07.45 Uhr Eine neue Woche beginnt und ich freue mich, noch immer in meiner alten Heimat zu sein. Obgleich es bitterkalt ist, stehe ich auf und stähle ich meine Muskeln an der frischen Luft – das tut gut.
08.15 Uhr Während Edelbert echten Bohnenkaffee aufbrüht, studiere ich die Morgenzeitung und lerne, dass die Deutsche Post morgen ihren Fernbusverkehr aufnehmen wird. Ich staune nicht schlecht und lese, dass Reisende ab dem 1. Oktober zweimal täglich mit einem Omnibus von Köln nach München fahren können. Ziel ist es, bis zum kommenden Frühjahr die 30 grössten Städte miteinander zu verbinden. Edelbert hat nur Hohn und Spott übrig und ist sich sicher, dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist – das ist mir Wurst.
09.00 Uhr Nachdem ich zwei Butterbrezn sowie Haferflocken mit frischer Muh gegessen habe, verabschiede ich mich ins Badezimmer und lasse die Wanne mit heissem Wasser vollaufen. Nebenbei telefoniere ich mit Sandra und gebe zu Protokoll, dass ich heute vorbeikommen und ihr bei der Gartenarbeit helfen werde.
10.00 Uhr Während Edelbert zu Hause bleibt, nehme ich den Vierbeiner an die Leine und laufe auf Schusters Rappen zum Waldweg. Unter anderem komme ich auch durch die Rosenstrasse und bemerke, dass hier immer noch langhaarige Studenten wohnen. Ich werfe ein achtlos auf dem Bürgersteig abgestelltes Fahrrad um und lasse den Rüden wissen, dass die Gammler Drogen aller Art konsumieren und sehr gewaltbereit sind.
Hund Dixon
10.45 Uhr Wenig später sehe ich mich mit Sandra konfrontiert, die gerade damit beschäftigt ist, Unkraut zu jäten. Ich begrüsse die Maid herzlich und stelle klar, dass wir zuerst den Terrassentisch in den Keller tragen sollten. Meine Mieterin nickt eifrig und kündigt an, dass wir anschliessend den hochgewachsenen Zierjohannisbeerstrauch stutzen müssen. Ich winke demonstrativ ab und mache es mir zur Aufgabe, in die Hände zu spucken und die Tischplatte mit einem nassen Tuch abzuwischen.
11.30 Uhr Im Anschluss mache ich mich am Johannisbeerstrauch zu schaffen und sorge für einen prima Zuschnitt. Leider kommt Frau Rudolph dazu und behauptet, dass man die frischen Triebe nicht abschneiden darf. Ich begrüsse die kleine Frau händeschüttelnd und entgegne, dass ich keine Ratschläge benötige. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, drehe ich der Frau den Rücken zu und arbeite unaufhaltsam weiter.
Ein lustiger Johannisbeerstrauch
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten ruft mich Sandra ins Haus und verwöhnt mich mit einer im Ofen aufgebackenen RISTORANTE Pizza. Anstatt dazu ein Münchner Vollbier zu kredenzen, überreicht mir das Kind eine Flasche JEVER und sagt, dass dieser Trunk mit einer friesisch-herben Note überzeugen kann – wie schön.
12.45 Uhr Während ich zum Besteck greife, lasse ich meinen Besuch in Eichstätt Revue passieren und berichte, dass meine Schwester unentwegt geweint hat. Ferner komme ich auf Hildegards Rückenschmerzen zu sprechen und vermute, dass sich die alte Dame bald einer Hüftoperation wird unterziehen muss. Sandra zuckt gelangweilt mit den Schultern und meint, dass wir jetzt den Gartenzaun streichen sollten.
13.30 Uhr Als ich mit dem Schleifpapier die Moosrückstände vom Holz hoble, präsentiert Sandra einen Farbeimer und erzählt, dass sie diese Lasur im OBI Baumarkt besorgt hat. Ich werfe prüfende Blicke auf das Etikett und erkläre der Maid, dass sie augenblicklich mit dem Streichen beginnen kann – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
14.00 Uhr Unterdessen plaudere ich angeregt mit Sandra und höre, dass sie mich zur Weihnachtszeit besuchen wird. Ich schüttle den Kopf und informiere, dass ich die staade Zeit in Kanada verbringen werde.
Ich streiche mit einem Quast
15.00 Uhr Nach einer Stunde habe ich mein Werk vollbracht und kann ebenfalls einen Pinsel zur Hand nehmen. Fachmännisch trage ich die Farbe auf die Holzlatten auf und pfeife das lustige Lied von der “launischen Forelle”.
15.30 Uhr Als der Zeiger meiner goldenen ROLEX auf halb Vier deutet, klopft mir plötzlich Edelbert auf die Schulter. Der schlaue Mann schenkt mir ein Lächeln und sagt, dass er sich in der Buchhandlung Klotz umgeschaut und Romane gekauft hat. Ich lege den Pinsel zur Seite und zögere nicht, meinem Bekannten in der Küche ein Bier zu spendieren. Der Professor nimmt die grüne JEVER Flasche dankbar an und ölt seine ausgetrocknete Kehle.
16.30 Uhr Nachdem Sandra die Arbeit beendet hat, entschliessen wir uns, das Abendessen im La Casareccia einzunehmen. Weil es langsam dunkel wird, hüpfen wir kurzerhand in den JEEP und lassen uns von Fräulein Corte zur Wirtschaft kutschieren. Nebenher lauschen wir ohrenbetäubender Hartfelsenmusik und erfahren, dass die aus Tennessee stammende Musikformation “Kings of Leon” ein neues Studioalbum herausgebracht hat.
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17.00 Uhr Am Ziel angekommen, gleite ich vom Rücksitz und lasse es mir nicht nehmen, Herrn Angelo einen guten Abend zu wünschen. Der freundliche Italiener freut sich über das Wiedersehen und sagt, dass er uns die Getränke spendieren wird. Bei dieser Gelegenheit löchert mich der Sizilianer mit Fragen und möchte wissen, ob ich immer noch in Florida lebe. Ich nehme entspannt Platz und antworte, dass ich im Rentnerparadies mein Glück gefunden habe.
17.45 Uhr Während ich mich an einer Pizza Mare (löblich: Pizza mit Meeresfrüchten) labe, tratsche ich mit meinen Tischnachbarn und merke an, dass ich morgen Gräfin Gloria von Rudnik auf Schloss Baienbach besuchen werde.
18.30 Uhr Wir beschliessen den schönen Abend mit Tiramisu und italienischen Schaumkaffees. Anschliessend zücke ich meine praktische Meisterkarte (unlöblich: Mastercard) und bitte Herrn Angelo, die Rechnung zu bringen. Danach lassen wir uns von Sandra sicher in den Haselnussweg zurückbringen.
19.15 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, schalte ich die Glotze ein und fröne dem ZDF Wirtschaftsmagazin “WISO”. Nebenbei kraule ich Dixons Fell und verspreche ihm, dass wir den Dienstag etwas ruhiger angehen werden. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
20.15 Uhr Zur besten Sendezeit schalten wir um und erfreuen uns an “La Vita” im Bayerischen Fernsehen. Heute wird ausgiebig über das Oktoberfest und die vielen Jungunternehmer berichtet, die in diesem Jahr das erste Mal Waren auf dem weltgrössten Volksfest verkaufen.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, reiche ich die Fernbedienung an Edelbert weiter. Im Anschluss ziehe ich mich ins Gästezimmer zurück und lege mich schlafen. Gute Nacht.