20. Juni 2017 – Oaks Farm Market

08.00 Uhr Ein neuer Morgen beginnt und ich habe eine wunderschöne “Lady Antebellum” Komposition im Ohr. Darüber hinaus plappert der Radiomoderator, dass die Landmusikcombo Ende Mai ein neues Album herausgebracht hat. Ich rolle mich summend aus dem Bett und lasse Dixon wissen, dass wir uns die Scheibe mit dem Titel “Heart Break” (löblich: Herzbruch) nicht entgehen lassen dürfen.


Lady Antebellum – Heart Break

08.30 Uhr Nachdem ich mir die dreizehn Titel auf Amazon.com heruntergeladen habe, ertüchtige ich mich auf der Terrasse und schlage sogar ein Rad. Zudem habe ich das Vergnügen, mit der Dame von nebenan tratschen zu können. Frau Pontecorvo legt beste Laune an den Tag und kündigt an, dass sie bald zum “Oakes Farm Market” (löblich: Oakes Bauernhofmarkt) krusen wird, um frisches Gemüse einzukaufen. Ferner erfahre ich, dass in besagtem Feinkostladen auch fangfrische Meeresfrüchte feilgeboten werden – das hört sich verlockend an.
09.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf 9 zugeht, kehre ich in die klimatisierte Stube zurück und mache es mir zur Aufgabe, bei meinen Verwandten im Lowbank Drive anzurufen. Maria meldet sich prompt und gibt zu Protokoll, dass sie sich in einer Stunde beim besten Frisör der Stadt aufsteilen lassen wird. Ausserdem vernehme ich, dass auch Georg beschäftigt ist und mit Herrn Wang eine Partie Golf spielt – das ist wieder typisch.
09.15 Uhr Nachdem ich Edelbert kontaktiert und mir erneut eine Absage eingehandelt habe, ziehe ich mich ins Bad zurück. Weil mir Sauberkeit und Hygiene sehr am Herzen liegen, lasse ich Wasser in die Wanne laufen und gebe einen Schuss Rosenöl dazu. Danach schlüpfe ich aus dem mit Strass bestickten ARMANI Morgenmantel und lasse meine Glieder von den Wirbeldüsen redlichst durchmassieren – da kommt besonders grosse Freude auf.


Frau Pontecorvo möchte Paprika kaufen

10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab und werde zum Frühstück eingeladen. Währenddessen notiert sich Frau Pontecorvo etliche Artikel und sagt, dass sie unter anderem rote Paprikaschoten sowie Zucchinis einkaufen wird. Die kleine Frau leckt sich die Lippen und sagt, dass sie für Morgen Freundinnen eingeladen hat und ihnen gegrilltes Gemüse vorsetzen wird. Ich mache grosse Augen und merke an, dass ich leider verhindert bin und der Feierlichkeit nicht beiwohnen kann.
11.00 Uhr Wenig später helfen wir Dixon auf die Ladefläche des SUVs und schicken uns an, zum 11 Meilen entfernten Geschäft zu krusen. Unterdessen redet meine Nachbarin ohne Punkt und Komma auf mich ein und beteuert, dass sie am Monatsende nach Jacksonville rasen und ihre Freundin Blanche besuchen wird. Meine Begleiterin wischt sich über die Stirn und unkt, dass das Klima im Norden etwas erträglicher sein wird – jaja.
11.45 Uhr Kurz vor der Mittagszeit finden wir uns im “Oakes Farm Market” wieder. Während meine Bekannte Gemüse im mitgebrachten Bastkorb verstaut, statte ich den Feinkostständen einen Besuch ab und koste einen italienischen Roccolo Käse. Die Verkäuferin schenkt mir ein Lächeln und informiert, dass es sich hierbei um eine lombardische Spezialität handelt. Ich verziehe den Mund und entgegne, dass der Stinkekäse gar nicht nach meinem Geschmack ist. Mein Gegenüber nickt eifrig und ermutigt mich, einen Hartkäse namens Montasio zu probieren. Ich lehne dankend ab und nehme mir das Recht heraus, ein Stück “Grana Padano” sowie eine Schale mit leckerem Brotaufstrich zu ordern.


Wir investieren ein kleines Vermögen

12.45 Uhr Nach einer Stunden werden wir an der Kasse vorstellig. Während mir die Mitarbeiterin 11 Dollars abknöpft, wird Frau Pontecorvo genötigt, knapp 70 Scheine zu bezahlen. Als ich genauer nachfrage, deutet die Perle auf eine Packung Meersalz und rechnet vor, dass dieses griechische Erzeugnis 18 Dollars kostet.
13.30 Uhr Um nicht Hunger leiden zu müssen, verstauen wir die Lebensmittel im Auto und kehren kurzentschlossen in das angeschlossene “Captain Jerry’s Seafood” Restaurant ein, um eine Fischplatte für zwei Personen zu bestellen. Dazu gibt es süffige Weinschorlen sowie etwas Speck für Dixon – schmeckt gar nicht schlecht.
14.30 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und falle schnaufend aufs Kanapee. Während sich der Vierbeiner mit einem quietschenden Spielzeug beschäftigt, schliesse ich die Augen und döse in Sekundenschnelle ein.
15.30 Uhr Ich erwache ausgeruht und stelle beim Blick auf das Thermometer fest, dass die Anzeige die 100°F (37°C) Grenze mittlerweile überschritten hat. Um nicht vom Schlag getroffen zu werden, verschliesse ich die Terrassentüre und komme meinem Anschnurtschob nach. Wie es sich gehört, studiere ich Depeschen besorgter Eltern und rate einer Mutter aus Detmold, sich von ihren Zöglingen nicht alles gefallen zu lassen – wo kämen wir denn da hin.
16.30 Uhr Nachdem ich weitere elektronische Briefe abgeschickt habe, gehe ich von der Leine und richte mir in der Küche eine kalte Wurstplatte an. Dazu gibt es mehrere Scheiben Weissbrot mit vitaminreichem Aufstrich.
17.30 Uhr Zum Abschluss des langen Tages stelle ich die Geschirrspülmaschine ein und vergesse auch nicht, den Rasensprenkler in Betrieb zu setzen und das Petersilienbeet zu bewässern.


Die Petersilie wächst

18.00 Im Anschluss hole ich mir ein Sechserpack Budweiser aus dem Eiskasten und mache mich bei den FOX Nachrichten über die aktuellen Geschehnisse in der Welt schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf den Premiumkanal HBO, wo just im Moment der Vorspann zum preisgekrönten Hollywoodfilm “The Sixth Sense” (löblich: Der sechste Sinn) anläuft. Ich lehne mich entspannt zurück und folge der Geschichte eines Psychologen, der sich eines verwirrten Jugendlichen annimmt.
21.00 Uhr Als nach zwei Stunden der Abspann über den Flachbildschirm flimmert, nippe ich ein letztes Mal an der Bierflasche und erkläre dem Vierbeiner, dass ich selten einen grösseren Schmarrn gesehen habe. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und reguliere die Klimaanlage. Danach lösche ich die Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.