16. November 2017 – Ins Theater gehe ich nicht

08.00 Uhr Ein neuer Tag beginnt und auch heute beschert uns Petrus einen sonnigen Morgen. Während sich die Palmen hinter der kleinen Villa sanft im Wind wiegen, trete ich auf die Terrasse und absolviere den Frühsport. Hund Dixon folgt meinem Beispiel und streckt sich ebenfalls ausgiebig – das macht Spass.
08.30 Uhr Anschliessend lasse ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln und erhalte einen Anruf von meiner Putzfrau. Frau Gomez plappert ohne Unterlass und erzählt, dass sie gestern wegen einer wichtigen Familienangelegenheit leider nicht kommen konnte. Darüber hinaus bringe ich in Erfahrung, dass die Perle innerhalb der nächsten Stunde im Willoughby Drive vorstellig werden und den Staubwedel schwingen wird. Ich gebe mich erleichtert und sichere der kleinen Frau zu, ihr beim Hausputz zur Hand zu gehen.


Die Putzperle rückt an

09.30 Uhr Nach der Morgenwäsche schlüpfe ich in legere Freizeitkleidung und rufe kurzerhand bei meinen Verwandten an. Georg meldet sich nach dem zweiten Tuten und berichtet, dass er heute mit Robert und Jessica den Tiburon Golfplatz besuchen wird. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und lote aus, ob wir am Abend grillen wollen. Abermals erteilt mir mein Bruder eine Absage und kündigt an, dass er Karten für eine Theatervorstellung ordern möchte. Als ich genauer nachfrage, bestätigt der gute Mann, dass derzeit im örtlichen “Tobye Studio” das Stück “Maple & Vine” gezeigt wird – wie langweilig.
10.00 Uhr Just als Frau Gomez die Türe aufstösst, beende ich das Telefonat und ärgere mich masslos. Selbstverständlich lasse ich die Putzperle an meinen Problemen teilhaben und merke an, dass ich mich wie das fünfte Rad am Wagen fühle. Die mexikanische Reinigungsfachfrau zuckt mit den Schultern und macht es sich zur Aufgabe, Wasser in einen Eimer zu füllen und den Küchenboden zu wischen. Währenddessen nehme ich die wichtigste Mahlzeit des Tages ein und fasse den Entschluss, zum WINN DIXIE zu krusen.
10.45 Uhr Kurz vor dem Elfuhrläuten scheuche ich Dixon zum PS-strotzenden SUV und schicke mich an, hupend vom Grundstück zu brettern. Unterdessen kontaktiere ich Prof. Kuhn und vernehme, dass der schlaue Mann einem Zahnarzttermin nachkommen und mich leider nicht begleiten kann – gleich platzt mir der Kragen.
11.15 Uhr Am Ziel angekommen, mache ich einer störrischen Rentnerin einen Einkaufswagen streitig und schiebe das Gefährt vogelzeigend durch die breiten Gänge. Ruckzuck wähle ich Produkte des täglichen Bedarfs aus und stehe alsbald vor einer Werbedame, die mir einen neuen Brotaufstrich schmackhaft machen möchte. Die kleine Frau hält mir ein Stück Brot unter die Nase und beteuert, dass der Brotaufstrich aus Kichererbsen, Oliven und Sardellen hergestellt wurde – pfui Teufel.


Ich bezahle per Bezahlkarte

12.00 Uhr Nachdem sich ein stattlicher Haufen im Einkaufswagen angesammelt hat, schlendere ich zur Kasse und stelle mit grosser Sorge fest, dass sich eine lange Warteschlange gebildet hat. Weil ich meine Zeit nicht gestohlen habe, dränge ich mich vor und lasse die anderen Kunden wissen, dass ich Chirurg bin und schnellstmöglich zur Klinik fahren muss. Um nicht diskutieren zu müssen, zücke ich meine prallgefüllte Geldbörse und überreiche der dicken Kassiererin meine praktische Kreditkarte.
12.45 Uhr Nachdem ich die schweren Einkaufstüten zum Auto geschleppt habe, kehre ich mit dem Vierbeiner in die benachbarte “Dairy Queen” (löblich: Molkerei Königin) Gaststätte ein. Völlig erschöpft werde ich an der Essensaugabe vorstellig und ordere eine Diät Cola sowie zwei Käseburger mit Fritten – das schmeckt.
13.30 Uhr Mit vollem Magen verlasse ich die Wirtschaft und helfe Dixon auf die Ladefläche des Chevrolets. Im Anschluss lasse ich den Motor aufheulen und gleite zufrieden in Richtung Willoughby Drive davon. Während der kurzweiligen Ausfahrt fröne ich dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und erfreue mich an einer nagelneuen Lee Ann Womack Komposition – da kommt Freude auf.


Katze Land – der beste Radiosender

14.00 Uhr Wieder zurück in meinem Zuhause, räume ich die Lebensmittel in den Kühlschrank und bette mich dann auf dem Kanapee zur Ruhe. Alsbald schlummere ich ein und träume von meiner unterbelichteten Mieterin.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag zu vertrödeln, reibe ich mir den Schlaf aus den Augen und nehme am Schreibtisch Platz. Unter anderem nehme ich die neuesten Einträge im Gästebuch in Augenschein und vergesse auch nicht, Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter zu beantworten. Just als ich mich den Problemen einer 66jährigen Seniorin aus München annehme, bimmelt das Telefon besonders laut. Zu allem Überfluss meldet sich mein Bruder im Rohr und lotet aus, ob ich am Abend nicht doch mit ins Theater kommen möchte. Natürlich lehne ich dankend ab und stelle klar, dass ich den lauen Abend gemütlich in der kleinen Villa verbringen werde.
16.00 Uhr Vogelzeigend gehe ich von der Leine und begleite den Rüden in den Garten, um etwas Ball zu spielen. Dummerweise kommt wenig später Frau Pontecorvo dazu und sagt, dass sie morgen zum “Miromar Outlet Store” (löblich: Miromar Auslassgeschäft) krusen wird – was muss ich denn noch alles ertragen.


Die Petersilie wächst und gedeiht

17.00 Uhr Nachdem ich die Petersilie mit Wasser versorgt habe, begebe mich in die Küche und koche italienische Landnudeln auf. Dazu gibt es eine feine Tomatensauce und handgeriebenen Parmesankäse – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nach dem Abendessen lasse ich im Wohnzimmer die Seele baumeln und gebe mich den Nachrichten auf FOX hin. Ich informiere mich über die Geschehnisse in der Welt und lerne, dass in der kommenden Woche Thanksgiving (löblich: Erntedankfest) gefeiert wird – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem NETFLIX Angebot Vorlieb und schaue mir die lächerliche Kriminalkomödie “Handsome” an. Die Produktion handelt von einem in die Jahre gekommenen Polizisten, der genötigt wird, den Mord an einer Kleinkindhüterin (löblich: Babysitterin) aufzuklären – so ein Schmarrn.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Langeweile schalte ich den neumodernen Flachbildschirm aus und lösche sämtliche Lichter. Danach wünsche ich Dixon angenehme Träume und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.