22. Januar 2019 – Socken und Bermudahose

08.00 Uhr Der Radiowecker springt an und ich habe ein schönes Bob Dylan Lied im Ohr. Als ich mich aus dem Bett schwinge und in Richtung Terrasse aufmache, bimmelt das Telefon besonders laut. Zu meiner Freude meldet sich Georg im Rohr und kündigt an, dass er gegen 10 Uhr in Julies Restaurant sein und anschliessend mit Maria zu den “Miromar Outlet Stores” (löblich: Miromar Auslassgeschäften) in Estero krusen wird. Weil ich keine wichtigen Termine im Kalender verzeichnet habe, merke ich an, dass ich kurzerhand mitkommen werde.
08.30 Uhr Als nächstes telefoniere ich mit Prof. Kuhn und lasse ihn wissen, dass ich um 10 Uhr in Julies Restaurant sein werde. Als ich auf den anstehenden Schoppingausflug zu sprechen komme, juchzt der schlaue Mann laut und verspricht, sich der Reise in die Nachbargemeinde anschliessen zu wollen – das ist prima.
08.45 Uhr Um nicht ungewaschen aus dem Haus gehen zu müssen, verabschiede ich mich ins Bad und erfrische mich bei einem lustigen Wirbelbad. Wie es sich gehört, wasche ich mir die Haare und vergesse auch nicht, mir die Bartstoppeln abzurasieren – immerhin ist gutes Aussehen heutzutage sehr wichtig.


Gutes Aussehen ist sehr wichtig

09.30 Uhr Redlichst herausgewaschen, schlüpfe ich in modische Freizeitkleidung und gebe Hund Dixon zu verstehen, dass wir nun Frau Julie einen Besuch abstatten werden. Der Rüde wedelt aufgeregt mit der Rute und folgt mir spornstreichs zum Chevrolet – das klappt wieder wie am Schnürchen.
10.00 Uhr Überpünktlich erreiche ich mein Zeil und registriere, dass Edelbert, Georg und Maria auch schon vor Ort sind und es sich im Frühstückslokal meines Vertrauens bequem gemacht haben. Ich geselle mich augenblicklich dazu und lasse Bedienung Peggy wissen, dass ich mit einem grossen Frühstück (unlöblich: Big Breakfast) Vorlieb nehmen werde. Die Kellnerin nimmt die Bestellung lächelnd auf und versorgt mich mit einer Tasse Kaffee.
10.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und unsere ausgetrockneten Kehlen ölen, kommt meine Schwägerin plötzlich auf die unschlagbaren Angebote im “Miromar” Schoppingparadies zu sprechen und kündigt an, sich sündteuren Schmuck kaufen zu wollen. Ich nicke eifrig und stelle klar, dass ich Socken sowie eine farbenfrohe Bermudahose benötige – was das wieder kostet.


Ich benötige Socken

11.15 Uhr Um keine Wurzeln zu schlagen, bezahlen wir die Zeche in Bar und kommen überein, dass wir in drei Autos nach Estero krusen sollten. Mein Bruder reibt sich die Hände und sagt, dass er der weltbeste Fahrer ist und uns auf dem Tamiami Trail abhängen wird. Lautlachend helfe ich dem Vierbeiner auf die Ladefläche und schicke mich an, die Hupe zu betätigen und mit durchdrehenden Pneus vom Parkplatz zu preschen – da kommt Freude auf.
12.00 Uhr Nach zwanzig Meilen kommen wir vor dem Einkaufsparadies zum halten und stellen die Autos direkt vor dem Haupteingang ab. Ich schwinge mich voller Elan vom Fahrersitz und gebe meinen Begleitern zu verstehen, dass das schwülwarme Wetter sogar den stärksten Rentner in die Knie zwingt. Prof. Kuhn schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass wir uns als erstes ein Eis kaufen sollten – das ist eine hervorragende Idee.


Miromar Auslassgeschäft in Estero, FL

12.30 Uhr Anschliessend lotst uns Maria in ein Schmuckgeschäft und macht es sich zur Aufgabe, Ohrringe und Halsketten in Augenschein zu nehmen. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und sehne mich in den beschaulichen Willoughby Drive zurück – wo soll das noch hinführen.
13.15 Uhr Nachdem meine Schwägerin ein Fusskettchen für 398 Dollars gekauft hat, statten wir dem “Calvin Klein Underwear” Geschäft einen Besuch ab. Während Edelbert die feilgebotene Damenunterwäsche skeptisch beäugt, wende ich mich Georg zu und merke an, dass mein knurrender Magen nach einer warmen Mahlzeit verlangt. Mein Bruder beruhigt mich sofort und wirft ein, dass wir gleich ins “All American Grill” Gasthaus einkehren werden. Zuvor schnappt sich mein Verwandter jedoch ein Paar Boxershorts vom Regal und zückt seine goldene Kreditkarte.
14.00 Uhr Mit letzter Kraft schleppe ich mich ins gutbesuchte “All American Grill” Restaurant und lasse mich schnaufend an einem schönen Tisch nieder. Ein gestriegelter Kellner lässt nicht lange auf sich warten und überreicht uns die Tageskarten. Nach kurzem Überlegen geben wir vier Steaks (löblich: Schnitzel) mit Buttergemüse und Kartoffeln in Auftrag – das gibt ein Festessen.
15.15 Uhr Nachdem wir die Mahlzeit mit Tiramisu und Schaumkaffees beschlossen haben, geben sich meine Verwandten spendabel und laden uns zu Speis und Trank ein. Danach verlassen wir gestärkt das Restaurant und schlendern an Fachgeschäften vorbei, um nach preiswerten Socken Ausschau zu halten.
16.00 Uhr Schlussendlich werde ich in einer “Bahamas” Filiale fündig und habe das grosse Glück, sechs Paar Socken für lediglich 12 Dollars erwerben zu können. Ferner investiere ich weitere 26 grüne Scheine in eine knielange Bermudahose mit praktischen Seitentaschen – wie aufregend.


Die Zeit schreitet voran

16.30 Uhr Als meine goldene ROLEX halb 5 anzeigt, stehen wir wieder an den Autos. Ich verabschiede mich von Georg und Maria und vernehme, dass die lieben Leute nun zur zum Golf von Mexiko rasen und dort in einem Fischrestaurant den Abend ausklingen lassen wollen – diesen Luxus kann ich mir beim besten Willen nicht leisten.
17.30 Uhr Nach einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt treffe ich endlich zu Hause ein und freue mich auf einen besinnlichen Fernsehabend. Da Dixon hungrig ist, fülle ich seinen Napf mit Trockenfutter auf und nehme selbst mit reichbelegten Sandwiches (unlöblich: Wurstbroten) Vorlieb.

18.30 Uhr Nachdem ich die Hausarbeit hinter mich gebracht habe, lege ich in der guten Stube die Beine hoch und folge bierschlürfend den FOX Nachrichten. Da ausnahmsweise keine brechenden Neuigkeiten (unlöblich: Breaking News) vorliegen, wechsle ich alsbald auf SHOWTIME, um mich der neuangelaufenen Serie “Black Monday” (löblich: Schwarzer Montag) hinzugeben. Das mehrteilige Fernsehspiel erzählt vom Niedergang der amerikanischen Börse im Oktober 1987. Wie jedes Kind weiss, fiel damals der sogenannte Dow Jones Index innerhalb von nur 24 Stunden um 600 Punkte und trief viele Unternehmen in den Ruin – wie furchtbar.
21.00 Uhr Nach zwei heiteren Episoden beende ich den Fernsehabend und begleite Hund Dixon ein letztes Mal in den Garten. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und falle gähnend ins Bett. Gute Nacht.