07.30 Uhr Hund Dixon stupst mich mit seiner kalten Nase an und animiert mich, endlich aufzustehen. Ich komme gähnend in die Gänge und bemerke beim Blick aus dem Fenster, dass es wie aus Kübeln regnet – wie unlöblich. Um nicht nass zu werden, absolviere ich die Morgengymnastik kurzerhand in der trocknen Stube.
09.00 Uhr Nach einem erquickenden Wirbelbad statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab und lasse mich zum Frühstück einladen. Frau Pontecorvo serviert köstliche Pfannkuchen mit Ahornsirup und berichtet, dass sie ihrer Freundin Blanche heute ein Paket zuschicken wird. Als ich genauer nachfrage, rückt die kleine Frau mit der ganzen Wahrheit heraus und erzählt, dass sie ihrer Bekannten eine kleine Freude machen und ihr eine schöne Blumenvase schenken möchte – das soll mir auch Recht sein.
09.45 Uhr Weil ich keine wichtigen Termine im Kalender verzeichnet habe, klatsche ich nach dem wichtigsten Mahl des Tages in die Hände und biete Frau Pontecorvo an, sie zur Poststelle am Tamiami Trail zu kutschieren. Meine Nachbarin freut sich und schleppt das Paket spornstreichs zum Chevrolet. Ich helfe Hund Dixon auf den Rücksitz und zögere nicht, den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten zu lassen.
10.30 Uhr Während Frau Pontecorvo in die Postfiliale eilt, bleibe ich im Auto sitzen und lausche dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Unter anderem lerne ich, dass Gesangsstern George Strait an einer nagelneuen Kompaktscheibe feilt und im Sommer einige Konzerte in Texas spielen wird. Ich werde nachdenklich und würde zu gerne “King George” wieder einmal auf einer Bühne pörformen sehen. Just als ich laut seufze, kommt Frau Pontecorvo daher und meint, dass ein kleiner Spaziergang nicht schaden kann. Ich schlage in die gleiche Kerbe und nehme Dixon an die Leine. Trotz leichten Nieselregens vertreten wir uns die Füsse und erkunden den einladenden “Fleischmann Park” – da kommt Freude auf.
11.15 Uhr Im Anschluss lade ich Frau Pontecorvo ins benachbarte “Blue Fish” (löblich: Blaufisch) Chinagasthaus ein und unterbreite, dass ich für ein reichhaltiges Mittagessen sowie ein Weichgetränk (unlöblich: Softdrink) bezahlen werde. Meine Nachbarin nimmt die Einladung an und ordert Thunfischsushi mit Wasabisauce. Ich rümpfe demonstrativ die Nase und ziehe es vor, ein Nudelgericht mit gesundem Rindfleisch zu bestellen.
11.45 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, lässt meine Tischnachbarin ihr Wochenende in allen Einzelheiten Revue passieren. Unter anderem erfahre ich, dass die Dame mit einigen Freundinnen im Lichtspielhaus war und die Hollywoodproduktion “The Hobbit: There and Back Again” (auf deutsch: Der Hobbit: Hin und zurück) gesehen hat. Ich mache grosse Augen und höre, dass dieser Streifen aktuell sämtliche Rekorde bricht und schon jetzt als grosser Oscarfavorit für das kommende Jahr gehandelt wird – das soll mir auch Recht sein.
12.45 Uhr Um 55 Dollars erleichtert verlassen wir das Restaurant und rasen in den Willoughby Drive zurück. Ich hole alles aus dem Chevrolet heraus und betätige mehrmals die Lichthupe.
13.15 Uhr Nachdem ich Dixons Napf mit Trockenfutter aufgefüllt habe, falle ich aufs Wohnzimmersofa und strecke zufrieden die Beine aus. Nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meiner nervenaufreibenden Reise nach San Franzisko im Jahre 2003 – das waren noch bessere Zeiten.
14.45 Uhr Just als ich mich im Traum vor der “Transamerica Pyramide” stehen sehe, wird mein Nickerchen durch ohrenbetäubendes Telefonbimmeln gestört. Zu meiner Freude meldet sich mein Bruder und teilt mir mit, dass er mit seiner Ehefrau nach St. Petersburg gefahren ist. Ich seufze laut und bringe heraus, dass meine Verwandten am späten Abend zurück sein werden – das ist wieder typisch.
15.15 Uhr Trotz der schlechten Nachrichten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und komme meinen Pflichten als renommierter Anschnurseelsorger nach. Ich rufe Depeschen besorgter Erziehungsberechtigter ab und helfe, wo ich nur kann. Darüber hinaus schalte ich die neuen Einträge im Gästebuch frei. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
16.15 Uhr Nach getaner Arbeit genehmige ich mir ein eiskaltes Budweiser und stelle fest, dass Dixon eine Maus gefangen und den toten Nager aufs Sofa gelegt hat – wie unlöblich. Ich erhebe mahnend den Zeigefinger und erkläre dem Rüden, dass es so nicht weitergehen kann. Anschliessend werfe ich den Kadaver in die Mülltonne und trinke eine kühle Halbe auf der Terrasse – das tut gut.
17.00 Uhr Da es wieder zu regnen begonnen hat, scheuche ich den Vierbeiner ins Wohnzimmer und verschliesse die Terrassentüre. Danach mache ich mich in der Küche nützlich und backe lustige Fischstäbe im Bratfett heraus. Dazu gibt es eine Portion Kartoffelbrei aus der Tüte sowie gesundes Karottengemüse – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Ein anstrengender Tag geht zu Ende und ich geniesse den Feierabend im weihnachtlich geschmückten Wohnzimmer. Während die Kerzen am Christbaum brennen, fröne ich den Abendnachrichten auf FOX. Danach schaue ich mit den Spielfilm “The Grey” (auf deutsch: Unter Wölfen) auf AMC an und tauche in das Leben des Ölbohrarbeiters John ein, der mit einem Flugzeug über dem Jagdrevier gefährlicher Wölfe abstürzt – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Hochspannung beende ich den Fernsehabend und lege mich schlafen. Gute Nacht.
Naples, FL ist wunderschön: