08.00 Uhr Der 290. Tag des Jahres beginnt und Petrus beschert uns auch heute einen sonnigen Morgen. Während sich die Palmen hinter meinem kultivierten Anwesen im Wind wiegen, trete ich auf die Terrasse und absolviere die Morgengymnastik. Der Vierbeiner folgt meinem Beispiel und streckt sich ebenfalls ausgiebig – das macht Spass.
08.30 Uhr Nach dem schweisstreibenden Frühsport entspanne ich mich bei einem Wirbelbad und freue mich, einen Telefonanruf von Edelbert zu erhalten. Der schlaue Mann legt beste Laune an den Tag und regt an, dass wir uns im Publix Supermarkt treffen könnten. Ich nicke eifrig und entgegne, dass langsam aber sicher die Lebensmittel- sowie Getränkevorräte zu Neige gehen – was muss ich denn noch alles ertragen.
09.30 Uhr Nach Rosenöl duftend, schlüpfe ich in legere Freizeitkleidung und rufe kurzerhand bei meinen Verwandten im Lowbank Drive an. Georg meldet sich nach dem zweiten Tuten und berichtet, dass er mittlerweile eine Suite im “Ritz-Carlton Resort” reserviert hat und bereits Morgen in besagte Luxusherberge umziehen wird. Darüber hinaus erhalte ich die Auskunft, dass bereits am Montag Morgen die Handwerker anrücken und den Fussboden im Ferienhaus herausreissen werden – das kann ja heiter werden.
Das Ferienhaus wird renoviert
10.00 Uhr Just als Frau Gomez die Türe aufstösst, beende ich das Telefonat und greife zum Autoschlüssel, Wie es sich gehört, begrüsse ich die Reinigungsfachfrau herzlich und gebe zu Protokoll, dass ich nun zum Einkaufen krusen werde. Die kleinwüchsige Mexikanerin erhebt den Zeigefinger und bittet mich, Spülmittel, Putzlappen sowie Waschpulver einzukaufen – das werden wir erst noch sehen.
10.30 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, scheuche ich Hund Dixon zum PS-strotzenden SUV und schicke mich an, hupend vom Grundstück zu brettern. Um für gute Laune zu sorgen, stelle ich das Radiogerät etwas lauter und singe zu angesagten Landmusikschlägen laut mit – da kommt besonders grosse Freude auf.
11.00 Uhr Am Ziel angekommen, reiche ich Edelbert die Hand und mache einer störrischen Rentnerin mit hellblauen Haaren einen Einkaufswagen streitig. Anschliessend schieben wir das klapprige Gefährt durch die breiten Gänge und wählen Produkte des täglichen Bedarfs aus. Da KRAFT-HEINZ Produkte im Angebot sind, ringen wir uns dazu durch, vitaminreichen Philadelphia Streichkäse, Jell-O Puddings, Capri Sun Limonade sowie original Heinz Ketschup zu den anderen Waren zu legen – wie schön.
12.00 Uhr Nachdem sich ein stattlicher Haufen angesammelt hat, schlendern wir zur Kasse und stellen mit grosser Sorge fest, dass sich eine lange Warteschlange gebildet hat. Weil ich meine Zeit nicht gestohlen habe, dränge ich mich wildgestikulierend vor und informiere die anderen Kunden, dass ich ein weltbekannter Herzspezialist bin und schnellstmöglich zum örtlichen “Naples Community Hospital” rasen muss.
Ich beisse kraftvoll zu
12.45 Uhr Nachdem wir die schweren Einkaufstüten zu den Autos geschleppt haben, kehren wir in die benachbarte “Dairy Queen” (löblich: Molkerei Königin) Gaststätte ein. Völlig erschöpft werde ich an der Essensaugabe vorstellig und ordere eine Diät Cola sowie zwei Käseburger mit Fritten. Edelbert folgt meinem Beispiel und ordert ausserdem einen leckeren Salat mit Oliven und perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – das schmeckt.
13.30 Uhr Als meine wertvolle Armbanduhr auf halb Zweit zugeht, verlassen wir die Gaststätte und wünschen einander ruhige Nachmittage. Danach helfe ich Dixon auf die Ladefläche des frisch aufpolierten Chevrolet Suburbans und gleite ruckzuck in Richtung Willoughby Drive davon.
14.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, räume ich die Lebensmittel sorgsam in den Kühlschrank ein und bette mich dann auf dem Kanapee zur Ruhe. Alsbald schlummere ich ein und träume von meiner spannenden Forschungsreise nach Puerto Rico im Januar 2013 – das waren noch bessere Zeiten.
Mein Zuhause unter Palmen
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag zu vertrödeln, reibe ich mir den Schlaf aus den Augen und nehme am Schreibtisch Platz. Unter anderem überfliege ich die Niederschriften im Gästebuch und vergesse auch nicht, Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter zu beantworten – mir bleibt wirklich gar nichts erspart.
16.00 Uhr Laut seufzend gehe ich von der Leine und sehe im Garten nach dem Haustier. Um Dixon eine Freude zu bereiten, werfe ich ihm einen Tennisball zu und nehme ausserdem den Rasensprenger in Betrieb. Der Lausbube ist kaum zu bändigen und flitzt wie von einer Tarantel gestochen über das satte Grün – was kann es schöneres geben.
17.00 Uhr Nachdem ich die hochgewachsene Petersilie gegossen habe, begebe mich in die Küche und zaubere italienische Langnudeln mit Pesto. Dazu gibt es ein kühles Budweiser sowie als Nachspeise einen schmackhaften Donut mit Schokoladenüberzug – schmeckt gar nicht schlecht.
Auch am Abend beisse ich kraftvoll zu
18.00 Uhr Nach der reichhaltigen Jause lasse ich im klimatisierten Wohnzimmer die Seele baumeln und gebe mich den FOX Nachrichten hin. Ich informiere mich über die Geschehnisse in der Welt und lerne, dass in der kommenden Woche der “United Nations Day” (löblich: Tag der Vereinten Nationen) gefeiert wird – das soll mir auch Recht sein.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem NETFLIX Angebot Vorlieb und schaue mir die Gruselserie “The Haunting of Hill House” (auf deutsch: Spuk in Hill House) an. Das 10teilige Fernsehspiel erzählt die Geschichte einer Familie, die in ihrem Zuhause von bösartigen Geistern terrorisiert wird – wie furchtbar.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel schalte ich den neumodernen Flachbildschirm aus und lösche sämtliche Lichter. Danach wünsche ich Dixon angenehme Träume und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.