08.00 Uhr Ich öffne die Augen und fühle mich wegen des subtropischen Klimas wie gerädert. Trotz der grossen Hitze schwinge ich mich pflichtbewusst aus dem Bett und läute den Morgen mit dem Frühsport auf der Terrasse ein. Nebenher tratsche ich mit Herrn Booth und vernehme, dass seine Nichte Melody bald in Naples eintreffen und einige Wochen im Nachbarhaus wohnen wird. Der Vietnamveteran versorgt mich mit Fakten und erzählt, dass die 34jährige immer noch im “Grossen Apfel” (unlöblich: Big Apple) als Karikaturistin arbeitet und mittlerweile beim renommierten “Condé Nast Verlag” angestellt ist. Ich mache grosse Augen und erinnere mich, dass in besagtem Verlagshaus unter anderem das “New Yorker” Magazin erscheint – wie aufregend.
08.30 Uhr Weil mein Magen eigenartige Knurrlaute von sich gibt, kehre ich schnaufend in die kleine Villa zurück und nehme die futuristische DeLonghi Kaffeemaschine in Betrieb. Danach verschwinde ich im Bad und entspanne mich bei einem erfrischenden Wirbelbad – da kommt Freude auf.
Mein Zuhause unter Palmen
09.30 Uhr Just als ich mich abtrockne, klingelt es an der Türe und ich kann Georg und Maria herzlich Willkommen heissen. Meine Verwandten begrüssen mich überschwänglich und präsentieren eine prallgefüllte Gebäckschachtel aus der “Biscotti Farrugia” Bäckerei. Wie es sich gehört, winke ich die netten Menschen herein und lasse mir spornstreichs ein mit Sahne und Früchten gefülltes Cannoli schmecken.
Cannolis schmecken prima
10.00 Uhr Während wir die wichtigste Mahlzeit des Tages in der klimatisierten Stube einnehmen, kommt mein Bruder auf seinen morgendlichen Abstecher in den “Home Depot” Baumarkt zu sprechen und verrät, dass er sich eine nagelneue Heckenschere geleistet hat. Meine Schwägerin nickt eifrig und ermutigt mich, die Kletterrosen an der Hausfassade schleunigst zu stutzen. Bevor ich antworten kann, fällt mir Georg ins Wort und beteuert, dass er grosse Lust hätte, mir bei der Gartenarbeit zur Hand zu gehen – das hat gerade noch gefehlt.
11.00 Uhr Nach der Jause flitzt Georg wie vom Blitz getroffen zu seinem JEEP, um die Gartenschere hervorzuholen. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und bemerke, dass das Schneidewerkzeug mit einer gehärteten Klinge sowie mit besonders stabilen Profilgriffen ausgestattet ist. Georg schenkt mir ein Lächeln und macht es sich zur Aufgabe, die abgestorbenen Triebe des Rosengewächs zu stutzen. Unterdessen drücke ich Maria einen Besen in die Hand und beauftrage sie, den Eingangsbereich zu kehren – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
11.30 Uhr Während meine Verwandten bei schweisstreibenden 90°F (31°C) hart schuften, genehmige ich mir ein Bier und statte Frau Pontecorvo einen Besuch ab. Ich treffe meine Nachbarin in der Küche an und werde Zeuge, wie sie eine vitaminreiche Eistorte aus dem Kühlschrank holt. Die Perle leckt sich die Lippen und meint, dass sie nun Kaffee aufbrühen und Georg sowie Maria zu einem geselligen Kränzchen einladen wird – das soll mir Recht sein.
Georg und Herr Wang spielen Golf
12.30 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten winke ich die Beiden zum Nachbarshaus und merke an, dass wir am Nachmittag den Rasen mähen und abgefallene Palmwedel aufsammeln könnten. Georg schüttelt jedoch den Kopf und kündigt an, dass er gegen 15 Uhr mit Herrn Wang auf dem Golfplatz verabredet ist. Darüber hinaus redet Maria ohne Unterlass auf mich ein und verdeutlicht, dass morgen ein weiterer Ausflug ansteht. Ich spitze die Ohren und lerne, dass meine Verwandten ins Landesinnere krusen wollen – das ist mir Wurst.
13.45 Uhr Nachdem die netten Leute das Weite gesucht haben, wünsche ich Frau Pontecorvo einen geruhsamen Nachmittag und verabschiede mich nach nebenan. Gähnend bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und döse prompt ein, um von meinem Abstecher zur Berkeley Universität zu träumen – das war eine Gaudi.
14.45 Uhr Ich werde alsbald durch lautes Bellen geweckt und sehe mich genötigt, die Terrassentüre zu öffnen. Während Dixon behäbig in den Garten trabt, nehme ich kaffeeschlürfend am Schreibtisch Platz und nutze die Ruhe, um mich der wichtigen Anschnurseelsorge hinzugeben. Obgleich es unerträglich heiss ist, nehme ich die unzähligen elektronischen Briefe in Augenschein und helfe, wo ich nur kann.
Hund Dixon ist brav
15.45 Uhr Sechzig Minuten später beende ich die Anschnursitzung und breche mit dem Vierbeiner zu einem erquickenden Gassigang durchs Wohngebiet auf. Unter anderem passiere ich das heruntergekommene Zuhause von Familie Connor und werde Zeuge, wie der jüngste Spross der asozialen Familie Photos mit seinem Handtelefon knipst. Natürlich spreche ich Francis sogleich an und lasse ihn wissen, dass er weder mich, noch mein kultiviertes Eigenheim ablichten darf – wo kämen wir denn da hin.
16.45 Uhr Endlich bin ich wieder dahoam und mache mich in der Küche nützlich. Ich erwärme tiefgefrorenen Spinat und zaubere dazu köstliche Bratkartoffeln und Spiegeleier – wie das duftet.
17.45 Uhr Nach der Jause fülle ich ROYAL CANIN Trockenfutter in Dixons Napf und vergesse auch nicht, die Geschirrspülmaschine knopfdrückend in Betrieb zu setzen – Ordnung und Sauberkeit sind mir sehr wichtig.
18.15 Uhr Ein anstrengender Tag neigt sich langsam seinem Ende zu. Da mein Rücken von der Gartenarbeit schmerzt, falle ich erschöpft aufs Wohnzimmerkanapee und schaue mir die Nachrichten an. Ferner telefoniere ich mit Edelbert und informiere, dass ich heute viel um die Ohren hatte. Der schlaue Mann zeigt Verständnis und schlägt vor, dass wir uns morgen zum Frühstück treffen könnten – das hört sich verlockend an.
19.00 Uhr Nachdem ich auf den neuesten Stand gebracht wurde, wechsle ich auf HBO und erfreue mich am Gruseldrama “Cargo”. Während das Bier in Strömen fliesst, tauche ich in die Welt von Andy und Kay ein, die mit ihrer Tochter nach einer Zombie-Apokalypse zurückgezogen auf einem Hausboot leben – das ist ja allerhand.
21.00 Uhr Nach zwei Stunden schalte ich die Glotze gähnend aus und führe Hund Dixon noch einmal durch den Garten. Anschliessend lösche ich das Licht und lege mich schlafen. Gute Nacht.