07.45 Uhr Ich werde in aller Frühe durch ohrenbetäubendes Telefonklingeln aus einem schönen Traum gerissen. Nörgelnd greife ich zum Hörer und staune nicht schlecht, als sich plötzlich mein Grosscousin meldet. Robert Pfaffenberg wünscht mir einen guten Morgen und erkundigt sich, ob es mir gut geht. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich bis vor wenigen Augenblicken geschlafen habe. Der gute Mann entschuldigt sich prompt und behauptet, dass in der Eastern Tome Zone (löblich: Östliche Zeitzone) die Uhren anders gehen. Darüber hinaus erfahre ich, dass Robert mit der Idee spielt, im Herbst nach Florida zu kommen. Ich juchze laut und schlage vor, dass er jederzeit im Ferienhaus übernachten kann. Mein Verwandter ist begeistert und setzt mich darüber in Kenntnis, dass seine Tochter Kimberly (36) endlich ihren Universitätsabschluss erhalten hat und ab September einen Tschob als Juristin im Büro der Staatsanwaltschaft in Miami antreten wird – das ist ja allerhand.
Robert Pfaffenberg kommt nach Florida
08.45 Uhr Nach einer Stunde beende ich das Telefonat und laufe pfeifend nach draussen, um die Morgengymnastik durchzuführen. Zu allem Überfluss stösst just in diesem Augenblick meine Zugehfrau die Haustüre auf und beteuert, dass es in der kleinen Villa wie in einer Brauerei stinkt. Ich winke gelangweilt ab und entgegne, dass ich gestern Abend ein Bier auf unseren Präsidenten getrunken habe. Als Frau Gomez grosse Augen macht, erhebe ich den Zeigefinger und informiere, dass Barack Obama am Dienstag seinen 54. Geburtstag gefeiert hat.
09.30 Uhr Endlich kann ich mich in die Nasszelle verabschieden und die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln lassen. Mit knurrendem Magen greife ich zur Bürste und mache es mir zur Aufgabe, meinen Rücken zu schrubben – das macht Spass.
10.30 Uhr Ich beende den Badespass und schlüpfe in modische Freizeitkleidung. Dummerweise wird die himmlische Ruhe bald durch lautes Türschellen gestört. Zu meiner Freude steht Edelbert vor dem Haus und präsentiert eine Tüte mit vitaminreichen Backwaren aus dem Hause “Dunkin’ Donuts”. Zungeschnalzend winke ich den schlauen Mann herein und erzähle, dass ich gerade mit Robert Pfaffenberg telefoniert habe. Selbstverständlich lasse ich das Gespräch in allen Einzelheiten Revue passieren und berichte, dass Robert und Jessica Pfaffenberg im September nach Naples kommen werden – das ist prima.
Wir essen Donuts
11.00 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse und mir das erste Treffen mit Robert Pfaffenberg am 28. Oktober 2011 ins Gedächtnis rufe, wechselt Edelbert plötzlich das Thema und bringt einen Strandausflug ins Spiel – wie schön.
11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten scheuchen wir Hund Dixon zum JEEP und schicken uns an, mit quietschenden Pneus aus dem Wohngebiet zu brettern. Mein Bekannter beschleunigt den Geländewagen auf schwindelerregende 35 Meilen und plappert, dass wir den “Barefoot Beach” ansteuern werden – wie aufregend.
12.30 Uhr Nach einer kurzweiligen Reise erreichen wir unser Ziel und stellen das KFZ auf einem bewachten Parkplatz ab. Voller Vorfreude lasse ich Dixon von der Ladefläche springen und eile zufrieden zum azurblauen Wasser, um meine Füsse im kühlen Nass zu baden.
Ich bade meine Füsse im kühlen Nass
13.00 Uhr Um keinen Hitzeschlag zu riskieren, lassen wir uns unter einer Palme nieder und beobachten den Vierbeiner beim spielen. Nebenher redet der Professor ohne Punkt und Komma auf mich ein und möchte wissen, ob uns Sandra in diesem Jahr auch einen Besuch abstatten wird. Ich zucke mit den Schultern und erkläre, dass die Maid im Kreisverwaltungsreferat unabkömmlich ist und sich ausserdem um die Pension Waldblick kümmern muss.
13.30 Uhr Dreissig Minuten später schlendern wir zu einer einladenden Strandgaststätte und ordern an der Bar zwei süffige Budweiser sowie vitaminreiche Chicken Wings (löblich: Hühnerflügel) mit Kartoffelstäbe – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
14.15 Uhr Nach der reichhaltigen Jause vertreten wir uns die Beine und tratschen über dies und das. Edelbert legt beste Laune an den Tag und kündigt an, dass am Abend auf dem Fernsehsender PBS eine aufschlussreiche Dokumentation über das amerikanische Atomprogramm “Manhattan” gezeigt wird. Ich gebe mich interessiert und verspreche, dass ich die Sendung nicht verpassen werde.
15.00 Uhr Völlig verschwitzt kehren wir zum Auto zurück und treten die Heimfahrt in den Willoughby Drive an. Edelbert navigiert das Auto gekonnt durch den dichten Nachmittagsverkehr und meint, dass wir morgen gegen halb 11 Uhr in “Julies Restaurant” frühstücken könnten – das soll mir Recht sein.
15.30 Uhr Zurück in der kleinen Villa, schlüpfe ich aus den Flip Flops und falle schnaufend aufs Kanapee. Schon bald döse ich ein und träume von meiner Reise nach San Antonio im Oktober 2011 – das waren noch bessere Zeiten.
16.30 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, komme ich in die Gänge und kümmere mich um die Anschnurseelsorge. Wie es sich gehört, versorge ich verzweifelte Erziehungsberechtigte mit Ratschlägen und nehme mir ausserdem das Recht heraus, mit Georg und David zu skypen. Als ich auf das Telefonat mit Robert Pfaffenberg zu Sprechen komme, schnippt mein Bruder mit den Fingern und sagt, dass er im September natürlich auch nach Florida ausfliegen wird – das hört man gerne.
17.30 Uhr Nachdem ich den Heimrechner mausdrückend heruntergefahren habe, begebe ich mich in die Küche und richte mir eine kalte Brotzeitplatte mit Schinken, Salami und Cheddarkäse an. Im Anschluss mache ich es mir auf der schattigen Terrasse gemütlich und lasse Dixon vom Wurstbrot abbeissen.
Ich lasse Dixon vom Wurstbrot abbeissen
18.30 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, stelle ich die Klimaanlage höher und lasse den Tag in der kühlen Wohnstube ausklingen. Ich schaue mir die FOX Nachrichten an und wechsle dann auf HBO, wo just im Moment der amerikanische Kriminalfilm “A Walk Among the Tombstones” (auf deutsch: Ruhet in Frieden) anläuft. Ich lehne mich kartoffelchipsverzehrend und bierschlürfend zurück und tauche in das Leben eines Privatdetektivs ein, der von einem Drogenhändler beauftragt wird, die Männer zu finden, die seine Frau ermordet haben – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt öle ich meine trockene Kehle mit einem Schluck Whiskey und lege mich schlafen. Gute Nacht.