3. September 2013 – Der Rasenmäher

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07.30 Uhr Ich werde durch eigenartige Geräusche geweckt und ärgere mich sehr. Als ich aus dem Fenster schaue, werde ich auf Herrn Booth aufmerksam, der zur frühen Stunde an seinem defekten Rasenmäher herumschraubt. Ich seufze laut und lasse Hund Dixon wissen, dass der Vietnamveteran nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.
08.00 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und stähle meine Muskeln bei der Morgengymnastik. Darüber hinaus winke ich meinem Nachbarn zu und erkundige mich, ob er nicht doch einen neuen Rasenmäher kaufen möchte. Herr Booth schimpft wie ein Rohrspatz und sagt, dass der Luftansaugschlauch einen Riss hat. Ferner erfahre ich, dass ausserdem der Befestigungswinkel des Kühlers durchgerostet ist. Ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe und verspreche, dass ich ihm nach dem Frühstück helfen werde.
09.00 Uhr Nach dem Badespass lasse ich mich am Küchentisch nieder und verzehre im Beisein meines schwanzwedelnden Haustieres ein kleines Frühstück. Nebenher blättere ich in der “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) und lerne, dass die Innenstadt am Wochenende wegen Filmaufnahmen gesperrt sein wird. Wenn man den Gerüchten Glauben schenken kann, soll Schauspieler Colin Farrell in Naples zugegen sein, um Szenen für eine neue Hollywoodproduktion abzudrehen – das soll mir auch Recht sein.
09.45 Uhr Weil Herr Booth noch immer einen Höllenlärm veranstaltet, setze ich meine NY YANKEES Kappe auf und eile nach draussen. Mein Nachbar begrüsst mich herzlich und meint, dass es schier unmöglich ist, einen geeigneten Ansaugschlauch für seinen Mäher zu finden. Ich nicke eifrig und mutmasse, dass der Mäher 20 Jahre auf dem Buckel hat. Mein Gegenüber belehrt mich jedoch eines Besseren und rechnet vor, dass er Anno 1972 knapp 500 Dollars für das Modell aus dem Hause SENSATION bezahlt hat.

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Ein Rasenmäher aus dem Hause SENSATION

10.15 Uhr Ich rolle demonstrativ mit den Augen und mache es mir zur Aufgabe, den lädierten Gummischlauch in Augenschein zu nehmen. Schnell wird mir klar, dass man den Riss mit etwas Isolierband verschliessen kann.
11.00 Uhr Anschliessend nehme ich das verrostete Blech zur Hand und gebe zu Protokoll, dass es mir als gelernten Schweisser nicht schwer fallen wird, ein neues Winkeleisen herzustellen. Bevor Herr Booth antworten kann, laufe ich nach Hause und halte in meiner Werkzeugkiste nach einer Blechschere Ausschau. Ruckzuck werde ich fündig und schaffe es ohne grössere Probleme, aus einem verzinkten Blech einen 90° Winkel herauszuschneiden.
11.45 Uhr Nachdem ich zwei Löcher gebohrt habe, laufe ich wieder nach nebenan und schraube den Kühler an den Motor an. Mein Nachbar bedankt sich artig und sagt, dass er ab sofort meinen Garten regelmässig mähen wird – das hört man gerne.
12.30 Uhr Völlig verschwitzt stosse ich die Türe zur kleinen Villa auf und stelle die Klimaanlage etwas höher. Leider pocht kurze Zeit später Frau Pontecorvo an die Pforte und straft mich mit bösen Blicken ab. Als ich nach dem Rechten frage, deutet die Perle nach nebenan und meint, dass es kein feiner Zug war, den röhrenden Rasenmäher zu reparieren. Ich biete meiner Bekannten einen Platz in der guten Stube an und entgegne, dass mir ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis sehr am Herzen liegt.
13.00 Uhr Danach verfrachte ich zwei TOMBSTONE Tiefkühlpizzas in den Ofen und lade Frau Pontecorvo zum Mittagessen ein. Ich entkorke eine Flasche Schaumwein aus dem Hause Veuve Clicquot und lasse es mir nicht nehmen, einen farbenfrohen Beilagensalat zu zaubern.

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Eine Pizza – das schmeckt

13.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, komme ich auf meine anstehende Kulturreise zu sprechen und erwähne, dass ich in 15 Tagen nach New York ausfliegen werde. Zudem verweise ich auf den 21. September und stelle klar, dass es ein Vergnügen werden wird, vom grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) per Direktflug nach München zu gelangen. Frau Pontecorvo blickt traurig drein und sagt, dass sich mich sehr vermissen wird – papperlapapp.
14.30 Uhr Nachdem sich meine Nachbarin verabschiedet hat, rufe ich Dixon ins Haus und falle völlig erschöpft aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und sehe mich im Traum aufs Oktoberfest versetzt.
15.30 Uhr Ich öffne die Augen und bemerke, dass sich dunkle Regenwolken vor die Sonne geschoben haben. Um nicht in einen Platzregen zu geraten, entschliesse ich mich, heute nicht mehr aus dem Haus zu gehen.
16.00 Uhr Stattdessen schalte ich den Heimrechner ein und rufe Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter ab. Ich werde prompt auf die Depesche einer 46jährigen Hausfrau aus Kiel aufmerksam, die grosse Probleme mit ihren albanischen Nachbarn hat. Anstatt den Garten zu pflegen, schrecken die Ausländer nicht davor zurück, täglich auf der gemeinschaftlich genutzten Grünfläche zu grillen und albanische Volkslieder anzustimmen. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und rate der kleinen Frau, schnellstmöglich die Polizei zu informieren.
17.00 Uhr Nachdem ich alles abgearbeitet habe, mache ich mich in der Küche nützlich und richte mir im Handumdrehen eine Brotzeitplatte mit vitaminreichem Schinken, hauchdünn aufgeschnittenem Capocollo sowie schmackhaften Cheddar Käse an – das schmeckt.
18.00 Uhr Während es zu regnen anfängt, kümmere ich mich um den Abwasch und vergesse auch nicht, Dixons Napf mit Leitungswasser aufzufüllen. Anschliessend schalte ich die Glotze ein und verfrachte eine von Mieterin Sandra selbstgerannte DVD ins Abspielgerät. Ich lehne mich kartoffelchipsknabbernd zurück und erfreue mich an einigen “Polizeiinspektion 1” Episoden aus den frühen 1980er Jahren. Ich komme aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und kann es kaum noch erwarten, endlich wieder durch die bayerische Landeshauptstadt zu flanieren

http://www.youtube.com/watch?v=HQgpo3ZxhwI

21.00 Uhr Ein schöner Fernsehabend geht zu Ende und ich unternehme mit Dixon einen kleinen Rundgang durch den Garten. Im Anschluss lösche ich das Licht und lege mich schlafen. Gute Nacht.