6. November 2014 – James bastelt an seiner Karriere

pfaffenbergkl

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und freue mich, als Dixon ins Bett hüpft und sich von mir den Bauch kraulen lässt. Nach wenigen Minuten werfe ich die Bettdecke zur Seite und erkläre, dass wir nun aufstehen und den Tag aktiv beginnen sollten – immerhin gehören wir noch längst nicht zum alten Eisen.
08.30 Uhr Wie es sich für einen rüstigen Rentner gehört, absolviere ich die Morgengymnastik und nehme mir ausserdem das Recht heraus, mich bei Frau Pontecorvo zum Frühstück einzuladen. Die Dame ist begeistert und sagt, dass ich ihr bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages gerne Gesellschaft leisten kann. Ich schnippe mit den Fingern und kehre in die kleine Villa zurück, um mich frisch zu machen.
09.30 Uhr Nachdem ich in farbenfrohe Freizeitkleidung geschlüpft bin, statte ich der guten Frau einen Besuch ab und gebe zu Protokoll, dass ich grossen Hunger mitgebracht habe. Meine Nachbarin lotst mich in die Küche und serviert hausgemachte Eierkuchen mit Speck sowie vitaminreiche Muffins – das schmeckt.

schwarzbeere
Meine praktische Schwarzberre (unlöblich: Blackberry)

10.00 Uhr Pünktlich zum Zehnuhrläuten surrt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und ich habe meinen löblichen Neffen dran. James redet ohne Unterlass auf mich ein und erzählt, dass er gestern mit seiner Bande “Northstar” zwei Lieder aufgenommen hat. Während ich grosse Augen mache, fährt der Bube fort, dass er mir die Kompositionen im Laufe des Vormittages per elektronischer Post zusenden wird – das ist phantastisch.
10.30 Uhr Um Frau Pontecorvo auf dem Laufenden zu halten, erzähle ich von James Vorhaben, im kommenden Jahr ein neues Studioalbum zu veröffentlichen. Meine Bekannte klatscht in die Hände und vermutet, dass mein Verwandter bestimmt auch auf Tournee gehen wird. Ich schlage in die gleiche Kerbe und merke an, dass ich eventuell als Menetscher fungieren werde – darauf freue ich mich jetzt schon.
11.00 Uhr Nachdem ich das Kaffeehaferl gelehrt und ein Stück Käsekuchen gegessen habe, scheuche ich den Vierbeiner nach nebenan und mache es mir zur Aufgabe, den Heimrechner einzuschalten. Zu meiner Überraschung trudelt prompt eine Nachricht ein und mir ist es möglich, zwei brandneue Lieder aus James Feder anzuhören. Unterdessen hantiere ich mit dem Wischtuch und säubere die verstaubten Lamellen der Wohnzimmerjalousien. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
11.30 Uhr Weil mir die Northstar Lieder sehr gut gefallen, fische ich die Schwarzbeere aus der Hosentasche und zögere nicht, erneut mit meinem Neffen zu telefonieren. Ich überschütte James mit Lob und informiere, dass “Don’t Save Me” (löblich: Rette mich nicht) das Zeug zu einem Hitparadenerfolg hat. James bricht in schallendes Gelächter aus und entgegnet, dass er längst die Hoffnung aufgegeben hat, ein internationaler Superstern (unlöblich: Superstar) zu werden – papperlapapp.
12.00 Uhr Ich beende das Telefonat und ringe mich dazu durch, in einer Wirtschaft eine Kleinigkeit zu essen. Ruckzuck nehme ich den Vierbeiner an die Leine und breche zu einem Spaziergang auf. Mit einer lustigen Melodie auf den Lippen schlendere ich durch das Wohngebiet und lasse den Rüden wissen, dass wir in die “Pelican Larry’s Raw Bar & Grill” Wirtschaft einkehren und ein Steak fressen werden.
12.45 Uhr Der Gaststättenbesitzer begrüsst mich per Handschlag und erkundigt sich, ob ich einen Whiskey Sour (löblich: Whiskey sauer) haben will. Ich winke ab und nehme mit einem Krug Budweiser Vorlieb. Dazu ordere ich ein durchgebratenes Porterhouse Steak mit würzigen Kartoffelspalten und Krautsalat.

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Ein Steak (löblich: Schnitzel) schmeckt prima

13.30 Uhr Als ich mit dem Besteck klappere, meldet sich der Wirt zu Wort und berichtet, dass am Wochenende auf der Terrasse eine Musikcombo aufspielen wird. Herr Larry wischt sich die Hände an der Schürze ab und plappert darüber, dass er ausserdem einen Wet Bikini Contest (löblich: Nasser Bikini Wettbewerb) veranstalten wird – wie unlöblich.
14.30 Uhr Redlichst gestärkt mache ich mich auf den Heimweg und komme zu dem Schluss, dass Herr Larry den Verstand verloren hat. Anstatt die Gäste mit Rockmusik zu beschallen und zwielichtige Oben-Ohne Wettbewerbe zu präsentieren, sollte er lieber zur Löblichkeit zurückkehren und Gesellschaftsabende mit BINGO für Senioren anbieten.
15.15 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, falle ich erschöpft aufs Kanapee und döse prompt ein, um von meiner spannenden Wanderung entlang des Appalachian Trails zu träumen – das waren noch Zeiten.
16.15 Uhr Um nicht den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen, rapple ich mich auf und setze mich an den Schreibtisch. Voller Tatendrang rufe ich Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab und versorge leidgeprüfte Eltern mit Ratschlägen. Bei dieser Gelegenheit lasse ich kein gutes Haar an der heutigen Jugend und animiere die Erziehungsberechtigten, die Kleinen zur Adoption freizugeben.
17.00 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, mache ich mich in der Küche nützlich und schiebe eine Fertigpizza aus dem Hause TOMBSTONE ins vorgeheizte Ofenrohr. Darüber hinaus zaubere in im Handumdrehen einen vitaminreichen Beilagensalat und fülle Dixons Napf mit gesundem Trockenfutter auf.

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Ich spüle meinen Hals mit Bier

18.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, beginnt der wohlverdiente Feierabend. Ich lasse mir vor der Glotze eine kühle Halbe munden und schaue mir die Nachrichten auf FOX an.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wähle ich den Bezahlkanal FX aus und fröne der Serienproduktion “The Bridge” (löblich: Die Brücke). Ich tauche in das Leben der amerikanischen Polizistin Sonya Cross ein und werde Zeuge, wie sie gemeinsam mit dem mexikanischen Ordnungshüter Marco Ruiz einen Mordfall aufklären muss – wie aufregend.

http://www.youtube.com/watch?v=rb2IVN5Zs5w

21.00 Uhr Nach zwei Episoden flimmert der Abspann über den Flachbildschirm. Ich beende den Fernsehabend und schaue mit Hund Dixon im Schlepptau noch einmal im Garten nach dem Rechten. Danach verschliesse ich die Haustüre und lege mich schlafen. Gute Nacht.