08.00 Uhr Beschwingt hüpfe ich aus dem Bett und ärgere mich, noch immer keinen Christbaum in der guten Stube stehen zu haben. Weil in der nächsten Woche das Christkind Geschenke bringen wird, klatsche ich in die Hände und lasse Hund Dixon wissen, dass wir in Bälde zum HOME DEPOT Baumarkt krusen werden.
08.30 Uhr Obgleich mein Magen knurrt, verabschiede ich mich ins Bad, um die Wirbelbadewanne mit lauwarmen Wasser aufzufüllen. Anschliessend lasse ich meine strapazierten Glieder ordentlich durchmassieren und denke daran, wie schön es doch werden wird, in vier Tagen meine Familie wiederzusehen. Ich seufze laut und komme zu dem Schluss, dass ich am Samstag unbedingt eine Grillfeier veranstalten sollte. Um Nägel mit Köpfen zu machen, telefoniere ich mit Edelbert und stelle klar, dass ich mich ausser Stande sehe, die Vorbereitungen alleine zu treffen. Der schlaue Mann zeigt Verständnis und verspricht, im Laufe der Woche alkoholische Getränke einzukaufen.
Edelbert will alkoholische Getränke einkaufen
09.30 Uhr Ich beende den Badespass und schlüpfe in eine legere Bermudahose sowie ein farbenfrohes Hawaiihemd. Danach nehme ich entspannt am Küchentisch Platz und führe mir gesunde KELLOGGS Zerealien mit frischer Muh zu Gemüte. Ferner trinke ich Kaffee und segle mit dem praktischen iPad auf die Internetzpräsenz des HOME DEPOT Baumarkts. Schnell werde ich fündig und erfahre, dass ein künstlicher Weihnachtsbaum mit zirka 180 Dollars zu Buche schlagen wird – gleich platzt mir der Kragen.
10.15 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und scheuche den Vierbeiner zum PS-strotzenden SUV. Nachdem ich mir einen Kaugummi in den Mund gesteckt habe, presche ich mit quietschenden Pneus aus der Garage und übersehe dabei fast das achtlos auf der Strasse abgestellte Fahrrad des Nachbarjungen. Ich schimpfe wie ein Bierkutscher und erkläre Dixon, dass Francis ein besonders unordentlicher Bube ist.
11.00 Uhr Pünktlich zum Elfuhrläuten finde ich mich im Baumarkt wieder und schlendere mit dem Haustier im Schlepptau in die Dekorationsabteilung. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, spreche ich einen dunkelhäutigen Mitarbeiter an und erwähne, dass auf der Home Depot Heimseite ein künstlicher Weihnachtsbaum für 179 Dollars feilgeboten wird. Der Neger (31) schüttelt jedoch den Kopf und entgegnet, dass das Modell “Rudolph” ausverkauft ist. Stattdessen deutet der Knecht zu einem Ausstellungsstück und beteuert, dass der 7 Fuss (2 Meter 10 Zentimeter) hohe “Splendor Christmas Tree” mit 660 LED Lichtern ausgestattet ist und 399 Dollars kostet. Ich krümme mich vor Lachen und antworte, dass ich keinen Goldesel im Vorgarten stehen habe. Der Verkäufer zuckt mit den Schultern und meint, dass andere Exemplare wesentlich teurer sind – wie furchtbar.
Es weihnachtet sehr
11.30 Uhr Schlussendlich hieve ich einen Karton in den Einkaufswagen und begebe mich nörgelnd zur Kasse. Da ich zu wenig Bargeld eingesteckt habe, lege ich meine praktische Meisterkarte (unlöblich: Master Card) vor und begleiche die Rechnung mit meinem guten Namen.
12.00 Uhr Zurück am Auto, schiebe ich den Karton auf die Ladefläche und animiere Dixon, es sich auf dem Rücksitz bequem zu machen. Im Anschluss fahre ich zügig vom Parkplatz und spiele mit dem Gedanken, während der Nachmittagsstunden den Baum festlich zu schmücken – da kommt Freude auf.
12.30 Uhr Zuhause angekommen, schiebe ich eine Thunfischpizza in den Backofen und nehme mir das Recht heraus, Frau Pontecorvo über meine Tagesaktivitäten in Kenntnis zu setzen. Meine Nachbarin reibt sich die Hände und kündigt an, dass sie mir in eineinhalb Stunden einen Besuch abstatten wird – wie schön.
13.00 Uhr Redlichst gestärkt falle ich aufs Kanapee und lege die Füsse hoch. Im Handumdrehen schlummere ich ein und träume vom letztjährigen Weihnachtsfest im fernen Kanada – das war eine Gaudi.
14.00 Uhr Ich werde durch ohrenbetäubendes Schellen geweckt und freue mich, Frau Pontecorvo vor der kleinen Villa anzutreffen. Natürlich winke ich die Perle herein und mache es mir zur Aufgabe, den künstlichen Christbaum aus der Verpackung zu nehmen. Meine Nachbarin staunt Bauklötze und unterbreitet, dass das Bäumchen wunderschön ist. Ich wische mir mit dem Handrücken über die nasse Stirn und zögere nicht, in die Garage zu eilen und den Weihnachtsschmuck hervorzuholen.
14.45 Uhr Als Frau Pontecorvo handbemalte Glaskugeln an die Äste hängt, studiere ich die Gebrauchsanweisung und lerne, dass man die LED Beleuchtung in verschiedenen Farben blinken lassen kann. Spornstreichs nehme ich die Fernbedienung zur Hand und habe das Vergnügen, aus 42 Blinkprogrammen auswählen zu können. Frau Pontecorvo wirft mir skeptische Blicke zu und bittet mich, diesen Unsinn sein zu lassen.
15.30 Uhr Nach eineinhalb Stunden haben wir unser Werk vollbracht. Zu guter Letzt stecke ich einen Rauschgoldengel auf die Baumspitze und vergesse auch nicht, etliche Wunderkerzen anzubringen. Meine Nachbarin schenkt mir ein Lächeln und ist sich sicher, dass meine Familie begeistert sein wird – wie wahr.
Wir essen Käsekuchen – schmeckt gar nicht schlecht
16.00 Uhr Während wir gemütlich auf der schattigen Terrasse sitzen und Käsekuchen verzehren, komme ich auf die Willkommensfeier am Samstag zu sprechen und erörtere, dass ich mich in vier Tagen als Grillmeister beweisen werde. Meine Tischnachbarin freut sich und bittet mich, köstliche Salsiccia Würste in der Satreales Metzgerei zu besorgen – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.
17.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, Frau Pontecorvo zu verabschieden. Als Kavalier der alten Schule führe die Dame zur Grundstücksgrenze und wünsche ihr einen ruhigen Abend. Anschliessend koche ich in der Küche italienische Langnudeln (unlöblich: Spaghetti) auf und zaubere dazu ein würziges Pesto Sösschen aus dem Glas.
Langnudeln mit Pesto
18.00 Uhr Nach dem Abendessen strecke ich in der klimatisierten Stube die Beine aus und lasse mir Cheese Christmas Cookies (löblich: Käse Weihnachtskekse) aus dem WINN DIXIE Supermarkt schmecken. Nebenbei folge ich interessiert den FOX Nachrichten und mache mich über die tagesaktuellen Geschehnisse in der Welt schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf AMC und erfreue mich an der seichten Komödie “St. Vincent”. Ich amüsiere mich köstlich und werde Zeuge, wie sich der trinkfeste Vincent mit dem jugendlichen Oliver anfreundet.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung schalte ich den Flachbildschirm aus und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich die Lichter am Christbaum und lege mich schlafen. Gute Nacht.