08.00 Uhr Ich öffne die Augen und verspüre ein Kratzen in meiner Kehle. Da auch meine Stirn ganz heiss ist, komme ich schnell zu dem Ergebnis, dass ich krank bin und heute unmöglich aufstehen kann – wie schrecklich.
08.30 Uhr Weil weder die Verwandten, noch Edelbert auf meine Hilferufe reagieren, rolle ich mich schlussendlich doch aus dem Bett und schleppe mich badebemäntelt ins Parterre. Zu allem Überfluss haben Georg und Maria bereits am Esstisch Platz genommen und lassen mich wissen, dass Edelbert mit Hund Dixon zur “Centerpoint Mall” spaziert ist. Ich winke missmutig ab und entgegne, dass ich Halsschmerzen habe und Pflege benötige. Bevor die lieben Leute etwas erwidern können, mache ich kehrt und lasse mich stöhnend auf dem Wohnzimmersofa nieder.
Hund Dixon spaziert zur Centerpoint Mall
09.00 Uhr Wenig später serviert meine Schwägerin eine Tasse Salbeitee und sagt, dass es schlauer wäre, wieder ins Bett zu gehen. Ich schüttle entschieden den Kopf und greife zur Fernbedienung, um das Qualitätsprogramm von “Nickeloden” auszuwählen. Ferner werfe ich mir eine Decke über und bitte Maria, mir ein Honigbrot zu bringen – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
09.30 Uhr Dreissig Minuten später kommt der Professor von seinem Ausflug zurück und erkundigt sich, ob ich gestern zu viel getrunken habe. Natürlich werfe ich dem schlauen Mann skeptische Blicke zu und stelle klar, dass ich am Abend lediglich sechs Bier getrunken habe. Ausserdem greife ich mir an den Hals und weise Edelbert auf die Tatsache hin, dass ich schreckliche Halsschmerzen habe. Mein Bekannter zuckt mit den Schultern und leistet Georg und Maria bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft – wie unlöblich
Die Schwarzbeere schellt
10.00 Uhr Just als der Vorspann zur beliebten Zeichentricksendung “Spongebob” (auf deutsch: Schwammkopf) über die Mattscheibe flimmert, bimmelt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) besonders laut. Zu allem Überfluss meldet sich Frau Pontecorvo in der Leitung und erkundigt sich nach unserer Flugnummer und der genauen Ankunftszeit am Freitag. Ich versorge die Perle mit den gewünschten Fakten und verrate, dass ich heilfroh bin, morgen endlich wieder in wärmeren Gefilden zu sein.
10.45 Uhr Weil ich nicht den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen kann, rolle ich mich vom Kanapee und ziehe es vor, im Gästebadezimmer zu verschwinden und ein heisses Vollbad mit Schaum zu geniessen. Da gutes Aussehen in der heutigen Zeit sehr wichtig ist, rasiere ich mir auch die Bartstoppeln ab und wasche mir die Haare mit einem Pflegeprodukt aus dem Hause “Schwarzkopf” – wie gut das duftet.
11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten werde ich erneut im Parterre vorstellig und bringe heraus, dass Georg und Edelbert ausgeflogen sind, um den Nachmittag im “BATA Shoe Museum” (löblich: BATA Schuhmuseum) zu verbringen. Ich seufze laut und freue mich, als mir Maria eine Tasse Tee sowie Halspastillen überreicht.
12.30 Uhr Während ich das Heissgetränk im Wohnzimmer schürfe, löchert mich meine Schwägerin mit Fragen und möchte wissen, wann wir morgen am Flughafen sein müssen. Ich spähe spornstreichs auf meine ROLEX und gebe zu Protokoll, dass wir mit WestJet nach Fort Myers ausfliegen werden und gegen 14 Uhr zum Pearson Airport krusen sollten. Maria ist begeistert und sagt, dass wir vorher in ein Restaurant einkehren könnten – wie aufregend.
Bald bin ich wieder in Florida
13.15 Uhr Alsbald bimmelt es an der Pforte und Maria begrüsst die Haushälterin überschwänglich. Frau Grace kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und berichtet, dass sie gerade im Feinkostladen war und Lebensmittel für 300 Dollars eingekauft hat. Missmutig streichle ich Dixon über den Kopf und informiere, dass ich von schwedischem Lachs, Wachteleier, französischem Käse und Kaviar nur träumen kann – wie schade.
14.00 Uhr Als Frau Grace mit dem Staubwedel durchs Haus flitzt, schlüpfe ich in meine Winterjacke und breche trotz der Halsschmerzen zu einem Gassigang durch den verschneiten Stadtteil York auf. Während ich der Steeles Avenue gen Westen folge und Dixon ein Stöckchen zuwerfe, passiere ich plötzlich ein Fachgeschäft für koreanische Lebensmittel. Da ich an ausländischem Essen sehr interessiert bin, betrete ich den Laden und nehme die feilgebotenen Waren ganz genau in Augenschein. Darüber hinaus komme ich mit dem Inhaber ins Gespräch und lerne, dass in Toronto sehr viele Koreaner leben. Herr Xi redet ohne Unterlass auf mich ein und erzählt ausserdem, dass sein Bruder eine Fleischerei am anderen Ende der Stadt betreibt – das soll mir auch Recht sein.
15.00 Uhr Nach einer Stunde treffe ich wieder zu Hause ein und bemerke, dass Georg und Edelbert auch schon zurück sind. Ich leiste den lieben Menschen an der Kaffeetafel Gesellschaft und gebe vor, dass die Halsschmerzen langsam abklingen. Maria gibt sich erleichtert und kündigt an, dass uns die Kinder Morgen zum Abschiedsessen begleiten werden – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
Der Käsekuchen schmeckt prima
16.00 Uhr Nachdem ich zwei Stück Käsekuchen gegessen und fünf Tassen Kaffee getrunken habe, falle ich erschöpft aufs Kanapee und schliesse die Augen. Bereits nach wenigen Augenblicken schlummere ich ein und träume von meiner bescheidenen Villa im sonnigen Naples – da kommt besonders grosse Freude auf.
17.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und werde beim Blick zur Küche Zeuge, wie Maria tiefe Teller auf dem Esstisch bereitstellt. Weil ich über alles informiert sein muss, erkundige ich mich, welche Köstlichkeiten am Abend auf der Tafel landen werden. Meine Schwägerin schenkt mir ein Lächeln und unterbreitet, dass ich mich über einen Gemüseeintopf mit Fleischeinlage freuen darf – das hört sich verlockend an.
17.30 Uhr Während ich das Abendessen in vollen Zügen geniesse, frage ich den Professor bezüglich des Museumsbesuch aus und vernehme, dass das “BATA Shoe Museum” im vergangenen Jahr aufwendig renoviert wurde und mit weiteren Exponaten aufgewertet wurde. Unter anderem kommt der schlaue Mann auf Elvis Presley zu sprechen und sagt, dass die Besucher nun auch die Möglichkeit haben, die Hausschuhe des “Kings” (löblich: Königs) aus nächster Nähe zu sehen – wie aufregend.
Die Anderen schlürfen Rotwein
18.30 Uhr Zu guter Letzt beschliessen wir den Tag vor der Glotze. Während die Anderen Rotwein trinke, nehme ich mit einem Tee Vorlieb und fröne den Abendnachrichten. Zeitnah schalten wir jedoch auf einen Sportkanal um und ich komme in den Genuss, das Eishockeyspiel zwischen den “Toronto Maple Leafs” und den “Nashville Predators” zu verfolgen – wie langweilig
21.00 Uhr Nach dem ersten Drittel wird es mir zu bunt und ich entschliesse mich, den Vierbeiner in den Garten hinauszulassen und eine Halspastille einzunehmen. Im Anschluss ziehe ich mich ins Gästezimmer zurück und falle fix und foxi ins Bett. Gute Nacht.