08.00 Uhr Da ich zu den Frühaufstehern gehöre, schwinge ich mich auch heute zeitig aus dem Wasserbett. Voller Elan öffne ich die Terrassentüre und absolviere bei angenehmen Temperaturen die Morgengymnastik. Nebenher spreche ich Hund Dixon ins Gewissen und fordere ihn auf, sich dem künstlich angelegten Teich fernzuhalten.
Der Radiowecker springt an
08.30 Uhr Nachdem der Vierbeiner kläffend in den Tümpel gesprungen ist, kehre ich kopfschüttelnd in die gute Stube zurück und stelle die Kaffeemaschine ein. Anschliessend verabschiede ich mich ins Bad und lasse die Seele bei einem lustigen Wirbelbad mit Rosenöl baumeln – das tut gut.
09.30 Uhr Just als ich aus der Wanne steige, bimmelt das Telefon besonders aggressiv. Zu meiner Freude meldet sich Georg im Rohr und schlägt vor, dass wir die Vormittagsstunden ausnutzen könnten, um Herrn Wang einen Besuch im “Naples Manor Motel” abzustatten. Ich nicke eifrig und animiere meinen Bruder, gegen halb 11 in den Willoughby Drive zu kommen und mich abzuholen.
10.00 Uhr Während ich die wichtigste Mahlzeit des Tages einnehme, gesellt sich mein triefender Mitbewohner an meine Seite. Ich beäuge den nassen Rüden argwöhnisch und gebe zu Protokoll, dass Schmutzfinken ganz bestimmt nichts vom Frühstück abbekommen werden. Dixon lässt jedoch nicht locker und verzieht sich erst nach draussen, als ich ihm eine Scheibe Virginiaschinken kredenze – was muss ich denn noch alles ertragen.
Hund Dixon bekommt etwas Schinken
10.30 Uhr Kurze Zeit später fährt Georgs nachtschwarzer JEEP vor. Ich wische mir den Mund an einer Serviette ab und ziehe es vor, den Vierbeiner trocken zu reiben. Anschliessend helfe ich ihm auf die Ladefläche des Geländeautos und frage Georg bezüglich seiner Ehefrau aus. Der gute Mann rollt mit den Augen und erwidert, dass Maria im “Vivasana Center” dem Yoga frönt. Ich staune nicht schlecht und bringe heraus, dass es sich hierbei um eine indische Meditationslehre handelt. Mein Bruder klopft sich schmunzelnd auf die Schenkel und informiert, dass er von solchem Schnickschnack gar nichts hält – dem ist nichts hinzuzufügen.
Das Naples Manor Motel
11.15 Uhr Fünfundvierzig Minuten später erreichen wir unser Ziel und bemerken, dass Herr Wang den Gästeparkplatz frisch geteert hat. Beeindruckt schlendern wir zum Empfang und haben das Vergnügen, Herrn Avanzatti an der Rezeption anzutreffen. Der Italoamerikaner heisst uns herzlich Willkommen und beteuert, dass sein Scheff vor wenigen Minuten nach nebenan gegangen ist, um im Denny’s Restaurant nach dem Rechten zu sehen. Weil mein Magen eigenartige Knurrlaute von sich gibt, machen wir kehrt und laufen schnurstracks zur besagten Wirtschaft. Letztendlich treffen wir Herrn Wang kaffeeschlürfend an einem einladenden Tisch an und werden zu Speis und Trank eingeladen – das lassen wir uns nicht zweimal sagen.
11.45 Uhr Kurz vor der Mittagszeit serviert eine kleinwüchsige Kellnerin namens Claire vitaminreiche Club Sandwiches (löblich: Vereinswurstsemmeln) mit röschen Kartoffelstäben. Um die Jause nicht kalt werden zu lassen, nehmen wir prompt das Besteck zur Hand. Nebenher plappert Herr Wang ohne Unterlass und setzt uns darüber in Kenntnis, dass er im Laufe des Jahres sämtliche Herbergszimmer aufwendig renovieren wird. Georg belobigt den Herrn Motelbesitzer und meint, dass ein renoviertes Haus noch mehr Gäste anlocken wird.
Wurstbrote schmecken prima
12.30 Uhr Nach der Stärkung winken wir Frau Claire an den Tisch und ordern Iced Cappuccinos (löblich: Eiskaffee) mit Sahne. Ferner fertigt Herr Wang auf einer Serviette eine Skizze an und beteuert, dass er die Räumlichkeiten mit King-Size Betten, kleinen Kochnischen und Internetzanschlüssen aufwerten wird – das soll mir auch Recht sein.
13.30 Uhr Als der Stundenzeiger meines Chronographens auf halb Zwei deutet, kehren wir ins Haupthaus zurück und tratschen mit Herrn Avanzatti. Der junge Mann schenkt mir ein Lächeln und möchte wissen, ob meine Mieterin im Februar wirklich nach Florida ausfliegen wird. Ich stimme zu und rechne vor, dass das unterbelichtete Kind in vierzig Tagen im Sonnenscheinstaat ankommen und mir fünf lange Wochen Gesellschaft leisten wird.
14.00 Uhr Nachdem wir noch einen Kaffee getrunken haben, wünschen wir Herrn Wang alles Gute und verabschieden uns zum Auto. Während der Heimfahrt planen wir die kommenden Tage und verabreden, dass wir am Mittwoch nach Fort Myers reisen und im “Miromar Outlet Store” (löblich: Miromar Auslassgeschäft) abschoppen könnten. Georg reibt sich die Hände und unterbreitet, dass er einen schicken Anzug kaufen wird – jaja.
14.45 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und kann mich von den Strapazen der letzten Stunden erholen. Um zur Ruhe zu kommen, stecke ich Dixon einen Kauknochen ins Maul und falle dann gähnend aufs Kanapee – das tut gut.
Lustige Kauknochen
15.45 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und setze mich an den Schreibtisch. Wie es sich gehört, kümmere ich mich um die Anschnurseelsorge und versorge verzweifelte Eltern mit Ratschlägen. Unter anderem animiere ich einen Familienvater aus Neu-Ulm, seinem Sohn Markus (16) den Umgang mit langhaarigen Punkern zu verbieten.
16.45 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, die Arbeit zu beenden und für ein leckeres Abendessen zu sorgen. Weil ich vom Mittagsessen noch gesättigt bin, richte ich eine Wurstplatte an und trinke dazu ein kühles bayerisches Vollbier – schmeckt gar nicht schlecht.
17.45 Uhr Als Dixon im Garten mit Nachbarshund Joel spielt, verfrachte ich das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine. Anschliessend betätige ich beherzt den “ON” (löblich: AN) Knopf und lasse den Tag im klimatisierten Wohnzimmer ausklingen.
18.45 Uhr Nachdem die FOX Abendnachrichten zu Ende gegangen sind, wechsle ich auf den Filmkanal AMC und gebe mich dem amerikanischen Spielfilm “Unbroken” aus dem Jahre 2014 hin. Die von Schauspielerin Angelina Jolie gekonnt in Szene gesetzte Romanadaption erzählt von einem Soldaten, der im Zuge des blutigen Pazifikkriegs von japanischen Schergen gefangen genommen wird – wie furchtbar.
21.30 Uhr Nach zweieinhalbstündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Danach lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.