptisch drein und unkt, dass meine Villa ganz bestimmt nicht sauber ist. Ich belehre sie eines Besseren und unterbreite, dass Frau Gomez sehr ordentlich ist und den Staubwedel wie kein anderer schwingen kann.
13.15 Uhr Nachdem ich das Bierglas geleert habe, verabschiede ich mich redlichst und lade Frau Mars für den kommenden Samstag zu einer kleinen Abschiedsfeier in den Wilden Esel ein.
Amandas Donutladen
14.00 Uhr Anschliessend schlendere ich zu “Amandas Donutladen” und freue mich, viele Kunden im Geschäft anzutreffen. Frau Kerstin wünscht mir einen guten Tag und zögert nicht, mich mit einem Becher Kaffee und einem lustigen Gebäckstück zu verwöhnen. Bei dieser Gelegenheit versorgt mich die Maid mit Fakten und berichtet, dass sie mit den Umsätzen sehr zufrieden ist und sich sogar eine Teilzeitkraft leisten kann. Ich schwelge in Erinnerungen und lasse Kerstin wissen, dass Amanda die Bäckerei am 1.Oktober 2004 eröffnet hat und stets grossen Spass daran hatte, Kaffee, Donuts und Weicheis (unlöblich: Softeis) an hungrige Menschen zu verkaufen.
15.00 Uhr Nach einer Stunde setze ich meine Wanderung fort und eile in den Waldweg. Währenddessen schellt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und ich kann mit Frau Pontecorvo tratschen. Meine Nachbarin plappert ohne Unterlass und möchte wissen, wie es mir im Europa ergeht. Natürlich lasse ich die letzten Tage Revue passieren und gebe zu Protokoll, dass ich just damit beschäftigt bin, alte Freude zu besuchen.
15.45 Uhr Endlich bin ich am Ziel und werde von Frau Omariba mit einer herzlichen Umarmung begrüsst. Die schokoladenbraune Frau bittet mich ins Wohnzimmer und serviert ein süffiges Pils. Obgleich ihr Ehemann geschäftlich verreist ist, lassen wir uns die gute Laune nicht verderben und sprechen über Dies und Das.
16.30 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten trommle ich mit den Fingerkuppen auf den Wohnzimmertisch und erzähle, dass ich am Abend bei Sandra eingeladen bin. Frau Omariba schenkt mir ein Lächeln und bittet mich, vor meiner Abreise noch einmal vorbeizukommen.
Meine kleine Villa im Waldweg 11
17.00 Uhr Pünktlich auf die Minute klingle ich an der Villa im Waldweg 11. Sandra öffnet schwungvoll die Haustüre und sagt, dass ich gerade rechtzeitig zum Abendessen vorbeikomme. Zu meiner Überraschung ist auch Edelbert vor Ort und nippt genüsslich am Weissbierglas. Ich leiste dem schlauen Mann in der Küche Gesellschaft und staune nicht schlecht, als Sandra einen Wurstsalat kredenzt. Das Kind belehrt mich jedoch eines besseren und behauptet, dass es sich hierbei um eine vegetarische Tofuwurst handelt – das ist wieder typisch.
17.45 Uhr Kurze Zeit später kommt Sandras Mitbewohnerin von der Arbeit zurück. Die Maid setzt sich zu uns und sagt, dass es in der Schreibstube der “Süddeutschen Zeitung” sehr stressig zuging. Ich winke demonstrativ ab und antworte, dass ich von der Alpen-Pravda gar nichts halte. Frau Bärbel macht grosse Augen und meint, dass die Süddeutsche zu den angesehensten Tageszeitungen in Europa zählt – da lachen doch die Hühner.
18.45 Uhr Weil Dixons Augen langsam zufallen, entschliessen wir uns, den Frauen Lebewohl zu sagen. Bei einsetzendem Regen spazieren wir zum Haselnussweg und freuen uns auf einen rentnergerechten Fernsehabend.
19.30 Uhr Bei würzigem Federweissen und lustigen Knabbereien lassen wir den Tag vor der Glotze ausklingen. Prof. Kuhn schaltet sich durch die unzähligen Fernsehprogramme und wir landen letztendlich auf RTL 2, wo eine neue Episode des Fernsehformats “Die Kochprofis – Einsatz am Herd” läuft.
20.30 Uhr Ich schaue genau hin und werde Zeuge, wie die Meisterköche Frank Oehler, Andi Schweiger und Ole Plogstedt den Berghof in Forchtenberg vor dem Ruin retten – da kommt Freude auf.
21.15 Uhr Nach 60 unterhaltsamen Minuten erhebe ich mich aus dem Ohrensessel und begleite Dixon in den Garten. Danach wünsche ich dem Professor eine gute Nacht und lege mich schlafen. Gute Nacht.