10. April 2019 – Edelbert schimpft wie ein Rohrspatz

08.00 Uhr Wie es sich für einen Rentner gehört, stehe ich zeitig auf und scheuche Hund Dixon auf die Terrasse. Bei angenehmen Temperaturen lockere ich meine Glieder und habe das zweifelhafte Vergnügen, einen Ajaja zu sehen, der am Teich nach Insekten Ausschau hält. Als der Vogel seinen Schnabel in das trübe Wasser steckt, schnellt plötzlich die handzahme Echse Billy hervor und verschlingt den kreischenden Flügelträger – wie lustig


Eine fliegende Ratte

08.30 Uhr Kopfschüttelnd beende ich die Morgengymnastik und kehre mit dem Vierbeiner in die gute Stube zurück. Während sich der Rüde über einen Kauknochen hermacht, schlendere ich in die Nasszelle und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Währenddessen telefoniere ich mit Edelbert und vernehme, dass mein Bekannter gerade mit seinem Sohn telefoniert hat. Der schlaue Mann schimpft wie ein Rohrspatz und erzählt, dass Herr Peter mit seinem Tschob im Bundesfinanzministerium gar nicht glücklich ist und mit dem Gedanken spielt, zum Jahresende zu kündigen. Ich nicke zustimmend und entgegne, dass Deutschland angesichts der unzähligen Asylanten sowieso am Rande des Staatsbankrott steht – wo soll das noch hinführen.
09.30 Uhr Nachdem ich mich mit Edelbert im “The Cafe” an der 5th Avenue verabredet habe, beende ich die Morgenwäsche und kontaktiere kurzerhand meine Verwandten, um ihnen nahe zu legen, ebenfalls ins Zentrum zu kommen. Maria freut sich über die Einladung und verspricht, in sechzig Minuten vor Ort zu sein – wie schön.
10.00 Uhr Bevor ich mich auf den Weg mache, genehmige ich mir eine Tasse Kaffee und bin überrascht, als plötzlich Frau Gomez die Pforte aufstösst. Die Zugehfrau gibt sich gestresst und berichtet, dass es ihr gestern nicht möglich war, die Hausarbeit zu erledigen. Ich zucke mit den Schultern und merke an, dass Wäsche gewaschen und die schweren Wohnzimmerteppiche ausgeklopft werden müssen – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
10.30 Uhr Um nicht zu spät zur Verabredung zu kommen, wünsche ich der mexikanischen Reinigungsfachfrau viel Freude bei der Arbeit und scheuche Hund Dixon zum Auto. Anschliessend gleite ich hupend vom Grundstück und folge der Immokalee Road in westlicher Richtung – das macht Spass.

11.00 Uhr Mit kurzer Verspätung treffe ich im “The Cafe” ein und habe die Ehre, Georg, Maria sowie den Professor per Handschlag begrüssen zu können. Da mein Magen knurrt, setze ich mich spornstreichs dazu und ordere ein grosses Frühstück mit Kaffee und O-Saft. Ferner erkläre ich meinem Bruder, dass ich mich in diesem im europäischen Stil eingerichteten Kaffeehaus sehr wohl fühle. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und behauptet, dass der feilgebotene Bohnentrunk hervorragend mundet – das kann man laut sagen.
11.45 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, kommt Edelbert auf unseren geplanten Osterausflug zu sprechen und möchte wissen, wann wir zum “Mahogany Hammock Park” fahren wollen. Weil ich mich gestern im Internetz ausführlich informiert habe, melde ich mich prompt zu Wort und stelle klar, dass wir am Ostersamstag losfahren und zwei Tage in der Wildnis bleiben werden. Mein Bruder reibt sich die Hände und wirft ein, dass das WINNEBAGO Wohnmobil jedoch nur Platz für drei Erwachsene bietet. Prof. Kuhn legt seinen Zeigefinger an die Unterlippe und meint, dass er sich unter diesen Umständen ein lustiges Zelt bei AMAZON bestellen und die Nacht im Freien verbringen wird – das kann ja heiter werden.
12.45 Uhr Mit vollen Bäuchen verlassen wir die Gaststätte und brechen zu einem entspannten Spaziergang auf. Während sich Georg eine stinkende Zigarre ansteckt, komme ich mit meiner Schwägerin ins Plaudern und bringe heraus, dass sie sich am Wochenende eine kleine Auszeit in einer Schönheitsfarm vor den Toren Naples gönnen wird. Ich mache grosse Augen und erfahre weiter, dass Maria zwei Tage im “The Ritz-Carlton Spa” residieren und sich Massagen, Maniküren sowie Pediküren hingeben wird – das kann ich mir beim besten Willen nicht leisten.


Das Eis schmeckt prima

13.45 Uhr Nachdem wir Eis gegessen haben, kehren wir verschwitzt zu den Autos zurück und kommen überein, dass wir uns Morgen im Lowbank Drive zum Frühstück treffen sollten. Im Anschluss hüpfe ich ins Auto und gleite zufrieden in den Willoughby Drive zurück.
14.30 Uhr Endlich bin ich wieder dahoam und kann aus den schweren Kuhjungenstiefeln (löblich: Cowboyboots) schlüpfen. Zudem lasse ich die Jalousien nach unten gleiten und lege im Wohnzimmer eine kleine Pause ein.
15.30 Uhr Als die Zeiger meiner wertvollen ROLEX auf halb 4 Uhr zugehen, schwinge ich mich vom Kanapee und schnappe mir eine Flasche Budweiser aus dem Eiskasten. Anschliessend mache ich es mir auf der Terrasse bequem und beobachte Herrn Booth, wie er mit einer Schere durch den Garten flitzt, um die Mangroven zu stutzen.
16.30 Uhr Da das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, kehre ich in die Küche zurück und nehme den Herd in Betrieb. Fachmännisch gebe ich etwas Olivenöl in eine Pfanne und brate ein T-Knochen Schnitzel (unlöblich: T Bone Steak) an. Dazu gibt es Buttergemüse sowie köstliche Bratkartoffeln mit Speck – wie gut das duftet.


Ein kleines Schnitzel zum Abendessen

18.00 Uhr Nach einem reichhaltigen Nachtmahl gehe ich zum gemütlichen Teil des Tages über und schaue mir die Nachrichten auf FOX an. Unter anderem lerne ich, dass Präsident Donald Trump just heute den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae zu Gesprächen in der Hauptstadt begrüsst hat – das ist mir Wurst.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit gebe ich mich einer Dokumentation auf PBS hin und mache mich über den Untergang des Atom W-Boots “USS Thresher” vor 56 Jahren schlau. Ich staune nicht schlecht und höre, dass das Wrack noch heute auf dem Meeresboden etwa 350 Kilometer vor der Ostküste der USA liegt – wie schrecklich.
21.00 Uhr Nachdenklich schalte ich die Glotze aus und unternehme mit Dixon einen kleinen Rundgang durch den Garten. Danach schliesse ich sämtliche Fenster und gehe zu Bett. Gute Nacht.