06.30 Uhr Weil die Zeit drängt, rolle ich mich aus dem Wasserbett und verzichte auf ein löbliches Wirbelbad. Stattdessen dusche ich mich kalt ab und vergesse auch nicht, meine Haare aufzusteilen.
07.00 Uhr Im Anschluss stelle ich den Rollkoffer in den Gang und verzehre im Beisein meines fiependen Haustieres ein kleines Frühstück. Bei dieser Gelegenheit nehme ich die Reiseunterlagen in Augenschein und lerne, dass unser Abflug nach New York für 9.30 Uhr geplant ist – wie schön.
07.15 Uhr Wenig später klingelt es an der Türe und ich kann Frau Pontecorvo herzlich begrüssen. Die Gute tippt auf ihre CARTIER Armbanduhr und erinnert, dass wir Edelbert abholen müssen. Ich stimme zu und überreiche der Dame die Schlüssel für den SUV. Danach schleppe ich das Gepäck zum KFZ und helfe Dixon auf die Ladefläche.
Hund Dixon ist im Reisefieber
07.45 Uhr Nachdem Edelbert zugestiegen ist, rasen wir gen Norden weiter und plaudern über unsere anstehende Kulturreise. Frau Pontecorvo hat nur Hohn und Spott übrig und behauptet, dass wir uns ausschliesslich in Biertränken tummeln werden. Ich schüttle entschieden den Kopf und entgegne, dass wir Museen sowie Galerien besuchen und uns ausserdem das “One World Trade Center” anschauen werden.
08.15 Uhr Kurz nach dem 8 Uhr Läuten sind wir am Ziel. Ich steige schnaufend vom Beifahrersitz und gebe zu Protokoll, dass wir unter Zeitdruck stehen. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und bedankt sich bei meiner Nachbarin. Ich tue es dem schlauen Mann gleich und bitte Frau Pontecorvo, achtsam mit dem Chevrolet Suburban umzugehen und stets ein wachsames Auge auf meine kleine Villa zu werfen.
08.45 Uhr Anschliessend eilen wir ruckzuck ins Terminal und erhalten am UNITED AIRLINES Schalter unsere Einsteigekarten. Ferner sehen wir uns mit einem glatzköpfigen Fluglinienmitarbeiter namens Jason konfrontiert und hören, dass wir uns jetzt von Dixon verabschieden müssen. Ich blicke traurig drein und verspreche dem Rüden, dass wir am Nachmittag einen ausgedehnten Spaziergang durch Manhattan unternehmen werden.
Mein löblicher Kuhjungenhut
09.15 Uhr Endlich können wir das Flugzeug besteigen und unsere Sitzplätze einnehmen. Ich verstaue meinen Cowboyhut in der Ablage und erkläre Edelbert, dass ich dem Reisestress nicht mehr gewachsen bin. Der Professor zuckt mit den Schultern und kündigt an, während des Fluges Zeitung zu lesen – das soll mir auch Recht sein.
09.45 Uhr Mit kurzer Verspätung erhebt sich der Stahlvogel in die Lüfte und dreht nach Westen ab. Ich lehne mich seufzend zurück und komme bald in den Genuss, ein kleines Frühstück kredenzt zu bekommen – wie schön.
11.00 Uhr Nach einer Stunde überfliegen wir North Carolina und bemerken, wie das Wetter schlechter wird. Edelbert kratzt sich nachdenklich an der Stirn und unkt, dass uns in New York kühlere Temperaturen erwarten. Ich nippe genüsslich am Bohnentrunk und antworte, dass ich wärmende Kleidung sowie einen Regenschirm mitführe.
12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, meldet sich der Kapitän per Sprechdurchsage zu Wort und verkündet, dass wir in fünfundvierzig Minuten auf dem “Newark Liberty International Airport” landen werden. Ich reibe mir die Hände und lasse Edelbert wissen, dass meine Füsse eingeschlafen sind.
12.45 Uhr Der Kapitän setzt das Flugzeug gekonnt auf der östlichen Landebahn auf. Da wir unsere Zeit nicht gestohlen haben, springen wir auf und können als eine der ersten Passagiere die Boeing verlassen. Nebenher versorgt mich Edelbert mit Infos und plappert davon, dass auf dem “Newark Airport” Jahr für Jahr knapp 33 Millionen Passagiere abgefertigt werden – das ist mir Wurst.
13.30 Uhr Nachdem wir das Gepäck in Empfang genommen haben, werden wir an der Zollstelle im Terminal C vorstellig. Ich händige einem Mitarbeiter meine Reiseunterlagen aus und fordere ihn mit erhobenem Zeigefinger auf, Hund Dixon herauszugeben. Der Turbanträger lässt sich nicht zweimal bitten und unterbreitet, dass der Vierbeiner den Flug unbeschadet überstanden hat. Ich fahre dem Hund erleichtert durchs Fell und erkläre, dass es nun in einem gelben Taxi nach New York geht.
14.15 Uhr Bei leichtem Nieselregen verlassen wir den Flughafen und steigen in das erstbeste Taxi ein. Der schlecht Englisch sprechende Heini schaltet ohne zu Zögern das Taxameter ein und erkundigt sich, wohin wir fahren wollen. Ich nenne dem Araber unser Ziel und komme zu dem Schluss, dass ich angesichts des trüben Herbstwetters meine RAY BAN Sonnenbrille abnehmen kann.
Der Lincoln Tunnel – wie aufregend
14.45 Uhr Der Schoffeur krust summend in Richtung New Jersey Turnpike davon und überquert in einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt den Hackensack River. Darüber hinaus haben wir auch das Vergnügen, den bekannten Lincoln Tunnel zu durchfahren – wie aufregend.
15.45 Uhr Nach einer Stunde kommen wir mit quietschenden Bremsen vor dem renommierten “Edison Hotel” an der 47th Strasse zum Stehen und werden angehalten, 56 Dollars zu bezahlen. Ich krame missmutig meine Geldbörse aus der Hosentasche und zähle dem Heini 70 Scheine auf die Hand.
16.00 Uhr An der Rezeption angekommen, werden wir von einer gestriegelten Empfangsdame mit barocken Formen begrüsst. Frau Ellen (39) überreicht uns die Schlüsselkarten und erörtert, dass wir bis zum Samstag in zwei nebeneinanderliegenden Einzelzimmern im 20 Stockwerk logieren werden – das ist phantastisch.
16.30 Uhr Nachdem ich meine Habseligkeiten im Schrank verstaut und Dixons Näpfe mit H²O bzw. Trockenfutter aufgefüllt habe, falle ich gähnend ins King Size Bett und döse prompt ein.
Endlich sind wir im grossen Apfel / Bild: AngMoKio
17.30 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe zeitnah durch ohrenbetäubendes Klopfen unterbrochen. Edelbert steht vor der Türe und sagt, dass er jetzt einen Spaziergang unternehmen möchte. Ich schlüpfe gutgelaunt in ein braunes Sportsakko und folge meinem Bekannten zum Aufzug.
18.00 Uhr Während wir die überdimensionalen Werbeschilder entlang des Broadways in Augenschein nehmen, hebt Dixon an jedem Mülleimer sein Beinchen. Ich stosse Edelbert lachend in die Seite und stelle klar, dass es dem Hund im grossen Apfel anscheinend gefällt. Prof. Kuhn nickt eifrig und regt einen Restaurantbesuch an.
18.30 Uhr Da ich mich in der Millionenmetropole wie in meiner Westentasche auskenne, lotse ich Edelbert zur 8th Avenue und lade ihn kurzerhand ins “Tick Tock Diner” ein. Während ich Nachos ordere, wählt Edelbert von der Tageskarte ein vitaminreiches Pastrami Sandwich – das schmeckt.
19.30 Uhr Nachdem wir uns gestärkt haben, machen wir uns auf den Heimweg. Ich nutze den kurzweiligen Fussmarsch, um die Handtelefonnummer meines ehemaligen Studienkollegen in die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) einzutippen. Thomas Kronach meldet sich nach dem zweiten Tuten und freut sich, als ich für Morgen ein gemeinsames Frühstück zur Sprache bringe. Der erfolgreiche Rechtsanwalt verweist auf das “Pershing Square” Gasthaus an der 42nd Strasse und sagt, dass er gegen 10 Uhr vor Ort sein wird – das ist prima.
20.30 Uhr Zurück im Edison Hotel, wünsche ich Edelbert eine angenehme Nachtruhe. Anschliessend werfe ich die Türe ins Schloss und entspanne mich bei einer erfrischenden Dusche. Danach schalte ich das Licht aus und lausche noch etwas dem Sirenengeheul der Polizeiautos. Gute Nacht.