11. März 2015 – Keine Erinnerung

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08.00 Uhr Weil ich die Thronbesteigung des bayerischen Märchenkönigs Ludwig II. ausgiebig gefeiert habe, fällt mir das Aufstehen heute besonders schwer. Mit grösser Kraftanstrengung rolle ich mich aus dem Wasserbett und eile in die Küche, um einen halben Liter EVIAN Quellwasser zu trinken. Danach nehme ich eine Handvoll ASPIRIN Tabletten ein und schleppe mich in die klimatisierte Stube.
08.30 Uhr Nach einer kurzen Verschnaufpause rapple ich mich auf und sorge auf der fliegenvergitterten Terrasse für Sauberkeit. Just als ich badebemäntelt die Bierflaschen einsammle, gesellt sich Herr Booth an die Grundstücksgrenze und erkundigt sich nach dem Grund der gestrigen Feierlichkeit. Ich stehe dem Vietnamveteran artig Rede und Antwort und erzähle, dass der 10. März ein Feiertag in meiner bayerischen Heimat ist. Der alte Mann kratzt sich an der Schläfe und behauptet, dass wir bis in die frühen Morgenstunden einen Höllenlärm veranstaltet haben. Ich zucke mit den Schultern und entgegne, dass ich an die Feier keine Erinnerung habe.

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Gestern floss viel Bier

09.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, die Seele bei einem Wirbelbad baumeln zu lassen. Unterdessen telefoniere ich mit Edelbert und bringe heraus, dass mein Bekannter ebenfalls einen über den Durst getrunken hat und heute nicht aus dem Haus gehen wird. Laut seufzend beende ich das Gespräch und versuche mein Glück bei Georg und Maria. Schon nach dem zweiten Tuten meldet sich meine Schwägerin und bedankt sich für die gestrige Einladung. Ferner höre ich, dass Georg immer noch im Bett liegt und den Wunsch geäussert hat, am heutigen Tag keine Ausflüge zu unternehmen – wie schade.
10.00 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und statte meiner Nachbarin einen Besuch ab. Mit Hund Dixon im Schlepptau schlendere ich nach nebenan und freue mich, Frau Pontecorvo sonnenbebrillt auf der Veranda anzutreffen. Die kleine Frau schenkt mir ein Lächeln und bittet mich, ihr beim Frühstück Gesellschaft zu leisten – das lasse ich mir nicht zweimal sagen.

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Meine Terrasse

10.30 Uhr Während ich ein französisches Hörnchen (unlöblich: Croissant) in brühfrischen Bohnentrunk tunke, kommt Frau Pontecorvo auf die gestrige Grillfeier zu sprechen und meint, dass der Limbo Wettbewerb sehr lustig war. Ich gebe mich ahnungslos und vernehme, dass Limbo eine Tanzart ist, bei dem der Tänzer zu karibischer Musik unter einer waagrechten Stange hindurch tanzen muss. Meine Tischnachbarin klopft sich lachend auf die Schenkel und unterbreitet, dass ich trotz meines Alters noch sehr gelenkig bin – gleich platzt mir der Kragen.
11.15 Uhr Nach der Jause kehre ich nachdenklich in die kleine Villa zurück und nehme die Alkoholvorräte im Eiskasten in Augenschein. Schnell wird mir klar, dass meine Gäste nicht nur sechs Flaschen Rotwein und einen Humpen Veuve Clicquot Sprudelsekt, sondern auch sämtliches Bier verköstigt haben – wie furchtbar.

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Auch der Schampanninger floss in Strömen

12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, hüpfe ich in den Chevrolet Suburban und schicke mich an, gemeinsam mit dem Vierbeiner zu “Bob’s Liquor Store” zu krusen. Nebenher lausche ich dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und habe das Vergnügen, dem Toby Keith Schlager “Beer for My Horses” (löblich: Bier für meine Pferde) zu lauschen – da kommt Freude auf.

12.30 Uhr Wenig später parke ich den SUV direkt vor dem Alkoholgeschäft und nehme mir das Recht heraus, ordentlich abzuschoppen. Ferner berichte ich dem Ladeninhaber, dass ich gestern eine kleine Grillfeier veranstalten und etliche Gäste bewirten musste. Herr Bob nickt zustimmend und unkt, dass nun gähnende Leere im Kühlschrank herrscht. Ich schlage in die gleiche Kerbe und verlade drei Sechserpacks Budweiser, zwei Flaschen Champagner sowie ein Träger Erdinger Weissbier in den Einkaufswagen.
13.15 Uhr Nach dem Bezahlvorgang steuere ich die benachbarte McDonalds Schnellessgaststätte an und ordere per Sprechdurchsage vitaminreiche Quarter Pounder (löblich: Viertelpfünder), köstliche Fritten (unlöblich: French Fries) sowie einen grossen Becher Diät Cola – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
14.00 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und treffe Frau Gomez staubwischend in der guten Stube an. Die fleissige Mexikanerin rümpft ihre Nase und sagt, dass es auf der Terrasse wie in einer Brauerei stinkt. Ich stimme uneingeschränkt zu und mache es mir zur Aufgabe, Reinigungsmittel in einen Kübel mit Wasser zu schütten und den Holzboden zu wischen. Währenddessen lasse ich mir die Sonne auf den Kopf scheinen und pfeife das lustige Lied von der launischen Forelle – was kann es schöneres geben.
15.00 Uhr Nachdem ich das Mittagessen verzehrt und meine trockne Kehle geölt habe, falle ich erschöpft aufs Kanapee. Obgleich meine Zugehfrau mit dem Staubsauger einen Höllenlärm veranstaltet, döse ich schnell ein und träume vom umjubelten Konzertauftritt mit James Combo “Northstar” in Dallas – das waren noch bessere Zeiten.


Ein moderner Heimrechner / Bild: Tomislav Medak / CC BY-SA 3.0

16.00 Uhr Da es sich nicht ziert, den Nachmittag zu verschlafen, hüpfe ich vom Kanapee und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Als ich Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher studiere, schaut mir Frau Gomez neugierig über die Schulter und möchte wissen, ob ich mir Videos auf YouTube (löblich: DuRöhre) anschaue). Ich schüttle den Kopf und informiere, dass ich das Internetz ausschliesslich für Recherchen nutze.
16.45 Uhr Zum Abschluss der Beratungsstunde schalte ich die neuen Einträge im Gästebuch frei. Im Anschluss gehe ich von der Leine und werde beim Blick aus dem Fenster Zeuge, wie die Putzfrau den Läufer ausklopft.
17.00 Uhr Nachdem sich die Putzperle verabschiedet hat, begebe ich mich in die Küche und bereite das Nachtmahl vor. Der Vierbeiner weicht währenddessen nicht von meiner Seite und freut sich, als ich Bratkartoffeln, Spinat und Spiegeleier zaubere – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Voll bis zum Anschlag lasse ich den Abend in Dixons Gesellschaft im Wohnzimmer ausklingen. Unter anderem fröne ich den FOX Nachrichten und informiere mich über die tagesaktuellen Geschehnisse.
19.00 Uhr Zur Hauptsendezeit wähle ich den Bezahlsender HBO aus und ergötze mich am James Bond Krimi “Octopussy” aus dem Jahre 1983. Ich amüsiere mich köstlich und komme zu dem Schluss, dass das dreizehnte Abenteuer des Geheimagenten an Spannung nicht zu überbieten ist.
21.15 Uhr Nach 135 nervenaufreibenden Minuten schalte ich das Farbfernsehgerät aus und begleite Dixon an die frische Luft. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und ziehe mich ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.