08.00 Uhr Pünktlich um Acht-Einhundert springt der Radiowecker an und ich habe das Vergnügen, ein stimmungsvolles Lied der aus Memphis, TN stammenden Musikformation “Lucero” zu lauschen. Während die fünf Naturburschen die Komposition “Among the Ghosts” (löblich: Unter den Geistern) trällern, rolle ich mich aus dem Bett und werfe prüfende Blicke auf den Jahreskalender. Im Handumdrehen wird mir klar, dass Frau Pontecorvo in 5 Tagen Geburtstag feiern wird – da kommt besonders grosse Freude auf.
08.30 Uhr Nach der Morgengymnastik kehre ich in die klimatisierte Stube zurück und nehme mir das Recht heraus, mich bei einem erfrischenden Wirbelbad zu entspannen. Währenddessen rufe ich bei meiner lieben Familie im Lowbank Drive an und frage Georg, ob wir meine Nachbarin mit einer kleinen Grillfeier überraschen sollten. Georg stimmt prompt zu und verspricht, für das Grillgut und die Getränke zu sorgen – wie aufregend.
Das Ferienhaus meiner Familie
09.30 Uhr Just als ich aus der Wanne hüpfe und zum Handtuch greife, bimmelt es besonders laut an der Pforte. Obgleich ich keinen Gast erwarte, werfe ich mir den Bademantel über und zögere nicht, zur Haustüre zu laufen und die Pforte schwungvoll zu öffnen. Zu allem Überfluss steht eine übergewichtige Ausländerin vor der kleinen Villa und plappert, dass sie von Frau Gomez gebeten wurde, meinen Haushalt auf Vordermann zu bringen. Selbstverständlich gebe ich mich skeptisch und zücke augenblicklich meine praktische Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry), um bei meiner mexikanischen Putzperle anzurufen. Bereits nach wenigen Sekunden habe ich die Dame am Rohr und informiere, dass vor wenigen Minuten eine kleinwüchsige Frau geklingelt hat. Frau Gomez nickt eifrig und bestätigt, dass Ximena (29) sehr fleissig ist und sie während ihrer Abwesenheit vertreten wird.
Meine praktische Schwarzbeere
10.00 Uhr Schlussendlich beende ich das Telefonat und winke Fräulein Ximena lächelnd herein. Die Reinigungsfachfrau macht sich sogleich ans Werk und flitzt mit dem Staubwedel durch sämtliche Zimmer. Unterdessen folge ich der fremden Dame auf Schritt und Tritt und bringe auf Anfrage heraus, dass Ximena ein beliebter mexikanischer Vorname ist. In diesem Zusammenhang verrät die Putzfrau, dass unter anderem die Gattin des spanischen Nationalhelden El Cid den gleichen Vorname hatte – das ist mir Wurst.
11.00 Uhr Nachdem ich sichergestellt habe, dass Ximena nicht nur mit dem Staubwedel, sondern auch mit dem Staubsauger umgehen kann, setze ich mir die NY YANKEES Kappe auf und scheuche Hund Dixon zum Nachbarhaus, um Frau Pontecorvo mit einem Besuch zu beglücken. Wie nicht anders zu erwarten, winkt mich meine Nachbarin zuvorkommend herein und verwöhnt mich mit hausgemachter Zitronenlimonade. Darüber hinaus fährt die Perle leckere Sandwiches (löblich: Wurstbrote) auf und animiert mich, kraftvoll zuzubeissen. Ich lasse mich nicht zweimal bitten und erkläre meiner Gastgeberin, dass ich heute leider auf ein opulentes Frühstück verzichten musste. In diesem Zusammenhang verweise ich auf Fräulein Ximena und stelle klar, dass Frau Gomez bis zum Monatsende verreist ist. Frau Pontecorvo schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und sagt, dass es gar nicht so leicht ist, seriöses Personal zu finden – das kann man ruhig laut sagen.
Frau Ximena schwingt den Wedel
12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, wische ich mir mit einer Serviette über den Mund und bedanke mich artig für Speis und Trank. Um meine Nachbarin nicht noch länger aufzuhalten, wünsche ich ihr einen schönen Nachmittag und breche mit dem Vierbeiner im Schlepptau zu einer entspannten Wanderung in Richtung des “La Playa” Golfplatzes auf – was kann es schöneres geben.
12.30 Uhr Während die Sonne vom Himmel brennt, werfe ich den Rüden Stöckchen zu und entschliesse mich, am Zuhause der abgehalfterten Hollywooddiva Merryl Dench vorbei zu laufen. Da sich Frau Denchs langjähriger Lebensgefährte im Vorgarten tummelt, halte ich kurz inne und frage Herrn West, wie es seiner Angetrauten geht. Der lustige Senior rückt prompt mit der Wahrheit heraus und berichtet, dass sich Frau Dench seit einer Woche auf einer Schönheitsfarm aufhält und sich einer aufwendigen Botox-Behandlung stellt – wie lächerlich.
13.00 Uhr Sechzig Minuten später stehe ich vor der Einfahrt zu Naples schönster Golfanlage und komme aus dem Schwitzen kaum mehr heraus. Trotz alledem mache ich kehrt und strebe mit schnellen Schritten nach Hause.
13.45 Uhr Endlich bin ich wieder dahoam und kann aus den Flip Flops schlüpfen. Ferner fülle ich gesundes ROYAL CANIN Trockenfutter in Dixons Napf und sehe mich in der guten Stube ganz genau um. Wohlwollend stelle ich fest, dass Frau Ximena beste Arbeit abgeliefert und sogar die Fenster geputzt hat.
14.45 Uhr Weil ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und schliesse die Augen. Bereits nach wenigen Sekunden döse ich ein und träume von Frau Pontecorvos anstehender Geburtstagsfeier – das wird eine ganz grosse Gaudi.
15.45 Uhr Ich erwache ausgeruht und nehme am Schreibtisch platz, um Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter abzurufen. Natürlich quillt der elektronische Postkasten wieder einmal über und ich sehe mich genötigt, verzweifelten Heimseitenbesuchern bei schwerwiegenden Problemen zur Seite zu stehen.
16.30 Uhr Just als ich die Depesche eines 58jährigen Frührentners überfliege, kommt mein Haustier von seinem Ausflug an den Teich zurück. Ich mache grosse Augen und ärgere mich, weil der Vierbeiner seine Pfoten im kühlen Nass gebadet hat – gleich platzt mir der Kragen.
Hund Dixon hat gebadet
17.15 Uhr Nachdem ich die Anschnurseelsorge erledigt und das Fell meines tierischen Begleiters gebürstet habe, bereite ich das Nachtmahl vor. Fachmännisch schwenke ich Butterschmalz in einer Pfanne und lasse das Haustier wissen, dass wir uns nun ein vitaminreiches T-Bone Steak (löblich: T Knochen Schnitzel) gönnen werden.
18.00 Uhr Nach der Stärkung mache ich es mir im Wohnzimmer bequem und fröne den Abendnachrichten auf FOX. Unter anderem lerne ich, dass just heute vor 516 Jahren der italienische Seefahrer Christoph Kolumbus erstmals das amerikanische Festland betreten hat – wie aufregend.
19.00 Uhr Zur Hauptsendezeit erfreue ich mich auf HBO dem amerikanischen Zukunftsfilm “Space Cowboys”. Der Lichtspielhauserfolg aus dem Jahre 2000 versetzt mich ins Jahr 1958 und ich tauche in das Leben der vier tapfersten Testpiloten der US Air Force ein – da kommt Freude auf.
21.00 Uhr Als die preisgekrönte Hollywoodproduktion nach zwei Stunden und 5 Minuten zu Ende geht, unternehme ich mit Dixon einen letzten Rundgang durch den Garten. Danach lösche ich das Licht und gehe müde zu Bett. Gute Nacht.