07.30 Uhr Ein neuer Sonnentag im Rentnerparadies beginnt und hüpfe ruckzuck aus dem Bett, um die Morgengymnastik zu absolvieren. Danach entspanne ich mich bei einem Wirbelbad und rufe spontan bei Admiral a.D. Bürstenbinder in der alten Heimat an. Der ehemalige Seefahrer nimmt das Gespräch nach dem zweiten Tuten an und verrät, dass er am Sonntag nach Miami ausfliegen und pünktlich zu Edelberts 70. Geburtstag in Naples eintreffen wird. Während ich nach Luft ringe, bittet mich mein Bekannter um Stillschweigen und beteuert, dass er den Professor überraschen möchte. Zudem höre ich, dass Friedbert während seines zweiwöchigen Aufenthalts in meinem Gästezimmer logieren will – das ist ja allerhand.
09.00 Uhr Nachdem ich zwei Tassen Kaffee getrunken und vitaminreiche Käsebrote verzehrt habe, tippe ich Frau Pontecorvos Nummer ins NOKIA Handtelefon und erzähle ihr, dass ich Besuch von Admiral a.D. Bürstenbinder erwarte. Meine Nachbarin schlägt entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen und kontert, dass sie unter diesen Umständen ihren Aufenthalt in Jacksonville um mehrere Wochen ausdehnen wird – wie unlöblich.
10.30 Uhr Endlich hat sich mein Pulsschlag normalisiert und ich mache es mir zur Aufgabe, im Gästezimmer für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen. Nachdenklich wische ich mit dem Staublappen über das Mobiliar und komme zu dem Schluss, dass die Silikonfugen an den Fensterzargen erneuert werden müssten
11.30 Uhr Kurz vor der Mittagszeit beende ich die Hausarbeit und nehme mir das Recht heraus, beim “Dominos” Pizzabringdienst anzurufen und eine Pizza mit Schinken, Schwammerl und Extra-Käse zu bestellen. Darüber hinaus ordere ich einen kleinen Salat und bitte die Dame am anderen Ende der Leitung, mein wohlverdientes Mittagessen innerhalb der nächsten dreissig Minuten in den Willoughby Drive zu liefern.
12.15 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse und eine Dose Diät Coca Cola trinke, werfe ich prüfende Blicke in die “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) und lerne, dass die Bürger des Collier County in der kommenden Woche mit kühleren Temperaturen und Regenschauern rechnen müssen. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und lasse Hund Dixon wissen, dass die nächsten zwei Wochen kein Vergnügen werden. Vielleicht wäre es doch gescheiter, Herrn Wang zu kontaktieren und Friedbert im Naples Manor Motel einzuquartieren.
13.00 Uhr Im Anschluss bette ich mich im Wohnzimmer zur Ruhe und träume von meiner nervenaufreibenden Reise quer durch den nordamerikanischen Kontinent.
14.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, komme ich in die Gänge und kruse im frisch aufpolierten Chevrolet Suburban zum “Home Depot” Baumarkt an der Pine Ridge Road. Am Ziel angekommen, sehe ich mich in der Werkstoff Abteilung um und werfe zwei Kartuschen Silikon in den Einkaufswagen. Ferner investiere ich 30 Dollars in ein praktisches Fliegengitter und erkläre der übergewichtigen Marktmitarbeiterin an Kasse Nummer 7, dass man als Hauseigentümer immer etwas zu tun hat.
15.45 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, spucke ich in die Hände und mache mich daran, die Fenstereinfassungen mit Silikon abzudichten. Ausserdem klebe ich das Schutzgitter an und bin mir ziemlich sicher, dass sich Friedbert in meinem Eigenheim pudelwohl fühlen wird.
17.00 Uhr Völlig verschwitzt beende ich die Arbeit und bereite ein nahrhaftes Abendessen in Form lustiger Fischstäbe (unlöblich: Fish Fingers) aus dem Hause “Young’s” zu. Dazu gibt es tiefgefrorenes Buttergemüse sowie ein süffiges Budweiser – das schmeckt.
18.30 Uhr Nachdem ich in der Küche für Hygiene gesorgt habe, lasse ich den Tag bei hunde- und rentnergerechten Fernsehformaten ausklingen. Ich wähle das Qualitätsprogramm von HBO aus und fröne dem Spielfilm “Hop”. Die abendfüllende Hollywoodproduktion handelt vom Sohn des Osterhasen, der das Geschäft seines Vaters übernehmen soll – da kommt Freude auf.
22.00 Uhr Als der Abspann über den Flachbildschirm flimmert, schalte ich gähnend ab und begleite Hund Dixon in den Garten. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.