18. März 2013 – Der Ölwechsel

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07.45 Uhr Ich werde durch markerschütterndes Gewittergrollen geweckt und bemerke beim Blick aus dem Schlafzimmerfenster, dass ein ergiebiger Regenschauer niedergeht. Weil man bei diesem Sauwetter keinen Schritt vor die Türe wagen kann, ziehe ich mir die Bettdecke über den Kopf und fröne in Hund Dixons Gesellschaft dem WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Qualitätsprogramm – das macht Spass.
08.30 Uhr Wenig später klingelt das Telefon und ich habe meinen Bruder an der Strippe. Georg redet ohne Punkt und Komma auf mich ein und erläutert, dass sein JEEP einen Ölwechsel vertragen könnte. Ich gähne ausgiebig und entgegne, dass es in Naples unzählige Werkstätten gibt, die einen Ölwechsel zum Spottpreis anbieten. Der gute Mann ist jedoch ganz anderer Meinung und sagt, dass er bereits 5 Liter Leichtlauföl sowie einen Filter im Supermarkt besorgt hat. Darüber hinaus fordert mich Georg auf, vorbeizukommen und ihm zu helfen – wie unlöblich.
09.30 Uhr Nach einem Wirbelbad setze ich mich an den Küchentisch und öle meine ausgetrocknete Kehle mit kräftigem Filterkaffee. Ausserdem verzehre ich eine Brotzeit in Form gerösteter Weissbrotscheiben mit Bienenhonig. Dazu gibt es Rühreier mit einem Spritzer Worcestersauce – das schmeckt.
10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten scheuche ich Dixon in die Garage und setze den PS-strotzendem SUV bei anhaltendem Nieselregen auf die Strasse. Danach lasse ich den Wählhebel elegant in der “D” Stellung einrasten und gleite zu prima Michael Bolton Schlägen gen Süden davon.
10.30 Uhr Dummerweise wird die Fahrt durch das Surren meines Handtelefons gestört. Diesmal meldet sich Prof. Kuhn und schlägt vor, dass wir schon heute unsere Wanderausrüstung packen und nach Tennessee fahren könnten. Ich lache laut und lasse Edelbert wissen, dass wir frühestens Anfang April durch die “Great Smoky Mountains” wandern werden – wo kämen wir denn da hin.

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11.00 Uhr Endlich komme ich mit quietschenden Bremsen vor dem Ferienhaus meiner Verwandten zum Halten. Ich rutsche sportlich vom Fahrersitz und freue mich, Georg in der Garage anzutreffen. Mein Bruder kredenzt mir ein Leichtbier aus dem Hause Anheuser & Busch und erzählt, dass wir es uns zur Aufgabe machen werden, neues Öl in den JEEP einzufüllen und den Ölfilter zu wechseln. Zudem erfahre ich, dass uns Maria nach der Arbeit mit einem opulenten Mittagessen verwöhnen wird – das ist phantastisch.
11.30 Uhr Da Georg bekanntlich zwei linke Hände hat, schiebe ich den Wagenheber unter das Auto und zögere nicht, das KFZ anzuheben. Anschliessend krieche ich unter den Geländewagen und löse fachmännisch den Filterbehälter – das soll mir erst mal einer nachmachen.

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Motoröl / Bild: Dvortygirl

12.45 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten beende ich mein Werk und nehme den Ölstab in Augenschein. Georg lobt mich über den Schellenkönig und lotst mich in die Küche. Ich setze mich schnaufend an den festlich gedeckten Küchentisch und staune nicht schlecht, als Maria einen vitaminreichen Entenbraten mit Knödel und Blaukraut auftischt – wie schön.
13.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, komme ich auf Edelberts Anruf zu sprechen und unterbreite, dass der schlaue Mann schon heute nach Tennessee fahren wollte. Georg klopft sich lachend auf die Schenkel und erinnert, dass die Gipfel der Great Smoky Mountains im März meist noch schneebedeckt sind – wie wahr.
14.00 Uhr Nachdem ich mir einen klitzekleinen Nachschlag gegönnt habe, trommle ich mit den Fingerkuppen auf den Tisch und rege einen entspannten Fernsehnachmittag an. Georg windet sich jedoch aus der Verantwortung und sagt, dass er Maria ins “The Village on Venetian Bay” Einkaufszentrum begleiten muss. Da ich keine Lust habe, durch ein Kaufhaus zu latschen, lüfte ich meine NY Yankees Kappe und verabschiede mich.
15.00 Uhr Zurück in der kleinen Villa, schlüpfe ich aus den Kuhjungenstiefeln und lege im Wohnzimmer eine wohlverdiente Pause ein. Schon bald döse ich ein und träume von meinem letzten Treffen mit Robert Pfaffenberg.
16.00 Uhr Leider schleckt mir Dixon über die Hand und fordert mich auf, die Terrassentüre zu öffnen. Weil der Regen nachgelassen hat, komme ich der Bitte nach und schleudere einen Tennisball in Richtung des Teichs.
16.30 Uhr Im Anschluss setze ich mich mit einer Tasse Kaffee an den Schreibtisch und rufe Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab. Unter anderem lese ich den Hilferuf einer 61jährigen Frührentnerin, die grosse Probleme mit ihrer 74jährigen Mitbewohnerin hat. Anstatt Kochrezepte im “Goldenen Blatt” zu studieren, zieht es die störrische Rentnerin vor, seit Wochen die gemeinsame Wohnung zu renovieren. Frau E. schreibt, dass ihre Mitbewohnerin den Flurteppich herausgerissen und die Wände mit brauner Farbe bepinselt hat – das wird ja immer schöner. Ich verfasse ein gepfeffertes Antwortschreiben und rate der Alten, sich nicht alles gefallen zu lassen.
17.30 Uhr Nachdem ich die neuesten Einträge im Gästebuch überflogen habe, gehe ich von der Leine und mache mich in der Küche nützlich. Kopfschüttelnd gebe ich Langnudeln ins Wasserbad und spiele mit dem Gedanken, meine Villa nach der Appalachian Trail Wanderung ebenfalls zu renovieren.
18.30 Uhr Nach dem Abendessen rufe ich Dixon in die gute Stube und verwöhne ihn mit einer nahrhaften Trockenfuttermahlzeit. Anschliessend schalte ich die Glotze ein und gebe mich den Abendnachrichten auf FOX hin.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf den Bezahlsender Showtime und fröne einigen Episoden der Krimiserie “Dexter”. Ich kommt aus dem Gruseln gar nicht mehr heraus und werde Zeuge, wie der Polizeiforensiker Dexter Morgan einen Mordplan schmiedet und den gemeingefährlichen Prediger Mike Donovan zur Strecke bringt.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und drehe mit Dixon eine kleine Runde durch den Garten. Zu guter Letzt lösche ich das Licht und lege mich ins Bett. Gute Nacht.