08.00 Uhr Ich werde durch den Gassenhauer “Groovin'” geweckt. Redlichst mitsummend hüpfe ich aus dem Bett und erinnere mich, dass diese Komposition zum Ende der 1960er Jahre auch in Deutschland ein ganz grosser Erfolg war. Weil ich über alles informiert sein muss, werfe ich mir den Bademantel über und laufe mit Hund Dixon im Schlepptau zum Haupthaus. Ohne zu zögern stosse ich die Zimmertüre der Kinder auf und erkundige mich, welcher Künstler für diesen Ohrwurm verantwortlich war. James rollt sich spornstreichs von der stöhnenden Amanda und plappert, dass “Groovin'” von den “Rascals” zu einem Weltschlag gemacht wurde. Ich nicke eifrig und statte Maria in der Küche einen Besuch ab. Die kleine Frau kredenzt mir eine Tasse Kaffee und kündigt an, dass sie gleich nach Barrie krusen und Waren des täglichen Bedarfs besorgen muss. Ich winke demonstrativ ab und gebe meiner Schwägerin zu verstehen, dass ich ihr die Reise in die 30 Kilometer entfernten Kleinstadt gerne abnehmen kann.
09.00 Uhr Da man sich nicht ungewaschen an den Esstisch setzen sollte, stelle ich die Tasse beiseite und kehre ins Gästehaus zurück, um mich kalt abzuduschen. Ausserdem steile ich mir die Haare und vergesse auch nicht, duftendes RP LOB Parfüm auf meine seidenzarte Haut zu stäuben – wie gut das duftet.
10.00 Uhr Endlich kann ich den lieben Leuten bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft leisten. Während ich kraftvoll zubeisse und brühfrischen Bohnenkaffee geniesse, erfahre ich von Edelbert, dass er mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen hat und mich nicht nach Barrie begleiten wird. Als ich mich James und David zuwende, winden sich auch die Beiden aus der Verantwortung und vertreten einstimmig die Meinung, dass man bei diesen heissen Temperaturen im See baden sollte – gleich platzt mir der Kragen.
10.45 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und fasse den Entschluss, nur Hund Dixon mit nach Barrie zu nehmen. Der Rüde flitzt ausgelassen zum JEEP und schickt sich an, auf den Beifahrersitz zu hüpfen. Zum Abschied drückt mir Maria einen ellenlangen Einkaufszettel in die Hand und bittet mich, auch Getränke zu besorgen – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.
11.15 Uhr Während ich auf der Autobahn 400 nach Norden presche, rufe ich kurzentschlossen bei meiner Mieterin an und lasse Sandra wissen, dass ich mich in Ontario pudelwohl fühle. Darüber hinaus gebe ich dem Mädchen zu verstehen, dass ich gestern in den Genuss kam, eine Sonnenfinsternis zu erleben. Das Kind ist hellauf begeistert und entgegnet, dass es sich gestern über dieses Schauspiel eingehend informiert hat – wie aufregend.
Die Sonnenfinsternis vom 21. August 2017
11.45 Uhr Kurz vor der Mittagszeit parke ich den JEEP am Lakeshore Drive und schlendere mit dem Vierbeiner im Schlepptau zum Memorial Square. Dixon ist sichtlich beeindruckt und lässt es sich nicht nehmen, sein Beinchen am Denkmal zu heben. Anschliessend kehre ich ins “Casa Cappuccino” Kaffeehaus ein und gönne mir neben einem grossen Schaumkaffee auch ein Gemischtes Eis mit Schlagobers – das tut gut.
12.30 Uhr Nach der Pause folge ich der Dunlop Strasse gen Westen und suche die “Rexall Apotheke” auf, um Aspirin sowie Haarschampu zu besorgen. Der freundliche Verkäufer steckt die Produkte in eine umweltfreundliche Plastiktüte und gibt mir auf Anfrage zu verstehen, dass ich alkoholische Getränke bei “LCBO Liquor” finden werde. Ich notiere mir die Adresse und lüfte zum Abschied meine NY YANKEES Kappe. Danach setze ich meinen Spaziergang fort und erwerbe im besagten Schnapsladen eine Flasche CANADIAN CLUB Whiskey sowie zwei Sechserpacks Labatt Blau – da kommt besonders grosse Freude auf.
Labatt Blau Bier schmeckt köstlich
13.30 Uhr Fix und foxi verlade ich die Einkaufstüten im Geländewagen und komme zu dem Schluss, dass wir jetzt nur noch Tomaten, Hundefutter und Nudeln benötigen. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, klemme ich mich hinters Lenkrad und steuere den “Mac’s” Gemischtwarenladen am Ortseingang an. Während Dixon im Auto wartet, schoppe ich ordentlich ab und gebe insgesamt knapp 50 kanadische Dollars aus – wie unlöblich.
14.00 Uhr Bevor ich nach Gilford Beach zurückkehre, fahre ich ein McDonalds Schnellrestaurant an und ordere am Drive Thru (löblich: Fahr hindurch) Schalter zwei vitaminreiche Double Cheeseburger (löblich: Doppel Käseburger) mit Fritten. Dazu gibt es einen grossen Becher Diät Cola – immerhin muss ich auf meine schlanke Linie achten.
Ich beisse kraftvoll zu
15.00 Uhr Als der Zeiger meiner goldenen ROLEX auf 3 zugeht, komme ich vor dem Ferienhaus zum stehen und werde von David herzlich begrüsst. Mein Grossneffe hievt eine Einkaufstüten vom Rücksitz und nimmt sich das Recht heraus, die Getränke in den Eiskasten zu stellen.
15.30 Uhr Nach getaner Arbeit folge ich dem Buben zum See und bemerke, dass meine Verwandten just im Moment das Kaffeekränzchen abhalten. Natürlich setze ich mich dazu und fresse ebenfalls ein Stück Kuchen mit Sahne. Nebenher lasse ich den Schoppingausflug Revue passieren und erzähle, dass Barrie stets eine Reise wert ist.
16.00 Uhr Um endlich zur Ruhe zu kommen, lasse ich mich in einem Liegestuhl nieder und schliesse die Augen. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meiner kleinen Villa im sonnigen Florida.
17.00 Uhr Bald wird die himmlische Ruhe durch Georg gestört. Der gute Mann zerrt an meinem Hemdärmel und beteuert, dass Maria gleich das Abendessen auftischen wird. Ich lecke mir die Lippen und flitze wie der Wind ins klimatisierte Haus, um mich über eine stattliche Portion Gnocchis mit Tomatensauce herzumachen – das schmeckt.
18.00 Uhr Nach der Jause beschliessen wir den langen Tag vor der Glotze. Um auf den neuesten Stand zu kommen, schauen wir uns die Nachrichten an und bringen heraus, dass die in Montreal lebende Schriftstellerin Annie Proulx heute ihr 82. Wiegenfest feiert. Edelbert ist mit dem Lebenswerk der Kanadierin bestens vertraut und setzt uns darüber in Kenntnis, dass die Perle unter anderem die Kurzgeschichte “Brokeback Mountain” verfasst hat – jaja.
19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, schicken wir David zu Bett und wechseln dann auf HBO, wo gerade der Vorspann zur neuen Stephen King Verfilmung “Big Driver” über die Mattscheibe flimmert. Ich lehne mich entspannt zurück und tauche in das Leben einer Schriftstellerin ein, die eines Abend von einem Geisteskranken angegriffen wird – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach 100 spannungsgeladenen Minuten findet der Streifen endlich sein blutiges Ende. Ich gähne ausgiebig und ziehe mich übermüdet ins Gästehaus zurück. Gute Nacht.