12. Oktober 2012 – Ich bin Friedensnobelpreisträger

07.30 Uhr Der Radiowecker springt an und ich habe ein Lied des in die Jahre gekommenen Musikers Bob Dylan im Ohr. Während der Heini “Pay in Blood” (löblich: Bezahl in Blut) trällert, steige ich aus dem Bett und absolviere bei angenehmen 73°F (23°C) den Frühsport. Danach lasse ich die Wirbelbadewanne mit Wasser vollaufen und entspanne mich redlichst – das tut gut.
09.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner goldenen ROLEX auf 9 zugeht, schwinge ich mich hinters Lenkrad meines Chevrolets und gleite zu prima WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Musik in Richtung Julies Restaurant davon. Während die Tachonadel an der 35 Meilen Grenze kratzt, erkläre ich meinem Haustier, dass wir nach dem Frühstück Lebensmittel einkaufen müssen.
09.30 Uhr Im Gasthaus meines Vertrauens angekommen, leiste ich Prof. Kuhn Gesellschaft und ordere bei Aushilfsbedienung Peggy ein Frühstück. Bei dieser Gelegenheit lasse ich Edelbert wissen, dass der PUBLIX Supermarkt derzeit 10% Rabatt bei Barzahlung gewährt. Der schlaue Mann ist begeistert und sagt, dass er mich begleiten wird – wie schön.
10.30 Uhr Nach dem Bezahlvorgang laufe ich ruckzuck zum Auto und fordere Edelbert zu einem Rennen heraus. Mein Bekannter zeigt mir den Vogel und behauptet, dass er sowieso der bessere Fahrer ist und als Sieger den Supermarkt erreichen wird – papperlapapp. Ich bringe den Wählhebel der Automatikschaltung spornstreichs in die “D” Stellung und setze den PS-strotzenden SUV gekonnt auf die Strasse. Leider zieht Edelberts schneeweisser JEEP just in diesem Augenblick an mir vorbei und verschwindet im dichten Vormittagsverkehr.
11.15 Uhr Während wir den Einkaufswagen durch die breiten Gänge des PUBLIX schieben, redet Edelbert ohne Unterlass auf mich ein und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass er früher ein grosser Fan (löblich: Anhänger) des Rallyeweltmeisters Walter Röhrl war – wie unlöblich. Seufzend finde ich mich am Kartoffelchipsregal ein und lade mehrere Tüten Lays in den Wagen.
12.30 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten verlassen wir den Supermarkt und entschliessen uns, ins benachbarte “Sunburst” Kaffeehaus einzukehren, um “Belgian Waffles” (löblich: Belgische Waffeln) mit Heidelbeerkompott zu ordern. Dazu gibt es köstliche Eiskaffees mit Schaumkrone – das schmeckt.
13.30 Uhr Nachdem wir uns gestärkt haben, verabschiede ich Edelbert redlichst und gebe zu Protokoll, dass ich morgen in Naples bestem Turnstudio Sport treiben werde. Prof. Kuhn reibt sich die Hände und verspricht, gegen 11 Uhr im “Whitaker Wellness Center” zu sein – wie schön. Anschliessend presche ich mit durchdrehenden Pneus davon und fahre radiohörend in den Willoughby Drive zurück.
15.15 Uhr Nach einer wohlverdienten Mittagspause nehme ich kaffeetrinkend am Schreibtisch Platz und finde im Posteingang eine elektronische Depesche meiner Mieterin vor. Sandra berichtet, dass bis heute Herr Löschnik von VORWERK im Pensionszimmer logiert hat. Ferner erfahre ich, dass sich das Kind sehr auf ihren anstehenden Urlaub freut. Kopfschüttelnd lösche ich Nachricht und widme mich den Hilferufen besorgter Heimseitenbesucher.
16.45 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, beende ich die Anschnurarbeit und mache es mir zur Aufgabe, den Rasen zu mähen und das Petersilienbeet abzuernten. Zudem halte ich ein Schwätzchen mit Frau Booth und höre, dass sämtliche Mitgliedsstaaten der EU gemeinschaftlich den Friedensnobelpreis erhalten haben. Ich mache grosse Augen und komme zu dem Schluss, dass das Nobelpreiskomitee unter Führung des 62jährigen Thorbjørn Jagland nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.
17.45 Uhr Nachdem ich die Gartengeräte in die Garage verfrachtet habe, klingle ich am Eigenheim von Frau Pontecorvo und lade mich kurzerhand zum Abendessen ein. Meine Nachbarin serviert köstliche Sandwiches (löblich: belegte Brote) und lotet aus, ob ich ihr beim Fernsehschauen Gesellschaft leisten will. Ich stimme prompt zu und stelle klar, dass am Abend ein Footballspiel auf ESPN läuft. Die Dame schüttelt jedoch den Kopf und sagt, dass wir uns auf PBC den Dokumentarfilm “The Story of the Weeping Camel” (auf deutsch: Die Geschichte vom weinenden Kamel) ansehen werden – das kann ja heiter werden.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit mache ich es mir in Frau Pontecorvos Wohnstube bequem und habe das zweifelhafte Vergnügen, eine zweistündige Dokumentation über eine Nomadenfamilie zu sehen, die in der Wüste Gobi lebt – wie langweilig.
21.00 Uhr Als der Abspann über den Bildschirm flimmert, wünsche ich meiner Gastgeberin einen schönen Abend und kehre gähnend in meine kleine Villa zurück. Zum Abschluss des Tages reguliere ich die Klimaanlage und lege mich dann schlafen. Gute Nacht.

Der Friedensnobelpreis wird seit 1901 am Todestag Alfred Nobels verliehen. Der gute Mann verfügte in seinem Testament, dass jedes Jahr ein Preis an denjenigen vergeben werden soll, der “am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt” und damit “der Menschheit den grössten Nutzen erbracht” hat.

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