08.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und nehme die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) zur Hand, um die eingegangenen Depeschen zu tschecken. Unter anderem stosse ich auf eine Nachricht des “Forschungsinstitut Kuschmelka (München)” und bringe heraus, dass die erst kürzlich veröffentlichte “Kriminalstatistik für Bayern” Erschreckendes zu Tage gebracht hat. Ich mache grosse Augen und lerne, dass 57,8% mehr Verbrechen als im Vorjahr registriert wurden. Ich schwinge mich ungläubig aus dem Bett und lese weiter, dass Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien die Nationalitätenliste mit 16,1% anführen – das ist ja allerhand.
Meine praktische Schwarzbeere
08.30 Uhr Nachdem ich mit Edelbert telefoniert und ihn aufgefordert habe, die Kriminalstatistik ebenfalls zu studieren, verabschiede ich mich in den Garten. Weil Morgenstund’ bekanntlich Gold im Mund hat, absolviere ich den Frühsport und vergesse auch nicht, das Petersilienbeet zu giessen.
09.00 Uhr Während Dixon im Garten spielt, kehre ich ins Haus zurück und nehme den DeLonghi Vollautomaten in Betrieb. Danach ziehe ich mich ins Bad zurück und entspanne mich bei einem Wirbelbad – das tut gut.
10.00 Uhr Pünktlich zum Zehnuhrläuten steige ich aus der Wanne und werde beim Blick aus dem Fenster Zeuge, wie Edelberts schneeweisser JEEP vorfährt. Natürlich begrüsse ich meinen Bekannten herzlich und lasse ihn wissen, dass wir Frau Pontecorvo herüberbitten sollten. Darüber hinaus informiere ich, dass die kleine Frau gegen Mittag zu ihrer Freundin nach Jacksonville reisen wird. Edelbert zuckt mit den Schultern und macht sich daran, nach nebenan zu gehen, um die Alte einzuladen – da kommt besonders grosse Freude auf.
10.30 Uhr Um Frau Pontecorvo eine kleine Freude zu bereiten, rufe ich die ECHO Musiksäule auf, stimmungsvolle Frankie Valli Musik abzuspielen. Ferner fülle ich die Tassen mit köstlichem Bohnentrunk auf und serviere meinen Gästen vitaminreiche Rühreier mit Speck. Meine Tischnachbarn stürzen sich auf die Köstlichkeiten und vertreten einstimmig die Meinung, dass die Jause vorzüglich munden. Ich nicke eifrig und unterbreite, dass ich im Supermarkt die Finger von den überteuerten Bioerzeugnissen gelassen und stattdessen normale Eier gekauft habe. Der Professor schnalzt mit der Zunge und gönnt sich eine weitere Portion – wie schön.
Lustige Eier
11.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, kommt Frau Pontecorvo auf ihren Abstecher nach Jacksonville zu sprechen und setzt uns darüber in Kenntnis, dass sie am morgigen Abend die Schau “Price is Right” (auf deutsch: Der Preis ist heiss) im örtlichen “Times-Union Center for Performing Arts” sehen wird. Ich komme aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und erinnere mich, dass diese Sendung in den frühen 1990er Jahren mit grossem Erfolg auch im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde – das waren noch Zeiten.
12.00 Uhr Mit vollen Bäuchen räumen wir den Esstisch ab und verfrachten das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine. Währenddessen blickt meine Nachbarin immer wieder auf ihre CARTIER Armbanduhr und meint, dass nun die Zeit gekommen ist, um sich zu verabschieden. Wir seufzen laut und wünschen der Dame eine sichere Reise. Im Anschluss hole ich zwei Flaschen Budweiser aus dem Eiskasten und fordere Edelbert auf, mir auf die schattige Terrasse zu folgen. Zufrieden lassen wir uns in der Hollywoodschaukel nieder und stossen mit den Bierflaschen redlichst an – was kann es schöneres geben.
12.30 Uhr Während wir unsere trocknen Kehlen durchspülen, verweise ich erneut auf die Bayerische Kriminalstatistik und stelle die Behauptung auf, dass man in unserer alten Heimat kaum noch in Sicherheit leben kann. Edelbert stimmt prompt zu und rechnet vor, dass die bayerische Polizei laut der besagten Kriminalstatistik im Jahr 2016 knapp 27.000 tatverdächtige Zuwanderer registrieren musste. Ich winke ab und entgegne, dass die Deutschen der Gewalt und dem Terror mit absoluter Gleichgültigkeit begegnen – wo soll das noch hinführen.
Eins, Zwei, Drei – Die Polizei
13.30 Uhr Nachdem Edelbert das Weite gesucht hat, lege ich auf dem Kanapee die Beine hoch und entspanne mich von den Strapazen des Vormittages. Nach wenigen Sekunden schlummere ich ein und träume vom Weihnachtsfest bei meiner lieben Familie.
14.30 Uhr Ich öffne die Augen und rufe spornstreichs bei Georg an, um nachzufragen, ob ich ihn wirklich am 3. April in Florida begrüssen kann. Mein Bruder ist hellauf begeistert und bestätigt, dass er mit seiner Ehefrau am kommenden Montag im Sonnenscheinstaat eintreffen wird. Zudem vernehme ich, dass die zwei per Direktflug nach Miami fliegen und die Nacht in einem Motel an der Ostküste verbringen wollen – das soll mir auch Recht sein.
15.00 Uhr Erleichtert beende ich das Gespräch und setze mich an den Schreibtisch. Wie es sich gehört, gehe ich Anschnur und kümmere mich um Belange besorgter Heimseitenbesucher. Ich schufte hart und rate einer alleinerziehenden Mutter aus Krefeld, ihren schwer erziehbaren Sohn Kevin (12) kurzerhand zur Adoption freizugeben.
16.00 Uhr Weil es für das Abendessen noch zu früh ist, pfeife ich auf den Fingern und lade Hund Dixon zu einem entspannten Gassigang ein. Der Rüde folgt mir kläffend zum La Playa Golfplatz und freut sich, im kniehohen Gras etliche Golfbälle zu finden.
Ich beisse kraftvoll zu
17.00 Uhr Zuhause angekommen, mache ich mich in der Küche nützlich und richte eine kalte Brotzeitplatte mit hauchdünn aufgeschnittenem Capocollo und herzhaftem Cheddarkäse an. Dazu trinke ich ein Bier und lasse mir etliche Gewürzgurken aus dem Glas schmecken.
18.00 Uhr Danach lasse ich den Tag in Dixons Gesellschaft im Wohnzimmer ausklingen. Unter anderem schaue ich mir die Nachrichten an und informiere mich über die aktuellen Geschehnisse in der Welt.
19.00 Uhr Zur Hauptsendezeit (unlöblich: Prime Time) wechsle ich auf SHOWTIME und fröne wie schon gestern der nervenaufreibenden Kriminalserie “Breaking Bad”. Wie jeder weiss, erzählt dieses 62teilige Fernsehspiel die Geschichte eines Chemielehrers, der an Krebs erkrankt und kriminell wird – wie unlöblich.
21.00 Uhr Nachdem ich eine Flasche Rotwein geleert habe, schalte ich das Farbfernsehgerät aus und begleite den Vierbeiner an die frische Luft. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und ziehe mich gähnend ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.