07.45 Uhr Ich öffne die Augen und lasse Hund Dixon wissen, dass ich heute Geburtstag habe. Der Vierbeiner spitzt die Ohren und hüpft ausgelassen ins Bett, um mir übers Gesicht zu schlecken. Ich komme aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und erkläre, dass ich von meinen Verwandten und Freunden bestimmt reich beschenkt werde.
08.15 Uhr Voller Vorfreude führe ich den Frühsport durch und nehme dann ein Wirbelbad. Nebenher tippe ich Frau Pontecorvos Nummer ins NOKIA Handtelefon und erkundige mich, wann sie aus Jacksonville zurückkommen wird. Meine Nachbarin übermittelt mir die besten Glückwünsche und entgegnet, dass sie gegen 15 Uhr in Naples sein wird – das ist phantastisch.
09.00 Uhr Als ich vor dem Spiegel stehe und mein Haar aufsteile, klingelt es an der Pforte. Ich eile ruckzuck zur Haustüre und treffe meine Familie sowie Prof. Kuhn und Herrn Peter an. Die lieben Leute stimmen “Happy Birthday” (löblich: Glücklichen Geburtstag) an und überreichen mir einen stattlichen Geschenkkorb.
10.00 Uhr Während wir uns auf der sonnigen Terrasse einfinden und das Frühstück geniessen, kommt plötzlich Frau Gomez dazu und kündigt an, das Haus putzen zu müssen. Ich winke schnell ab und fordere die Putzfrau auf, die Arbeit sausen zu lassen und ein Gläschen Schaumwein zu trinken. Die Mexikanerin nimmt die Einladung an und meint, dass sie meinen Geburtstag ganz vergessen hat – wie unlöblich.
11.00 Uhr Wenig später finden sich Herr und Frau Booth an der Grundstücksgrenze ein und wünschen mir alles Gute zum Wiegenfest. Der Vietnamveteran klopft mir auf die Schulter und überrascht mich mit einer Kompaktscheibe der “Charlie Daniels Band”. Ferner erfahre ich, dass die Combo patriotische Lieder zum Besten gibt und seit Anfang der 1970er Jahr im Süden der Vereinigten Staaten sehr erfolgreich ist – wie schön. Ich verfrachte die Scheibe augenblicklich in die Musikanlage und beschalle die kleine Villa mit der Komposition “The Devil Went Down to Georgia” (löblich: Der Teufel ging nach Georgia) – da kommt Freude auf.
12.15 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, verabschieden sich die Gäste und erinnern daran, dass am Abend eine Geburtstagsfeier im Lowbank Drive ansteht.
13.00 Uhr Nachdem ich den Fresskorb ausgeräumt und die Lebensmittel im Eiskasten verstaut habe, gehe ich Frau Gomez bei der Hausarbeit zur Hand. Danach bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und schlummere bald ein.
14.30 Uhr Ich werde durch sehr aggressives Dauerschellen geweckt und ärgere mich, weil meine Zugehfrau bereits gegangen ist. Nörgelnd öffne ich die Türe und sehe mich mit Frau Pontecorvo konfrontiert. Die Dame wünscht mir erneut alles Gute und behauptet, dass sie für die Heimreise lediglich 5 Stunden gebraucht hat.
15.00 Uhr Da die kleine Frau völlig erschöpft ist, brühe ich Bohnentrunk auf und serviere lustige Donuts. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf die Geburtstagsfeier zu sprechen und lege anschaulich dar, dass wir gegen 18 Uhr im Ferienhaus sein müssen. Die Pontecorvo macht grosse Augen und meint, dass sie sich noch frisch machen muss. Bevor ich antworten kann, springt die Dame auf und verabschiedet sich nach nebenan.
16.00 Uhr Um mich nicht zu langweilen, nehme ich den Heimrechner in Betrieb und finde im elektronischen Postfach nicht nur unzählige Glückwünschdepeschen, sondern auch einen Amazon Gutschein meiner Mieterin vor. Ferner übermittelt mir Sandra die besten Glückwünsche und animiert mich, die 10 Dollars in eine hörenswerte Kompaktscheibe zu investieren. Wenige Augenblicke später schellt erneut der Festnetzanschluss. Diesmal habe ich das Vergnügen, mit meiner Schwester telefonieren zu dürfen. Hildegard ist den Tränen nahe und sagt, dass sie das Jahresende bei Elsbeth verbracht hat. Die Damen plappern ohne Unterlass und vertreten die Meinung, dass ich im Laufe des Jahres unbedingt nach Deutschland kommen sollte – das werden wir erst noch sehen.
16.45 Uhr Nachdem ich die Anschnurarbeit erledigt und die Einträge im Gästebuch in Augenschein genommen habe, breche ich zu einem kleinen Spaziergang auf.
17.30 Uhr Fünfundvierzig Minuten später stehe ich wieder vor meinem bescheidenen Eigenheim und helfe Frau Pontecorvo sowie Dixon in den Ford Bronco. Ich lasse den PS-strotzenden Motor aufheulen und informiere während der kurzweiligen Reise, dass ich morgen den Chevrolet aus der Werkstatt abholen kann. Meine Begleiterin erhebt den Zeigefinger und bittet mich, in Zukunft besser aufzupassen und auf waghalsige Überholmanöver zu verzichten.
18.15 Uhr Im Lowbank Drive angekommen, führt uns Georg wegen der Hitze ins weihnachtlich dekorierte Wohnzimmer. Ich lasse mich zufrieden am Esstisch nieder und freue mich, neben Edelbert und Peter, auch Herrn Wang begrüssen zu können. Der gute Mann schenkt mir ein Lächeln und gibt zu Protokoll, dass er sich für die Einladung revanchieren und uns am Samstag in der Naples Manor Bar bewirten möchte – wie schön.
19.00 Uhr Während wir auf meinen Geburtstag anstossen meldet sich Georg zu Wort und erzählt, dass er am Nachmittag mit unserem Grosscousin telefoniert hat. Mein Bruder überschlägt sich vor Freude und sagt, dass Robert am 12. März 2013 eine Landwirtschaftsausstellung in Tampa besuchen möchte. Auf Anfrage bringe ich weiter heraus, dass der gute Mann Tags darauf in Naples sein wird – wie aufregend.
20.00 Uhr Im weiteren Verlauf des Abends gibt Georg Geschichten aus unserer Jugend zum Besten und verrät den anderen, dass ich als 16jähriger in die Erdkundelehrerin Frau Mönchskrug verliebt war. HEUREKA – diesen Unsinn muss man gehört haben. Ich zeige meinem Bruder den Vogel und wechsle ganz schnell das Thema.
21.00 Uhr Als die geschmackvolle Wanduhr 9 Mal schlägt, beenden wir den netten Abend und schütteln Hände. Ich begleite Frau Pontecorvo als Kavalier der alten Schule zum KFZ und trete radiohörend die Heimfahrt an.
21.30 Uhr Zurück in der gemütlichen Villa, schlüpfe ich in den bequemen Schlafanzug und gönne mir ein kleines Bier vor dem Fernseher. Anschliessend lösche ich das Licht und gehe müde ins Bett. Gute Nacht.
Alles Gute zum Geburtstag: