9. Januar 2013 – Scherriff Bradfort ist nicht bestechlich

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07.30 Uhr Der Radiowecker geht an und reisst mich mit einem Musikbeitrag der aufstrebenden Combo “Florida Georgia Line” aus einem schönen Traum. Ich höre ganz genau hin und erfahre, dass diese Musikbande vor wenigen Wochen ihr erstes Studioalbum veröffentlicht hat – das ist phantastisch.
08.00 Uhr Just als ich Dixons Napf mit Trinkwasser auffülle, poltert Frau Gomez herein und behauptet, dass ihr die viele Arbeit bald über den Kopf wächst. Bevor ich der Reinigungsfachfrau gut zureden kann, holt sie den Staubsauger aus der Abstellkammer und veranstaltet in der kleinen Villa einen Höllenlärm. Ich ziehe mich augenrollend ins Bad zurück und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln – das tut gut.
09.00 Uhr Weil es mir bei diesem Krach nicht möglich ist, eine ruhige Kugel zu schieben, statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab. Frau Pontecorvo bittet mich lächelnd in ihr Eigenheim und zögert nicht, mich zum Frühstück einzuladen. Ich leiste der Guten bei der wichtigsten Mahlzeit Gesellschaft und erörtere, dass Georg und Maria heute nach Fort Myers fahren wollen. Darüber hinaus komme ich auf meine Aktivitäten zu sprechen und kündige an, im Supermarkt abschoppen zu müssen. Meine Gastgeberin nickt eifrig und sagt, dass sie mich begleiten wird – wie schön.
10.15 Uhr Als ich der Dame als Kavalier der alten Schule in den Chevrolet helfe, klingelt plötzlich das NOKIA Handtelefon. Zu allem Überfluss meldet sich Scherriff Bradfort und berichtet, dass er gerade Unfallberichte studiert und auf meinen Namen gestossen ist. Ich seufze laut und gebe vor, am 25. Dezember die Kontrolle über den SUV verloren und einen Wasserhydranten gerammt zu haben. Der Ordnungshüter seufzt laut und sagt, dass mir die Stadtverwaltung den entstandenen Schaden normalerweise in Rechnung stellen muss. Der Scherriff kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und meint, dass er die Anzeige ausnahmsweise unter den Tisch fallen lassen wird. Ich atme tief durch und verspreche, mich erkenntlich zu zeigen und ein Mittagessen zu spendieren. Der Polizist lehnt jedoch ab und entgegnet, dass er sich grundsätzlich nicht bestechen lässt – das soll mir auch Recht sein.
11.15 Uhr Endlich sind wir am Ziel und können einer unterbelichteten Kundin einen Einkaufswagen streitig machen. Obgleich die alte Schachtel (84) wie am Spiess schreit, lassen wir uns die gute Laune nicht verderben und laden diverse Produkte des täglichen Bedarfs ein. Unter anderem werden wir auch an der Fleischtheke vorstellig und bitten die Verkäuferin, ein Pfund Capocollo, luftgetrocknete Salami aus dem sonnigen Italien sowie etwas Mortadella einzupacken – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
12.15 Uhr Kurz nach dem Zwölfuhrläuten verfrachten wir die Einkaufstüten auf die Ladefläche des Chevrolets und entschliessen uns, mit Hund Dixon ins benachbarte “Dairy Queen” (löblich: Molkerei Königin) Gasthaus einzukehren. Während meine Bekannte einen Salat bestellt, ordere ich einen vitaminreichen Cheeseburger (löblich: Käseburger) mit Fritten. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf meine anstehende Urlaubsreise zu sprechen und erwähne, dass ich in fünf Tagen abfliegen und eine wunderschöne Woche in Puerto Rico verbringen werde.
13.00 Uhr Redlichst gestärkt machen wir uns auf den Heimweg. Ich steuere den PS-strotzenden SUV sicher durch den dichten Mittagesverkehr und freue mich auf ruhige Stunden in der kleinen Villa.
13.30 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, finde ich mein Haus sauber geputzt vor. Da Frau Gomez in der Zwischenzeit weggefahren ist, bette ich mich auf dem Sofa zur Ruhe und strecke zufrieden die Beine aus.
14.30 Uhr Leider wird mein Nickerchen nach wenigen Minuten durch sehr aggressives Telefonschellen gestört. Ich halte mir den Sprechapparat ans Ohr und bin überrascht, Edelberts Stimme zu hören. Der schlaue Mann plappert ohne Unterlass und erzählt, dass er Georg und Maria im “Miromar Outlet Store” (löblich: Miromar Auslass Geschäft) getroffen hat. Als ich grosse Augen mache, fährt der Professor fort, dass er nun mit meinen Verwandten die “Castle Minigolf” Anlage besuchen wird – das ist wieder typisch.
15.00 Uhr Nachdem ich Kaffee aufgebrüht habe, lasse ich mich am Schreibtisch nieder und komme meinen Pflichten als staatlich anerkannter Anschnurseelsorger nach. Im Posteingang finde ich den Brief eines Gaststättenbetreibers aus Marl vor. Herr Erwin D. (33) klagt mir sein Leid und schreibt, dass er 250.000 Euros in eine neue Grossküche investiert hat und jetzt Probleme hat, die horrenden Schulden zu stemmen. Weil ich mich in dieser Branche nicht auskenne, verweise ich auf Sternekoch Christian Rach und rate dazu, mit dem RTL-Restauranttester in Kontakt zu treten. HEUREKA – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
16.00 Uhr Zu guter Letzt schalte ich die Einträge im Gästebuch frei und gehe von der Leine. Da es für das Abendessen noch zu früh ist, scheuche ich Dixon nach draussen und werfe ihm einen Tennisball zu – das macht Spass.
17.00 Uhr Nachdem ich mit der ehemaligen Olympiateilnehmerin Frau Crane ein Fachgespräch über artgemässe Hundehaltung und -pflege gehalten habe, kehre ich in die Villa zurück und bereite eine Brotzeit vor. Der Rüde weicht mir nicht von der Seite und freut sich, als ich seinen Napf mit gekochter Hühnerleber auffülle.
17.30 Uhr Im Anschluss setze ich mich an den Küchentisch und bemerke, dass die Leber sehr gut gelungen ist. Ich würze die gesunden Innereien mit Pfeffer und Salz und bin mir sicher, dass sogar der Jahrhundertkoch Paul Bocuse an dieser Spezialität Gefallen finden würde.
18.30 Uhr Ein nervenaufreibender Tag neigt sich seinem Ende zu. Ich nehme die Geschirrspülmaschine knopfdrückend in Betrieb und falle dann völlig erschöpft aufs Wohnzimmerkanapee, um mir die Abendnachrichten anzuschauen.
19.00 Uhr Anschliessend gebe ich mich der FOX Eigenproduktion “X Files” (auf deutsch: Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI) hin und erfreue mich an den Abenteuern des Ermittlerduos Fox Mulder und Dana Scully.
21.00 Uhr Nach zwei Episoden schalte ich verunsichert ab und laufe mit dem Revolver im Anschlag durchs Haus. Nachdem ich sichergestellt habe, dass sich keine Massenmörder und/oder Ausserirdische in meinem Eigenheim tummeln, gehe ich ins Bett und lese noch etwas in der Bibel. Gute Nacht.

Heute glotze ich Akte X (unlöblich: X Files) – das macht Spass:

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