19. Februar 2014 – Ich bin arm wie eine Kirchenmaus

pfaffenbergkl

07.45 Uhr Ich schwinge mich aus dem Wasserbett und ärgere mich, weil einer meiner Josef Seibel Hausschuhe verschwunden ist. Nörgelnd laufe ich in die Küche und stelle fest, dass Hund Dixon den Pantoffel unter dem Küchentisch versteckt hat – was muss ich denn noch alles ertragen.
08.15 Uhr Nach dem Frühsport läute ich den sonnigen Morgen mit einem prima Wirbelbad ein. Als ich mit dem Schwamm hantiere, bimmelt jedoch meine Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) besonders laut. Zu meiner Freude meldet sich Maria und plappert, dass sie gestern mit Georg das spannende Drama “Capote” im Lichtspielhaus gesehen hat. Ich lege den Zeigefinger an die Unterlippe und entgegne, dass Herr Phillip Seymour Hoffmann in diesem Meisterwerk mitgewirkt hat. Maria gibt mir Recht und erinnert, dass der Schauspieler vor 17 Tagen tot in seiner New Yorker Stadtwohnung aufgefunden wurde – wie furchtbar.

09.15 Uhr Weil mich meine Verwandten zum Frühstück erwarten, beende ich den Badespass und schlüpfe in legere Freizeitkleidung. Anschliessend eile ich ins Wohnzimmer und bin überrascht, mich mit Frau Gomez konfrontiert zu sehen. Die Reinigungsfachfrau wünscht mir einen schönen Morgen und sagt, dass sie schon seit einer halbe Stunde hart schuftet. Ich lobe die Frau und bitte sie, das Bett zu beziehen und auch die Wäsche zu waschen.

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Meine Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry)

09.45 Uhr Wenig später sitze ich im Chevrolet und rase hupend aus dem Wohngebiet. Nebenher tippe ich Georgs Nummer ins Telefon und frage nach, ob ich zum Frühstück etwas beisteuern kann. Mein Bruder überlegt nicht lange und sagt, dass er sich über vitaminreiche Croissants (löblich: französische Hörnchen) freuen würde – wie schön.
10.15 Uhr Nachdem ich in einer Bäckerei die gewünschten Teighörnchen gekauft habe, kruse ich radiohörend zum Lowbank Drive und bemerke, dass mein Magen laut knurrt – wie unlöblich.
10.45 Uhr Endlich komme ich mit quietschenden Bremsen vor der Villa meines Bruders zum Stehen. Georg und Maria begrüssen mich händeschüttelnd und fordern mich auf, am Frühstückstisch Platz zu nehmen. Ich komme der Aufforderung anstandslos nach und freue mich, eine Tasse brühfrischen Kaffee sowie eine Portion Rühreier serviert zu bekommen. Meine Schwägerin kredenzt dem Haustier ausserdem etwas Speck und berichtet, dass unser gestriger Ausflug zum “Village on Venetian Bay” Schoppingparadies sehr schön war.
11.15 Uhr Ich nippe zustimmend am Kaffeehaferl und lasse Georg wissen, dass Maria eine sündteure Uhr bestaunt hat. Mein Bruder wird augenblicklich hellhörig und unterbreitet, dass luxuriöse Chronographen prima Anlagewerte darstellen. Maria schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass wir morgen zur “Village on Venetian Bay” Mall fahren und die Uhr kaufen sollten. Anstatt Einspruch einzulegen, zückt Georg seine “American Express Centurion” Kreditkarte und erörtert, dass einem dieses Plastikkärtchen fast alle Wünsche erfüllt – das ist ja allerhand.

dixon
Hund Dixon

11.45 Uhr Während der Vierbeiner im Garten spielt, greife ich zur Tageszeitung und halte nach Schnäppchen Ausschau. Ausserdem erkläre ich meinen Tischnachbarn, dass ich arm wie eine Kirchenmaus bin und mir keine 5.000 Dollar Uhr leisten kann. Darüber hinaus tippe ich mit dem Zeigefinger auf den Reklameteil und informiere, dass ich bald im Gemeindehaus vorstellig werden und mir Lebensmittelmarken erbetteln muss.
12.30 Uhr Nach einem Glas Eistee lüfte ich meine Kappe und fasse den Entschluss, nach Hause zu fahren. Georg begleitet mich zur Türe und wünscht mir einen schönen Nachmittag – den werde ich sicher nicht haben.

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Mein Zuhause unter Palmen

13.15 Uhr Wieder Zurück im Willoughby Drive, schlüpfe ich aus den schweren Kuhjungenstiefel und bette mich in der guten Stube zur Ruhe. Ich döse schnell ein und sehe mich im Traum ins Armenhaus versetzt – wie schrecklich.
14.15 Uhr Leider wird mein Müssiggang zeitnah durch einen Telefonanruf gestört. Zu allem Überfluss meldet sich Edelbert im Rohr und erzählt, dass er Brandie Cream zum Mittagessen eingeladen hat. Der schlaue Mann lässt das Treffen Revue passieren und berichtet, dass das ehemalige Oben-Ohne-Modell seit Weihnachten verlobt ist und mit dem Gedanken spielt, einen 57jährigen Zahnarzt zu heiraten – das ist mir Wurst.
15.00 Uhr Um die Nachmittagsstunden nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, brühe ich frischen Bohnentrunk auf und nehme am Schreibtisch Platz. Mit flinken Fingern navigiere ich durchs Internetz und lese Anfragen besorgter Eltern durch. Unter anderem rate ich einen alleinerziehenden Mutter aus Osnabrück, ihrem Sohn Konzertbesuche zu verbieten – wo kämen wir denn da hin.
16.00 Uhr Zu guter Letzt schalte ich die neuen Einträge im Gästebuch frei und gehe dann von der Leine, um mit dem Rüden einen Spaziergang zum “Circle K” Supermarkt zu unternehmen.
16.45 Uhr Ich betrete das Geschäft und erwerbe neben einer Flasche O-Saft auch ein Los der Powerball Lotterie. Vielleicht habe ich das Glück, den Jackpot zu knacken und 30 Millionen Dollars zu gewinnen – das wäre ein Spass.
17.30 Uhr Zuhause angekommen, reguliere ich die Klimaanlage und mache mich in die Küche nützlich. Weil ich keinen grossen Hunger habe, erwärme ich Buttergemüse in einem Topf und brate mir ausserdem ein kleines Schweineschnitzel an – wie gut das duftet.
18.30 Uhr Nachdem ich gegessen und in der Küche für Ordnung gesorgt habe, beginnt der ruhige Teil des langen Tages. Ich mache es mir im Wohnzimmer bequem und fröne den FOX NEWS (löblich: Fuchs Nachrichten) sowie einer Call-In Quizshow (löblich: Ruf herein Ratesendung) namens “Hot Telephone” (löblich: heisses Telefon).
19.00 Uhr Im Anschluss schalte ich auf AMC um und erfreue mich am Kriminalfilm “Jack Reacher” aus dem Jahre 2012. Nebenbei schaufle ich lustige M&Ms in mich hinein und erkenne als Filmliebhaber, dass diese Produktion nicht gerade zu den Hochlichtern (unlöblich: Highlights) des Genres zählt.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Langeweile schalte ich entnervt ab und drehe mit Dixon eine kleine Runde durch den Garten. Danach lösche ich das Licht und lege mich ins Bett. Gute Nacht.