16. April 2013 – Appalachian Trail Tag 7 – Noch ein Tag in Gatlinburg, TN

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08.00 Uhr Ich werde durch ohrenbetäubendes Klopfen geweckt. Mit schweren Beinen eile ich zur Türe und freue mich, Edelbert vor dem Hotelzimmer anzutreffen. Der Professor tippt auf seine Armbanduhr und sagt, dass er grossen Hunger hat und ein Schwein fressen könnte. Ich nicke eifrig und entgegne, dass wir uns in einer Stunde im Hotelrestaurant treffen können. Edelbert willigt ein und sagt, dass er bis dahin einen Spaziergang mit Dixon unternehmen wird – das soll mir Recht sein.
09.00 Uhr Nach einem Vollbad mit Schaum schlüpfe ich in Tschiens und Hawaiihemd und vergesse auch nicht, meine GOLDEN HEAD Geldbörse einzustecken. Anschliessend fahre ich mit dem Aufzug ins Parterre und freue mich, meinen Bekannten und den Rüden im Frühstücksraum anzutreffen. Ich setze mich zungeschnalzend dazu und bitte die übergewichtige Kellnerin, ein grosses Frühstück sowie eine Kanne Kaffee aufzutischen.
09.30 Uhr Während ich mir die wichtigste Mahlzeit des Tages schmecken lassen, plappert Edelbert ohne Unterlass und informiert, dass gestern in Boston ein Terroranschlag verübt wurde. Mein Bekannter überreicht mir die Zeitung und ich lese, dass während des Boston Marathons zwei Bomben explodiert sind und mindestens drei Menschen in den Tod gerissen hat. Die Polizei tappt noch im Dunkeln und ermittelt anscheinend in zwei Richtungen. Neben garstigen Mohammedanern sind auch regierungsfeindliche Extremisten in den Focus der Behörden gerückt – wie schrecklich. Edelbert seufzt laut und sagt, dass wir nun die 3.500 Einwohner zählende Kleinstadt Gatlinburg besichtigen und einen Abstecher ins “Ripley’s Aquarium” machen könnten. Ich nippe am Kaffeehaferl und antworte, dass ich mich am Nachmittag am Hotelschwimmbecken vergnügen möchte.
10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten stehen wir vor dem “Hilton Garden Inn” und folgen der River Road nach Osten. Unterdessen rufe ich bei meiner Mieterin im kalten Deutschland an und gebe vor, dass ich mich seit gestern in Gatlinburg aufhalte. Sandra gibt sich kleinlaut und sagt, dass sie vom gestrigen Terroranschlag geschockt ist und nicht über meine Wanderung sprechen möchte.

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Gatlinburg, TN

11.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 11 deutet, betreten wir das weltbekannte “Ripley’s Aquarium” und erfahren, dass der Eintritt 24,99 Dollars kosten soll. Obgleich wir finanziell keineswegs auf Rosen gebettet sind, bezahlen wir die Zeche bereitwillig und kommen in den Genuss, gefährliche Hammerhaie, Moränen und andere Fische aus nächster Nähe zu bestaunen.

11.30 Uhr Edelbert versorgt mich mit Fakten und behauptet, dass das Aquarium nach dem Forscher Robert Ripley benannt wurde, der es sich zeitlebens zur Aufgabe gemacht hat, Kuriositäten aus allen Kontinenten zu sammeln. Prof. Kuhn ist bestens informiert und sagt, dass in Gatlinburg ausserdem das “Ripley’s Believe It Or Not Museum” (löblich: Ripleys Glaub es oder nicht Museum) beheimatet ist – wie aufregend.
13.00 Uhr Nach dem Ausflug in die Tiefen der Weltmeere, verlassen wir das sehenswerte Aquarium und schlendern entspannt durch das wunderschöne Stadtzentrum, um Eis zu schlecken und Ansichtskarten zu kaufen. Unter anderem kommen wir auch am Tourismusbüro vorbei und lernen anhand eines Aushangs, dass in der Nachbargemeinde Pigeon Forge der Vergnügungspark “Dollywood” zu finden ist – das hört man gerne.
14.00 Uhr Zurück im Hotel, kehren wir die “The Great American Grill” (löblich: Der grossartige amerikanische Grill) Wirtschaft ein und genehmigen uns vitaminreiche Filet Mignon Steaks (löblich: Schnitzel) mit Saisongemüse und Garden Potatoes (löblich: Gartenkartoffeln). Ferner nehmen wir mit süffigem Budweiser Vorlieb und planen unsere weitere Wanderung. Edelbert löscht seinen Durst mit kräftigen Schlucken und meint, dass wir morgen Lebensmittel einkaufen und der schönen Stadt auf Wiedersehen sagen müssen – wie schade.
15.00 Uhr Nach der Jause kehre ich mit Hund Dixon aufs Zimmer zurück und lege mich ins Bett. Bereits nach wenigen Augenblicken schlummere ich ein und sehe mich im Traum auf den Appalachian Trail versetzt.
16.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, die Badehose anzuziehen und einige Runden im Schwimmbecken zu drehen. Um Dixon etwas Gutes zu tun, stecke ich ihm einen Kauknochen ins Maul und verspreche, bald zurück zu sein. Danach greife ich zum Telefon und fordere Edelbert auf, mich zu begleiten.
16.30 Uhr Voller Vorfreude stürzen wir uns ins kühle Nass und üben uns im Rückenschwimmen. Weil nur wenige Badegäste anwesend sind, erlaube ich mir den Spass, Edelbert unter Wasser zu drücken. Der schlaue Mann schimpft wie ein Rohrspatz und nimmt sich das Recht heraus, mich mit Wasser anzuspritzen – wie unlöblich.
17.15 Uhr Während ich auf einer Badeliege die Beine ausstrecke und mit Edelbert tratsche, knetet ein versierter Masseur meine Rückenmuskulatur ordentlich durch. Ich komme aus dem Stöhnen gar nicht mehr heraus und mutmasse, dass es mir morgen besonders leicht fallen wird, 15 Meilen durch die Wildnis zu marschieren.
18.30 Uhr Gegen halb Sieben bin ich wieder auf meinem Zimmer und werde von Dixon stürmisch begrüsst. Ich streichle dem Rüden über den Kopf und gebe vor, dass ich mich nun umziehen und anschliessend ein opulentes Abendessen spendieren werde. Der Vierbeiner dreht sich aufgeregt im Kreis und bricht in lautes Bellen aus.
19.30 Uhr Nachdem ich geduscht habe, scheuche ich Dixon nach unten und treffe mich mit Edelbert im “American Grill”. Wir setzen uns an einen Ecktisch mit Ausblick auf die Great Smoky Mountains und beschliessen den Tag mit einem prima Nachtmahl. Während ich ein Rip-Eye Schnitzel mit grünen Bohnen verzehre, wählt Edelbert von der Tageskarte ein italienischen Nudelgericht. Dazu gibt es Rotwein aus dem goldenen Kalifornien – das schmeckt.
20.15 Uhr Zu guter Letzt unternehmen wir mit Dixon einen kleinen Abendspaziergang entlang der River Road. Das Haustier nutzt die Gelegenheit, um in einer Tour Duftmarken zu setzen. Währenddessen plaudere ich angeregt mit Edelbert und höre, dass es ein grosser Spass war, zwei Tage in Gatlinburg zu bleiben – wie wahr.

21.00 Uhr Ein spannender Tag geht zu Ende und ich gönne mir einen Whiskey aus der Minibar. Im Anschluss schalte ich den Fernseher ein und mache mich über den Bombenanschlag in Boston schlau. Gute Nacht.