08.00 Uhr Beschwingt durch die Musik des kanadischen Sangeskünstlers Daniel Romano rolle ich mich aus dem Bett und ärgere mich, weil es wie aus Kübeln schüttet. Ich kratze mich am Haaransatz und erkläre dem Vierbeiner, dass man bei diesem Sauwetter nicht hinaus gehen kann. Hund Dixon zeigt Verständnis und hüpft deprimiert aufs Kanapee, um einen Kauknochen zu verdrücken – wie schön.
Dixon knabbert etliche Kauknochen
08.30 Uhr Just als ich Wasser in den futuristischen DeLonghi Kaffeevollautomaten einfülle, bimmelt das Telefon besonders laut. Zu meiner Freude meldet sich Edelbert im Rohr und informiert, dass sein Knieoberseitenheimrechner (unlöblich: Laptop) den Geist aufgegeben hat. Ich frage genauer nach und bringe heraus, dass das Gerät den Ladevorgang nach wenigen Sekunden abbricht und komische Pieplaute von sich gibt. Darüber hinaus kündigt der gute Mann an, mir bald einen Besuch abzustatten und den Heimrechner mitzubringen. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich auch Georg und Maria zum Frühstück einladen werde.
08.45 Uhr Nachdem ich mit meinen Verwandten telefoniert habe, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Nebenher navigiere ich mit dem iPad durchs Internetz und nehme mir das Recht heraus, die aktuellen Neuigkeiten auf einschlägigen Portalen wie CNN.com und foxnews.com zu studieren.
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten kleide ich mich an und werde beim Blick durchs Fenster Zeuge, wie meine Verwandten und der Professor zeitgleich vor der kleinen Villa vorfahren. Da es noch immer regnet, eile ich zur Pforte und bitte die lieben Leute herzlich herein. Mein Bruder legt besonders schlechte Laune an den Tag und meint, dass er gute Lust hätte, seine Koffer zu packen und nach Kanada auszufliegen. Ich lege meinen Kopf schief und erfahre von Maria, dass der Wetterdienst bis zum Freitag anhaltende Regenfälle voraussagt – wie schrecklich.
Meine Verwandten wollen nach Kanada ausfliegen
10.15 Uhr Um den Gästen eine Freude zu machen, decke ich den Esstisch mit dem Porzellangeschirr ein und serviere vitaminreiche Speckstreifen, Rühreier sowie in mundgerechte Stücke geschnittenes Obst. Während meine Verwandten kraftvoll zubeisse, wende ich mich Edelbert zu und verspreche, dass ich mich nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages seinen Problemen annehmen werde.
11.00 Uhr Während Maria den Abwasch erledigt, verabschiede ich mich ins Wohnzimmer und klappe den Bildschirm des DELL Geräts auf. Anschliessend betätige ich den START Knopf, um nach wenigen Sekunden eine Fehlermeldung auf dem Monitor zu entdecken. Ruckzuck verfrachte ich Edelberts VISTA Kompaktscheibe ins Laufwerk und wähle den Menüpunkt “Systemwiederherstellung” aus – das kann ja heiter werden.
11.30 Uhr Da das in die Jahre gekommene Arbeitsgerät ohne Unterlass surrt, kehre ich in die Küche zurück und nehme mir das Recht heraus, ein Fläschchen Veuve Clicquot Schaumwein zu köpfen. Zudem rate ich dem Professor, sich schleunigst einen neuen Laptop zuzulegen. Mein Bekannter schüttelt jedoch den Kopf und meint, dass ihm das nötige Kleingeld für eine Neuanschaffung fehlt. Mein Bruder hat nur Hohn und Spott übrig und behauptet, dass wir stattliche Renten beziehen und wie die Maden im Speck leben – gleich platzt mir der Kragen.
Wir beissen kraftvoll zu
12.15 Uhr Während wir uns Sandwiches (löblich: Wurstbrote) schmecken lassen, kommt mein Bruder plötzlich auf das Telefonat mit Robert Pfaffenberg zu sprechen und setzt und darüber in Kenntnis, dass unser Grosscousin im Herbst mit seiner Ehefrau nach Florida ausfliegen möchte. Ich reibe mir die Hände und freue mich schon, mit dem Texaner Wiedersehen zu feiern. Maria schenkt mir ein Lächeln und erinnert, dass sich für den Sommer ausserdem mein unlöblicher Neffe angekündigt hat. Ich bekreuzige mich augenblicklich und merke an, dass ich mit Guido kein einziges Wort wechseln werde – wo kämen wir denn da hin.
13.00 Uhr Nach neunzig Minuten werfe ich prüfende Blicke auf den Laptopbildschirm und stelle fest, dass sich das Fensterbetriebssystem mittlerweile selbst repariert hat. Edelbert atmet tief durch und unterbreitet, dass er nun seinen Aufsatz zu Ende schreiben und am Abend mit seinem Sohn skypen kann – wie schön.
14.00 Uhr Nachdem wir das Schaumweinfläschchen geleert haben, begleite ich die Gäste zur Haustüre und informiere, dass ich nun dem Regen trotzen und einen Spaziergang mit Dixon unternehmen werde. Mein Bruder wünscht mir viel Vergnügen und hüpft winkend in den JEEP. Im Anschluss verabschiede ich mich von Edelbert und vernehme, dass er mich morgen gerne in Julies Restaurant einladen möchte – dazu sage ich nicht Nein.
15.00 Uhr Nach einem kleinen Gassigang durchs Wohngebiet kehre ich völlig durchnässt in mein Zuhause zurück. Wie es sich gehört, trockne ich Dixons Fell mit einem Handtuch ab und fülle seinen Napf mit Trockenfutter auf. Danach bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und döse prompt ein.
Dixon ist traurig
16.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und setze mich kaffeeschlürfend an den Schreibtisch, um mit der Anschnurseelsorge zu beginnen. Während ich hart schufte und besorgten Heimseitenbesuchern helfe, trottet Dixon mit hängendem Kopf durchs Haus und schiebt einen Tennisball über den Fliesenboden. Ich streichle dem Racker über den Kopf und ermutige ihn, sich mit seinen quietschenden Spielsachen zu beschäftigen.
17.00 Uhr Nachdem ich mein Werk vollbracht habe, richte ich eine kleine Wurstplatte an und garniere die Jause mit lustigen Gewürzgurken aus dem Glas – das keusche Auge isst schliesslich immer mit.
18.00 Uhr Endlich beginnt der wohlverdiente Feierabend. Ich mache es mir neben dem Haustier auf dem Sofa bequem und gebe mich den Nachrichten auf FOX hin. Unter anderem lerne ich, dass Morgen vor 172 Jahren Andrew Jackson, seines Zeichens siebter Präsident der Vereinigten Staaten, verstorben ist – wie traurig.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, schalte ich auf HBO um und fröne dem spanischen Kriminalfilm “The Invisible Guest” (löblich: Der unsichtbare Gast). Der Thriller erzählt in bunten Bildern die Geschichte eines Geschäftmannes, der verdächtigt wird, seine Lebensgefährtin ermordet zu haben – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel beende ich den Fernsehabend und scheuche Dixon ins Schlafzimmer. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und gehe ins Bett. Gute Nacht.