08.00 Uhr Ich werde durch lautes Telefonschrillen aus einem schönen Traum gerissen. Missmutig nehme ich das Gespräch an und staune nicht schlecht, als sich Robert Pfaffenberg meldet. Mein Grosscousin aus der schönen Gemeinde Boerne in Texas begrüsst mich herzlich und erinnert, dass wir zum letzten Mal am Neujahrstag miteinander telefoniert haben. Ich stimme zu und entgegne, dass ich unheimlich viel zu tun habe und kaum eine ruhige Minute finde. Robert zeigt Verständnis und erzählt, dass er Ende Mai nach Toronto fliegen wird, um Georg wiederzusehen. Selbstverständlich falle ich meinem Verwandten augenblicklich ins Wort und verspreche, alle Hebel in Gang zu setzen, um zu diesem Termin ebenfalls in Toronto zu sein.
09.00 Uhr Nachdem mir Robert alles Gute gewünscht hat, lege ich den Hörer auf die Basisstation und bemerke, dass wir fast eine Stunde geplaudert haben. Mit rollenden Augen schlüpfe ich in die Josef Seibel Hausschuhe und mache es mir zur Aufgabe, Hund Dixon in den Garten hinaus zu lassen. Danach stelle ich die Kaffeemaschine ein und zögere nicht, Edelbert über meine Reiseabsichten in Kenntnis zu setzen. Der schlaue Mann ist begeistert und unterbreitet, dass er mich gerne in den hohen Norden begleiten würde – das ist phantastisch.
09.30 Uhr Im Anschluss lasse ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln und kontaktiere meinen Bruder. Der erfolgreiche Bauunternehmer meldet sich nach dem zweiten Tuten und gibt zu Protokoll, dass es ihm eine Ehre wäre, Prof. Kuhn und mich in seinem Stadthaus zu beherbergen. Ich schnalze zufrieden mit der Zunge und lasse meinen Bruder wissen, dass ich noch heute einen Flug buchen werde.
Georg Pfaffenbergs Zuhause in Toronto
10.30 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf halb Elf deutet, steige ich aus der Wanne und nehme das Frühstück ein. Nebenher stelle ich beim Blick in den Eiskasten fest, dass kaum noch alkoholische Getränke vorrätig sind. Um nicht zu verdursten, fasse ich den Entschluss, gleich “Bob’s Liquor Store” anzusteuern.
11.00 Uhr Nach der Jause pfeife ich auf den Fingern und animiere den Vierbeiner, ins Auto zu hüpfen. Danach drücke ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und rase zum Alkoholgeschäft meines Vertrauens.
11.30 Uhr Kurz vor der Mittagszeit betrete ich den Laden und treffe Herrn Bob höchstpersönlich hinter dem Tresen an. Der gute Mann wünscht mir einen guten Tag und lotet aus, ob ich eine Grillfeier plane. Ich schüttle jedoch mit dem Kopf und antworte, dass mir lediglich das Weissbier ausgegangen ist. Herr Bob reibt sich die Hände und sagt, dass er erst letzte Woche eine Lieferung “Erdinger” hereinbekommen hat. Ausserdem lade ich vier Sechserpacks Budweiser, zwei Flaschen Sekt, Diät Cola sowie einen Humpen Jack Daniels Whiskey in den Einkaufswagen.
Sehr bekömmlich: Erdinger Weissbier
12.15 Uhr Um insgesamt 67 Dollars ärmer, trete ich die Heimfahrt in den Willoughby Drive an. Unterdessen fröne ich dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und habe das Vergnügen, ein Lied aus der Feder des Landmusiksängers Ray Price zu hören – da kommt Freude auf.
13.00 Uhr Zuhause angekommen, sehe ich mich mit Edelbert konfrontiert. Der Professor zieht genüsslich an einer dicken Zigarre und erkundigt sich, wann ich die Reise nach Toronto buchen will. Ich lotse meinen Bekannten spornstreichs in die gute Stube und kredenze Wurstbrote sowie süffiges Weissbier. Ferner nehme ich den Heimrechner in Betrieb und rufe die Expedia Heimseite auf. Mit flinken Fingern navigiere ich durchs Angebot und registriere, dass es sich anbieten würde, am 25. Mai ab Fort Myers zu fliegen. Edelbert nickt eifrig und meint, dass 280 Dollars für einen Non-Stop (löblich: Keinen Halt) Flug mit AIR CANADA angemessen sind – wie wahr.
Am 25. Mai fliegen wir nach Toronto
13.45 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, gehen wir auf den Handel ein und freuen uns, nach wenigen Sekunden die Buchungsbestätigung per elektronischer Post zu erhalten. Ich drucke die Reisedokumente mit meinem in die Jahre gekommenen HEWLETT PACKARD Drucker aus und erkläre Edelbert, dass er mir 280 Scheine schuldet. Der Professor nimmt die Unterlagen freudestrahlend entgegen und sichert zu, die Schulden spätestens am Donnerstag zu begleichen – das will ich auch hoffen.
14.30 Uhr Nachdem Ruhe und Frieden im Willoughby Drive Einzug gehalten haben, schleppe ich mich mit letzter Kraft in die Wohnstube und falle erschöpft aufs Kanapee.
15.30 Uhr Nach einer Stunde hüpfe ich kraftstrotzend vom Sofa und breche mit dem Haustier zu einem Spaziergang auf. Wir schlendern durchs Wohngebiet und werden Zeugen, wie Herr West seinen Cadillac auf Hochglanz poliert. Wie es sich gehört, wünsche ich dem alten Deppen einen schönen Nachmittag und merke an, dass es heute ziemlich schwül ist. Mein Gegenüber schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass er sich gleich ins Schwimmbecken stürzen und einen “White Russian” (löblich: weissen Russen) trinken wird – das hört sich verlockend an.
16.30 Uhr Zurück in der kleinen Villa, mache ich mich in der Küche nützlich und brate ein vitaminreiches T-Knochen Schnitzel (unlöblich: T Bone Steak) heraus. Zudem verfrachte ich tiefgefrorenen Kartoffelspalten auf ein Backblech und zaubere im Handumdrehen eine nahrhafte Beilage – wie gut das duftet.
17.45 Uhr Nachdem ich meinen Teller geleert und die Hausarbeit erledigt habe, mache ich es mir auf der Terrasse bequem und schaue mir auf der Grossbildleinwand die Abendnachrichten an. Dummerweise kommt bald Frau Pontecorvo dazu und fragt, ob sie mir beim Fernsehschauen Gesellschaft leisten darf. Ich biete der Alten einen Liegestuhl an und schiebe kurzerhand die DVD “The Butler” (löblich: Der Diener) ins Abspielgerät.
18.30 Uhr Während bunte Bilder über die Leinwand flimmern, komme ich auf meine Torontoreise zu sprechen und informiere, dass ich zum Monatsende meinen Grosscousin Robert in Kanada treffen werde. Meine Nachbarin freut sich und flitzt in die Küche, um eine Tüte Kartoffelchips zu holen. Danach lehne ich mich entspannt zurück und tauche in das Leben des Cecil Gaines ein, der bis 1986 sieben amerikanischen Präsidenten als Hausbutler diente.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Filmabend und begleite Frau Pontecorvo als Kavalier der alten Schule nach Hause. Zu guter Letzt rufe ich Dixon in die kleine Villa und lege mich schlafen. Gute Nacht.