15. Oktober 2012 – Mittagessen mit Frau Brandie

07.30 Uhr Eine neue Woche beginnt und ich hüpfe gähnend aus dem Bett. Da uns Petrus wohlgesonnen ist und mit schwülwarmen Temperaturen jenseits der 75°F Grenze verwöhnt, eile ich mit nacktem Oberkörper auf die Terrasse, um die Morgengymnastik zu absolvieren. Dummerweise kommt just in diesem Augenblick Frau Pontecorvo dazu und ermutigt mich, bei der nächsten Ausgabe der beliebten Fernsehschau “America’s Most Smartest Model” (löblich: Amerikas elegantestes Modell) teilzunehmen – papperlapapp.
09.00 Uhr Nachdem ich mich bei einem Wirbelbad entspannt habe, setze ich mich an den Küchentisch und bemerke, dass eine Kurzmitteilung auf dem neumodischen NOKIA Handtelefon eingegangen ist. Ich überfliege die Zeilen argwöhnisch und bringe heraus, dass es Mieterin Sandra kaum noch erwarten kann, am 22. Oktober über den grossen Teich zu fliegen – wie unlöblich. Ich greife mir nörgelnd an die Schläfe und bin sicher, dass die kommenden Wochen sehr anstrengend werden.
10.00 Uhr Als ich das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine räume und kraftvoll in einen Apfel aus dem Nachbarstaat Georgia beisse, schellt es an der Türe. Zu allem Überfluss steht Prof. Kuhn vor dem Haus und sagt, dass wir pünktlich zum Mittagsläuten seine ehemalige Nachbarin Brandie Cream in der “Ridgway Bar & Grill” Gastwirtschaft treffen werden. Ich bitte Edelbert höflich herein und erwidere, dass ein durchgebratenes Schnitzel (unlöblich: Steak) gerade Recht kommt. Mein Bekannter folgt mir in den Garten und plappert davon, dass Frau Cream vor vierzehn Tagen ihren Tschob bei “Chubby Burger” gekündigt hat und nun wieder als Kindergärtnerin arbeitet.
10.45 Uhr Während ich Hund Dixon Stöckchen zuwerfe, erfahre ich weiter, dass sich die Maid einen spritsparenden Kleinwagen geleistet hat und seit wenigen Tagen stolze Besitzerin eines “Nissan Versa” ist – wie schön.
12.00 Uhr Pünktlich auf die Minute betreten wir die “Ridgway” Grillwirtschaft und freuen uns, Frau Cream an einem Fenstertisch anzutreffen. Natürlich setzen wir uns sogleich dazu und ordern bei einer schlechtgelaunten Kellnerin mit roten Haaren süffiges Bud Light (löblich: Leicht) sowie vitaminreiche Fleischgerichte mit Kartoffelstäben und Krautsalat. Unterdessen tratschen wir angeregt mit Brandie und hören, dass sie sehr glücklich ist, in der St. Ann Catholic School (löblich: Sankt Anna Katholische Schule) als Kinderpflegerin zu arbeiten.
13.00 Uhr Zum Abschluss der opulenten Mahlzeit bestellen wir italienische Schaumkaffees (unlöblich: Cappuccinos) und hausgemachten Käsekuchen. Nebenher lasse ich meine Tischnachbarn wissen, dass ich in der nächsten Woche eine Grillfeier ausrichten werde. Frau Cream schenkt mir ein Lächeln und zögert nicht, ihre Telefonnummer auf eine Papierserviette zu kritzeln.
14.00 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, setze ich dem Vierbeiner eine Portion ROYAL CANIN Trockenfutter sowie frisches H²O vor. Danach falle ich völlig erschöpft aufs Kanapee und strecke genüsslich die Beine aus – das tut gut.
15.00 Uhr Nach einer kleinen Pause komme ich wieder in die Gänge und mache es mir zur Aufgabe, leidgeprüften Menschen zu helfen. Während ich mit der Anschnurseelsorge beschäftigt bin, trudelt plötzlich eine elektronische Depesche meines ehemaligen Studienkollegen ein. Thomas Kronach meldet sich aus dem grossen Apfel und teilt mir freudig mit, dass er Ende Oktober im Sonnenscheinstaat zu tun hat und die Gelegenheit nutzen wird, mir einen Besuch abzustatten. Ich reibe mir die Hände und gebe in meinem Antwortschreiben bekannt, dass er unter anderem das Vergnügen haben wird, auch Sandra in meiner kleinen Villa anzutreffen.
17.00 Uhr Ein langer Tag neigt sich seinem Ende zu. Um nicht zu verhungern, rufe ich Hund Dixon in die gute Stube herein und mache mich daran, Langnudeln mit Pesto zuzubereiten. Dazu gibt es einen bunten Salatteller mit Oliven und perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – wie gut das duftet.
18.30 Uhr Nachdem ich aufgegessen habe, leiste ich Dixon im Wohnzimmer Gesellschaft und informiere mich über den gestrigen Stratosphärensprung des österreichischen Extremsportlers Felix Baumgartner. Darüber hinaus fröne ich auf dem SY-FY Kanal dem Schwarz-Weiss Klassiker “Night of the Living Dead” (löblich: Nacht der lebenden Toten) und werde Zeuge, wie Untote aus ihren Gräbern steigen und eine Kleinstadt in Pennsylvania terrorisieren – wie aufregend.
21.00 Uhr Kopfschüttelnd schalte ich den Flachbildschirm aus und unternehme einen kleinen Rundgang durch den Garten. Anschliessend gehe ich zu Bett und schmökere in Ronald Reagans aufschlussreicher Biografie “An American Life” (löblich: Ein amerikanischen Leben). Gute Nacht.