07.30 Uhr Ich öffne die Augen und bemerke, dass es immer noch wie aus Eimern schüttet. Weil man bei diesem Sauwetter nicht einmal einen Hund aus dem Haus schickt, ziehe ich es vor, die Terrassentüre verschlossen zu halten und im Trockenen die Morgengymnastik zu absolvieren – da kommt Freude auf.
08.00 Uhr Anschliessend lasse ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Ausserdem studiere ich die aktuellen Berichte in der Tageszeitung und lese, dass der südkoreanische Elektronikhersteller SAMSUNG heute eine Heimrechner-Uhr namens “GALAXY GEAR” vorstellen wird. Ich mache grosse Augen und erfahre, dass man mit diesem Zeitmesser nicht nur telefonieren, sondern auch im Internetz segeln kann – wo soll das noch hinführen.
09.00 Uhr Just als ich aus der Badewanne steige, stösst meine Zugehfrau die Haustüre auf. Die Mexikanerin redet unentwegt auf mich ein und plappert, dass sie sich wie ein Fisch fühlt. Ich seufze laut und lasse die Dame wissen, dass es mir sehr schwer fällt, ihr Kauderwelsch aus englischen und spanischen Wortfetzen zu verstehen. Frau Gomez rollt mit den Augen und macht sich daran, die Putzutensilien aus der Abstellkammer zu holen. Unterdessen stelle ich die futuristische DeLonghi Kaffeemaschine ein und erfreue mich an einem reichhaltigen Frühstück.
09.30 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, flitzt die Putzfrau mit dem Staubwedel durch die gute Stube und sagt, dass sie der englischen Sprache durchaus mächtig ist. Ich lacht laut und entgegne, dass sogar die bolivianischen Schwarzarbeiter, die in Herrn Wangs “Naples Manor Motel” für Sauberkeit sorgen, besser Englisch sprechen. Anstatt einsichtig zu sein, pocht Frau Gomez mit dem Zeigefinger auf den Küchentisch und schimpft, dass sie sich diese Frechheiten nicht bieten lassen muss. Ich beschwichtige die Dame und bitte sie, den Müll hinaus zu tragen und die Teppiche im Wohnzimmer auszuklopfen – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten beende ich das Frühstück und statte meiner Nachbarin einen Besuch ab. Frau Pontecorvo begrüsst mich überschwänglich und sagt, dass ich gerade rechtzeitig vorbeikomme, um ihre hausgemachten Donuts zu kosten. Natürlich lasse ich mich nicht zweimal bitten und stibitze mir einen Krapfen vom Backblech. Ferner plaudere ich mit meiner Nachbarin und gebe vor, dass Frau Gomez heute besonders schlechte Laune hat. Meine Bekannte schenkt mir ein Lächeln und fordert mich auf, keinen Groll zu hegen.
Ein schmackhafter Donut
11.00 Uhr Nach dem dritten Donut wünsche ich meiner Nachbarin einen schönen Tag und entschliesse mich, zum Supermarkt zu krusen. Ich helfe Dixon auf die Ladefläche des SUV und lausche während der Ausfahrt dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Unter anderem höre ich, dass Jimmy Buffetts nagelneues Studioalbum auf Platz 1 der Country Charts (löblich: Landmusikhitparade) geführt wird – wie schön.
Jimmy Buffett – Songs from St. Somewhere
11.45 Uhr Während Dixon bei laufendem Motor im Auto wartet, schoppe ich ordentlich ab und werfe allerhand Waren des täglichen Bedarfs in den Einkaufswagen. Zudem stelle ich etliche Flaschen Wein dazu und komme prompt zu dem Schluss, dass mir der Einkauf eine Stange Geld kosten wird.
12.30 Uhr Um insgesamt 170 Dollars ärmer, treten wir die Heimfahrt an. Hund Dixon hüpft währenddessen auf und ab und kann es kaum noch erwarten, endlich wieder Zuhause zu sein.
13.30 Uhr Ich parke den SUV auf der Einfahrt und schleppe die schweren Einkaufstüten in die Villa. Zu allem Überfluss sehe ich mich mit Frau Gomez konfrontiert und bringe in Erfahrung, dass die Perle die Arbeit bald beenden wird. Ich nicke eifrig und falle völlig erschöpft aufs Sofa, um die Beine auszustrecken und etwas zu dösen.
14.30 Uhr Redlichst ausgeruht nehme ich am Schreibtisch Platz und beginne mit der Anschnurarbeit. Auch heute finde ich unzählige Hilferufe im Posteingang vor und sehe mich genötigt, mich um die Belange verzweifelter Erziehungsberechtigter zu kümmern. Selbstverständlich helfe ich, wo ich nur kann und rate, der verlotterten Jugend nicht alles durchgehen zu lassen – wo kämen wir denn da hin.
15.30 Uhr Nach einer Stunde fahre ich den leistungsstarken Heimrechner herunter und animiere Dixon, mir nach draussen zu folgen. Wir spazieren durch das ruhige Wohngebiet und treffen bald auf die ehemalige Olympiateilnehmerin Frau Crane, die ihren Mischlingsrüden Joey ebenfalls Gassi führt – da kommt Freude auf.
16.15 Uhr Zuhause angekommen, schlüpfe ich aus den schweren Kuhjungenstiefeln und nehme mir das Recht heraus, mich im Liegestuhl auf der Terrasse niederzulassen. Um keine Langeweile zu bekommen, nehme ich einen Bleistift zur Hand und löse das Kreuzworträtsel in der Tageszeitung – das macht Spass.
17.00 Uhr Da mein Magen eigenartige Knurrlaute von sich gibt, eile ich in die Küche und brate in einer Pfanne mit Teflonbeschichtung ein vitaminreiches T-Knochen Schnitzel heraus. Zudem bereite ich mir tiefgefrorenen Kartoffelspalten zu und sorge im Handumdrehen für eine vitaminreiche Beilage – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nachdem ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb genommen habe, beginnt der wohlverdiente Feierabend. Ich setze mich budweiserschlürfend ins Wohnzimmer und registriere, dass der Bezahlsender HBO zur sogenannten “Prime Time” (löblich: beste Sendezeit) den Spätwestern “The Outlaw Josey Wales” (auf deutsch: Der Texaner) zeigen wird. Weil Edelbert spannende Westernfilme zu schätzen weiss, rufe ich ihn kurzerhand an und animiere den schlauen Mann, um 19 Uhr auf HBO umzuschalten. Edelbert freut sich und sagt, dass er sich dieses Meisterwerk unter keinen Umständen entgehen lassen wird – jaja.
19.00 Uhr Nach den FOX NEWS (löblich: Fuchs Nachrichten) lehne ich mich zufrieden zurück und fröne den Abenteuern des Farmers Josey Wales, dessen Familie gegen Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs von Soldaten der Nordstaaten ermordet wird – wie furchtbar.
21.15 Uhr Zum Abschluss des langen Tages reguliere ich die Klimaanlage und begleite Dixon ein letztes Mal in den Garten. Danach verschliesse ich die Haustüre und gehe zu Bett. Gute Nacht.