19. September 2017 – Ausgewogene Ernährung

08.00 Uhr Ich beginne den Tag mit dem Frühsport im Freien. Hund Dixon leistet mir bei den Leibesübungen Gesellschaft und zögert nicht, an Frau Pontecorvos Terrassentüre zu kratzen. Meine Nachbarin lässt nicht lange auf sich warten und ruft mich auf, zum Frühstück herüberzukommen. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich mich nur noch frisch machen muss – immerhin ist mir Sauberkeit und Hygiene sehr wichtig.
08.30 Uhr Wie es sich gehört, lasse ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln und vergesse auch nicht, meine Haare mit einem Pflegeprodukt aus dem Hause SCHWARZKOPF zu waschen – wie gut das duftet.
09.30 Uhr Wenig später eile ich mit Dixon zum Nachbarhaus und erfahre, dass unser Frühstück aus einem Müsli und süffigem Mandeltrunk bestehen wird. Ich blicke skeptisch drein und informiere, dass ich Rühreier mit Speckstreifen bevorzugen würde. Die Alte erhebt jedoch den Zeigefinger und meint, dass wir nicht mehr die Jüngsten sind und auf eine ausgewogene Ernährung achten sollten – papperlapapp.
10.00 Uhr Während ich am Mandelsaft nippe, redet Frau Pontecorvo weiter auf mich ein und vertellt, dass in der Innenstadt in den letzten Monaten zahlreiche vegetarische Restaurants eröffnet wurden. Meine Tischnachbarin geht noch weiter und schlägt vor, dass wir Edelbert an seinem Geburtstag ins “Delicious Raw” ausführen sollten. Als ich genauer nachfrage, rückt die Dame mit der ganzen Wahrheit heraus und berichtet, dass in besagtem Gasthaus nicht nur frisch gepresste Gemüsesäfte, sondern auch laktosefreie Aufläufe serviert werden.


Mein Zuhause unter Palmen

11.00 Uhr Nachdem ich aufgegessen und mir den Mund an der Serviette abgewischt habe, wünsche ich meine Nachbarin einen schönen Tag und kehre in die kleine Villa zurück. Ruckzuck laufe ich zum Eiskasten und hole etwas Aufschnitt hervor, um mir ein Sandwich (löblich: Wurstbrot) zuzubereiten. Ferner halte ich Dixon eine Scheibe Capocollo vor die Schnauze und stelle klar, dass Fleisch sehr gesund ist und Kraft spendet.
11.30 Uhr Nachdem ich mich im Garten nützlich gemacht und abgefallene Palmwedel aufgelesen habe, greife ich zum Autoschlüssel und fordere den Vierbeiner auf, mich zum Wagen zu begleiten. Mit Elan zwänge ich mich hinters Lenkrad und schicke mich an, zu stimmungsvoller Radiountermalung in Richtung Stadtzentrum davonzurasen. Während der aus Kanada stammende Sänger Neil Young ein Lied über die Indianertochter Pocahontas trällert, beschleunige ich den SUV auf 35 Meilen und lasse meinen tierischen Begleiter wissen, dass wir nun Prof. Kuhn einen Überraschungsbesuch abstatten werden.

12.15 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, betätige ich Edelberts Klingel und werden von meinem Bekannten herzlich begrüsst. Der gute Mann lotst mich in die klimatisierte Stube und nimmt sich das Recht heraus, mich mit einem Budweiser zu verwöhnen. Ich nehme das Kaltgetränk dankend an und öle meinen staubtrocknen Hals mit kräftigen Schlucken. Unterdessen präsentiert der Professor ein Buch aus Alen Ginsbergs Feder und plappert davon, dass er gestern im Barnes & Noble Geschäft die Schriftensammlung “Howl and other Poems” (löblich: Das Geheul und andere Gedichte) entdeckt hat. Bevor ich antworten kann, schlägt mein Gegenüber das Buch auf und liest daraus vor – wie langweilig.
12.45 Uhr Kurz bevor mir die Augen zufallen, beendet Edelberg den Monolog und sagt, dass Alen Ginsberg zu den herausragendsten Schriftstellern der Neuzeit zählt. Ich schlage in die gleiche Kerbe und merke an, dass mein knurrender Magen nach einer warmen Mahlzeit verlangt. Edelbert seufzt laut und meint, dass wir in “Alberto’s Restaurant” einkehren und Pizzas fressen könnten – das ist phantastisch.


Wir beissen kraftvoll zu

13.30 Uhr Nach einem kurzweiligen Spaziergang betreten wir das Gasthaus und bekommen einen Fenstertisch mit Ausblick zugewiesen. Wir nehmen prompt Platz und halten die bildhübsche Kellnerin an, zwei Hopfenkaltschalen sowie vitaminreiche Schinkenpizzas aufzutischen. Während der Mahlzeit plaudern wir angeregt und tauschen uns über Sandras anstehenden Urlaub aus. Edelbert legt seine Stirn in Falten und unkt, dass es kein Vergnügen werden wird, das Kind für zwei lange Wochen in meinem Zuhause zu beherbergen – wie wahr.
14.15 Uhr Redlichst gestärkt bezahlen wir die Zeche und vertreten uns die Beine entlang der 5th Avenue. Wir spähen in die ausstaffierten Schaufenster der Geschäfte und bemerken, dass Naples derzeit von besonders vielen Touristen überschwemmt wird – wo soll das noch hinführen.


Wir vertreten uns die Beine

15.00 Uhr Pünktlich zum Dreiuhrläuten hüpfe ich wieder ins Auto und brause winkend von dannen. Um schneller voran zu kommen, setze ich zu waghalsigen Überholmanövern an und lasse mehrmals das Signalhorn ertönen.
15.30 Uhr Zurück im Willoughby Drive, steige ich aus den Kuhjungenstiefeln und fülle Dixons Napf mit köstlichem Trockenfutter auf. Anschliessend strecke ich die Beine auf dem Sofa aus und döse schnell ein – das tut gut.
16.30 Uhr Ich erwache ausgeruht und registriere, dass Dixon mittlerweile nach draussen gelaufen ist, um den Nachbarhund zu besuchen. Achselzuckend giesse ich mir ein kühles Bier hinter die Binde und bereite das Abendessen vor. Um nicht stundenlang am Herd stehen zu müssen, schiebe ich eine Pizza in den Ofen und zaubere nebenher einen Tomatensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen.
17.00 Uhr Just als ich mich an den Esstisch setze, kommt das freche Haustier vor seinem Ausflug zurück und fordert ein Stück Pizza heraus. Ich komme der Bitte anstandslos nach und studiere während der Jause die aktuellen Berichte in der Tageszeitung.

18.00 Uhr Nachdem ich die Geschirrspülmaschine knopfdrückend in Betrieb genommen habe, mache ich es mir im Wohnzimmer bequem und spiele mit dem Gedanken, mir den Abend mit etlichen “Derrick” Episoden zu verschönern. Voller Vorfreude verfrachte ich eine selbstgebrannte DVD ins Abspielgerät und gebe mich drei heiklen Fällen aus den frühen 1980er Jahren hin – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach 180minütigem Nervenkitzel betätige ich den AUS Knopf auf der Fernbedienung und führe Dixon noch einmal in den Garten. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.