Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Heimseitenbesucher,
das Motto der Heimat meines Bruders und der Kinder lautet: “A Mari Usque Ad Mare”. Das lateinische Sprichwort bedeutet “Von Meer zu Meer” und wurde vom Bibelzitat “Er wird herrschen von einem Meer bis ans andere und von dem Strom an bis zu der Welt Enden” (Psalm 72, 8) abgeleitet – wie schön.
Kanada erstreckt sich vom Atlantik im Osten bis zum Pazifik im Westen und umfasst eine Gesamtfläche von knapp 10 Millionen Quadratkilometer. 35.000.000 Kanadier leben in den 13 Provinzen Alberta, British Columbia, Manitoba, Neufundland und Labrador, New Brunswick, Nordwest-Territorien, Nova Scotia, Nunavut, Ontario, Prinz Edward Inseln, Quebec, Saskatchewan sowie Yukon und frönen ihren ganz eigenen Traditionen.
Zum Beispiel feiern die lustigen Indianer in Nunavut jedes Jahr im April – wenn sich im hohen Norden erstmals die Sonne zeigt – das “Toonik Tyme” Fest. Darüber hinaus lassen die Menschen in Ostkanada den goldenen Herbst (löblich: Indian Summer) mit ausufernden Gelagen hochleben. In Neufundland werden Hausgäste angehalten, einen kräftigen Schluck Screech – das ist ein hochprozentiger Rum – zu trinken und einen Kabeljau zu küssen.
Toronto ist eine Reise wert
Weil Toronto ein Schmelztiegel der Kulturen ist, finden in der Heimatstadt meiner Familie besonders zur Weihnachtszeit unzählige Feste statt. Die indigene Minderheit der Inuit, die ursprünglich aus dem arktischen Nordostkanada stammen, richtet in der Weihnachtswoche das Winterfest “Sinck Tuck” aus. In einschlägigen Gasthäusern werden schwere Braten, schmackhafte Fischgerichte und süsse Nachspeisen aufgetischt. Ferner schreiben es sich die aus Nova Scotia zugezogenen Frankokanadier auf die Fahnen, sich an Weihnachten zu verkleiden, um grölend durch die Strassen zu ziehen – wie unlöblich.
Maria hat es sich heute zur Aufgabe gemacht, Steckrüben auszuhöhlen und sie mit Kerzen auszustatten. Dieser Brauch stammt ursprünglich aus der Provinz Labrador und soll die Hausbewohner vor grossem Unglück beschützen.
Selbstverständlich wird das Weihnachtsfest in der Provinz Ontario auch ganz traditionell gefeiert. Auf den Märkten preisen die Händler schon seit Wochen Schmankerl aller Art an. Deswegen habe ich am Vormittag Maria und die Kinder zum “Distillery District” (löblich: Brennerei Bezirk) begleitet und bei der Auswahl des Weihnachtsbratens geholfen. In einer Metzgerei, die von polnischen Einwanderern betrieben wird, haben wir 70 Dollars in einen saftigen Rinderbraten investiert. Dazu wird meine Schwägerin am Abend des 25. Dezembers eine vitaminreiche Apfelsauce sowie Kartoffeln kredenzen – das gibt ein Festessen.
Ich werde mich nun ins Gästezimmer zurückziehen und Präsente in farbenfrohes Papier einschlagen. Zudem wurde ich von James, Amanda und David genötigt, am Abend ein Lichtspielhaus zu besuchen. Die jungen Leute wollen sich den Abenteuerfilm “Night at the Museum: Secret of the Tomb (auf deutsch: Nachts im Museum – Das geheimnisvolle Grabmal) anschauen und mich ausserdem zum Essen ins “Il Fornello” Italiengasthaus einladen – das kann ja heiter werden.
Ich wünsche allen Lesern einen schönen Abend.
Reinhard Pfaffenberg