8. Januar 2014 – Niagara Fälle

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07.45 Uhr Da wir heute zu den Niagara Fällen reisen wollen, hüpfe ich zeitig aus dem Bett und stähle meine eingerosteten Muskeln am Fenster. Dabei fällt mir auf, dass es letzte Nacht erneut geschneit hat. HEUREKA – dieses eiskalte Wetter treibt mich noch in den Wahnsinn.
08.15 Uhr Während sich Dixon freudig ins Parterre verabschiedet, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse die Seele bei einem Vollbad baumeln. Ferner rufe ich bei Frau Pontecorvo an und erfahre, dass die Dame seit zwei Tagen wieder in Naples ist. Ich halte Kleingespräche (unlöblich: Smalltalk) mit meiner Bekannten und erinnere, dass wir uns am Samstag wiedersehen werden.
09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten rutsche ich auf dem Treppengeländer nach unten und wünsche Georg, Edelbert und Maria einen guten Morgen. Mein Bruder tippt auf seine protzige BREITLING Armbanduhr und sagt, dass wir eigentlich um 9 Uhr losfahren wollten. Ich seufze laut und entgegne, dass ich mich beeilen und lediglich mit einem kleinen Frühstück Vorlieb nehmen werde.
09.45 Uhr Wenig später schlüpfe ich in die modische Winterjacke mit Fellkragen und erfahre, dass wir während unserer Reise die Gemeinden Mississauga, Oakville und Hamilton passieren werden. Ich werde augenblicklich hellhörig und schlage vor, dass wir Laura in Hamilton besuchen könnten. Maria belehrt mich jedoch eines Besseren und unterbreitet, dass ihre Tochter am Montag nach Buffalo gefahren ist, um sich mit ihrem Lebensgefährten Herrn William und Sohn Paul in einem Freizeitpark zu amüsieren – wie schade.
10.30 Uhr Nach dreissig Minuten rasen wir an Mississauga vorbei und ich erfahre, dass die Stadt knapp 700.000 Einwohner zählt und somit die sechstgrösste Metropole Kanadas ist. Edelbert hält weitere Fakten bereit und zitiert aus einem Reiseführer, dass Mississauga den 178 Meter hohen “Absolute World Tower” beheimatet – wie schön.

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Der Absolut World Tower

11.30 Uhr Nachdem wir einige Kilometer am Ontario See entlang gefahren sind, lese ich plötzlich auf einem Strassenschild, dass wir bald die Grenze zu den Vereinigten Staaten erreichen werden. Georg erhebt jedoch den Zeigefinger und sagt, dass wir die weltbekannten “Horseshoe Falls” von der kanadischen Seite aus besichtigen werden. Ich nicke eifrig und erwähne, dass mein knurrender Magen langsam nach einem Mittagessen verlangt.
12.00 Uhr Endlich sind wir am Ziel und können den Geländewagen bei leichtem Schneetreiben vor dem “Embassy Suites Hotels” abstellen. Mit gezückten Photoapparaten laufen wir zu einer Aussichtsplattform und bemerken, dass wir nicht die einzigen Menschen sind, die neugierige Blicke auf die Fälle werfen wollen.

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Die Niagara Fälle

12.30 Uhr Ich stosse einen rucksackbepackten Touristen aus Indien zur Seite und zögere nicht, mit meiner Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) ein Photo zu knipsen und es per elektronischer Kurzdepesche an Sandra weiterzuleiten. Das Kind antwortet prompt und schreibt, dass ich es wagen sollte, in einem Fass die Fälle hinunterzuschwimmen – wie unlöblich.
13.15 Uhr Weil es bitterkalt ist, entschliessen wir uns, ins “Elements on the Fall” Restaurant einzukehren und uns an einen Tisch an der Glasfassade zu setzen. Während es sich Dixon unter dem Tisch bequem macht und sich die Pfoten leckt, plaudere ich mit meinen Begleitern und lerne, dass die Wasserfälle für die Stromgewinnung genutzt werden. Georg deutet aus dem Fenster und erörtert, dass die kanadische Regierung von 2005 bis 2013 einen zehn Kilometer langen Zuleitungstunnel bauen liess, der einen Wasserdurchfluss von 500 Kubikmetern pro Sekunde gewährleistet – wie aufregend.
14.00 Uhr Nachdem wir vitaminreiche Porterhouse Steaks mit Petersilienkartoffeln und Krautsalat gegessen haben, brechen wir zu einem erquickenden Spaziergang auf. Ich lasse Hund Dixon von der Leine und erkläre, dass es immer wieder ein Vergnügen ist, die Niagara Fälle zu besuchen. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und deutet lachend zu einer Gruppe Wildvögel, die sich auf der Aussichtsplattform um Brotkrumen streiten.
15.00 Uhr Nach einer fünfundvierzigminütigen Wanderung erreichen wir den “Kingsbridge Park” und können einen beeindruckenden Blick auf den Niagara River erhaschen. Edelbert versorgt und abermals mit Informationen und erzählt, dass sich der Strom vom Eriesee bis zum Ontariosee schlängelt und die natürliche Grenze zwischen der Provinz Ontario und dem amerikanischen Bundesstaat New York bildet.
15.30 Uhr Nachdem wir alles gesehen haben, laufen wir schnurstracks zum Auto und können es kaum noch erwarten, die Heizung einzuschalten. Ich helfe Hund Dixon auf die Ladefläche des Grand Cherokee und gebe zu Protokoll, dass meine Finger eingefroren sind. Edelbert hält mir freundlicherweise die Autotüre auf und meint, dass es schlauer gewesen wäre, Handschuhe anzuziehen – wie Recht der Mann doch hat.

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Meine luxuriöse Rolex

16.15 Uhr Als der Minutenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf Viertel nach Vier deutet, lässt mein Bruder den Motor aufheulen. Wir krusen entspannt in Richtung Norden davon und lauschen während der kurzweiligen Autofahrt den Klängen einer Carpenters Kompaktscheibe – da kommt Freude auf.

18.00 Uhr Nach 120 Kilometern kommen wir mit quietschenden Bremsen vor dem Stadthaus meiner Familie zum Stehen. Ich steige ächzend aus dem Auto und lasse meine Schwägerin wissen, dass ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann. Maria beruhigt mich redlichst und macht sich daran, ein kleines Abendessen vorzubereiten. Währenddessen schlüpfe ich aus den klammen Winterklamotten und ziehe einen sportlichen Hausanzug an. Danach leiste ich den lieben Menschen in der warmen Stube Gesellschaft und lasse mir köstliche Sandwiches (löblich: Wurstbrote) mit Truthahnwurst und Salatblatt munden.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schaltet Georg den überdimensionalen Farbfernseher ein und verfrachtet eine DVD ins Abspielgerät. Ich nippe genüsslich am Bierglas und werde Zeuge, wie der Vorspann zum Abenteuerfilm “Captain Phillips” über die Mattscheibe flimmert. Ich kraule Hund Dixon hinter den Ohren und tauche in das Leben des amerikanischen Schiffskapitäns Richard Phillips ein, der im April 2009 mit der Aufgabe betraut wurde, ein Containerschiff aus einem Hafen im Oman nach Mombasa zu bringen. Dummerweise wird der Kahn bald von gewaltbereiten Piraten angegriffen und gekapert – das ist ja allerhand.
21.15 Uhr Nach nervenaufreibenden 140 Minuten wendet sich doch noch alles zum Guten. Ich atme tief durch und ziehe es vor, einen Lebkuchen zu essen und Hund Dixon in den Garten hinaus zu lassen. Im Anschluss wünsche ich meiner Familie angenehme Träume und gehe ins Bett. Gute Nacht.