08.00 Uhr Ich öffne die Augen und fühle mich prima. Da das sonnige Wetter zu einem Strandbesuch einlädt, rolle ich mich aus dem Bett und eile nach draussen, um bei angenehmen 70°F (21°C) meine Muskeln zu stählen. Ausserdem schleudere ich einen Tennisball zum Teich und animiere Dixon, die Filzkugel zu apportieren – leider ohne Erfolg.
Ein lustiger Tennisball
08.30 Uhr Just als ich es mir in der Wirbelbadewanne bequem mache, werde ich auf einen Mückenstich an meinem rechten Oberarm aufmerksam. Als ich genauer hinschaue, stelle ich fest, dass es sich um keinen Moskitostich, sondern um einen Zeckenbiss handelt. Weil die Milbe noch immer in der Haut steckt, steige ich augenblicklich aus der Wanne und ziehe mir den Bademantel über.
09.30 Uhr Anschliessend laufe ich zum Nachbarhaus und poche lautstark gegen die Pforte. Als Frau Pontecorvo endlich öffnet, deute ich auf die Bissstelle und unke, dass nun mein letztes Stündchen geschlagen hat. Meine Nachbarin beruhigt mich redlichst und sagt, dass es ein leichtes Unterfangen wird, die Zecke zu entfernen. Ich tippe mir an die Stirn und antworte, dass ich mich in die Obhut eines Arztes begeben werde. Bevor Frau Pontecorvo Worte findet, mache ich kehrt und fasse den Entschluss, ins Krankenhaus zu fahren.
10.00 Uhr Nachdem ich mich angezogen und Hund Dixon bei Familie Crane in Obhut gegeben habe, rase ich in Richtung Westen davon. Ich trete das Gaspedal bis zum Anschlag durch und fahre hupend zum “Naples Medical Center” am Health Park Boulevard.
10.30 Uhr Am Ziel angekommen, laufe ich ruckzuck zum Empfang und teile einem zeitungslesenden Krankenhausmitarbeiter mit, dass ich schnellstmöglich einen Doktor sprechen muss. Darüber hinaus deute ich auf die Hautrötung an meinem Arm und unterbreite, dass die Schmerzen kaum auszuhalten sind. Anstatt sich Sorgen zu machen, überreicht mir der Heini ein Formular und bittet mich, sämtliche Fragen zu beantworten und im Anschluss bei Dr. Reynolds im zweiten Stock vorstellig zu werden – das ist wieder typisch.
11.15 Uhr Nachdem ich meine Anschrift sowie den Namen meiner Versicherung preisgegeben habe, erklimme ich die Treppe ins zweite Obergeschoss und bemerke, dass ich nicht der einzige Patient bin, der von einem Hautarzt behandelt werden möchte. Ich lasse mich im Wartezimmer nieder und nutze die Gelegenheit, um bei Edelbert anzurufen. Nach dem zweiten Tuten meldet sich der gute Mann und belehrt, dass ein Zeckenbiss in den seltensten Fällen zum Tode führt. Ich seufze laut und erwidere, dass die Viecher Borreliose Bakterien übertragen können. Mein Bekannter lacht aber nur und sagt, dass alles gut wird – wie unlöblich.
Eine gefährliche Zecke
12.15 Uhr Nach einer geschlagenen Stunde bin ich an der Reihe. Ich reiche dem Arzt schwer atmend meine Hand und präsentiere ihm den Zeckenbiss. Dr. Reynolds späht stirnrunzelnd durch ein Lupe und setzt mich darüber in Kenntnis, dass sich eine sogenannte “Gulf Coast Tick” (löblich: Golfküstenzecke) in meinen Arm verbissen hat. Danach nimmt der Facharzt eine Pinzette zur Hand und zieht die ekelerregende Milbe mit einem Ruck aus der Haut. Ich wische mir demonstrativ die Schweissperlen von der Stirn und frage, wie wir nun weiter vorgehen werden. Dr. Reynolds sprüht ein Desinfektionsmittel auf die Bissstelle und antwortet, dass eine Zecke erst nach 24 Stunden Viren übertragen kann. Ferner verabreicht mir der Quacksalber eine Spritze und meint, dass ich nun zur Kasse gehen und die Rechung bezahlen kann – wie unlöblich.
13.00 Uhr Um insgesamt 184,47 Dollars ärmer, verlasse ich das Krankenhaus und hüpfe ins Auto, um mit durchdrehenden Reifen vom Parkplatz zu brettern. Während der kurzweiligen Ausfahrt fluche ich wie ein Bauarbeiter und ärgere mich, weil die Ärzte keine Ahnung haben.
Mein Zuhause unter Palmen
13.45 Uhr Zuhause angekommen, hole ich Hund Dixon bei Frau Crane ab und ziehe mich in die kleine Villa zurück. Ich lasse die Rollos nach unten gleiten und bette mich in der klimatisierten Stube zur Ruhe.
14.45 Uhr Kurz vor dem Dreiuhrläuten schellt Frau Pontecorvo an der Haustüre und erkundigt sich nach dem Rechten. Ich winke die Dame herein und informiere, dass Dr. Reynolds der Meinung war, dass die Zecke keine Viren übertragen hat. Trotzdem bleibe ich skeptisch und bin mir ziemlich sicher, dass ich mit Spätfolgen zu rechnen habe.
15.30 Uhr Just als ich brühfrischen Kaffee serviere und einen Kuchen aus dem WINN DIXIE Markt anschneide, kommt Edelberts schneeweisser JEEP auf der Einfahrt zum Stehen. Der schlaue Mann leistet uns beim Kaffeekränzchen Gesellschaft und behauptet, dass Zeckenstiche überbewertet werden. Bei dieser Gelegenheit kommt der Professor auf seine Jugendzeit zu sprechen und legt anschaulich dar, dass er als Bube ständig auf Wiesen gespielt hat und andauernd von Zecken gebissen wurde – das kann jeder behaupten.
16.30 Uhr Weil ich meine Ruhe haben möchte, begleite ich meine Bekannten zur Türe. Danach nehme ich am Heimrechner Platz und mache mich auf Wikipedia über Zecken schlau. Ich lese alle Berichte ganz genau durch und lerne, dass statistisch gesehen nur jeder 100. Stich zu einer Erkrankung führt.
17.00 Uhr Nach meiner Internetzrecherche fühle ich mich besser und entschliesse mich, das Abendessen vorzubereiten. Da ich weder ein Frühstück, noch ein reichhaltiges Mittagessen hatte, werfe ich zwei Schnitzel (unlöblich: Steaks) in die Pfanne und bereite ausserdem Kartoffelstäbe im Backofen zu – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Bevor ich mich in den wohlverdienten Feierabend verabschiede, bringe ich die Küche auf Vordermann und vergesse auch nicht, den Müll hinaus zu bringen. Anschliessend mache ich es mir auf dem Kanapee bequem und schaue mir die Nachrichten auf FOX an.
19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: beste Sendezeit) greife ich auf das COMCAST Video on Demand (löblich: Video auf Abruf) Angebot zurück und fröne dem Kriegsfilm “The Monuments Men”. Ich lehne mich kartoffelchipsverzehrend zurück und gebe mich den Abenteuern einer Sondereinheit hin, die während des zweiten Weltkriegs die grössten Kunstschätze aus Deutschland herausschmuggeln muss – wie aufregend.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, beende ich den Fernsehabend und nehme noch einmal den Zeckenstich in Augenschein. Erleichtert stelle ich fest, dass die Rötung mittlerweile verschwunden ist. Danach rufe ich den Vierbeiner ins Haus und falle fix und foxi ins Bett. Gute Nacht.