07.30 Uhr Ich stehe zeitig auf und nehme mir das Recht heraus, Georg und Maria zu wecken. Wild gestikulierend finde ich mich am Bett ein und gebe meinen Verwandten zu verstehen, dass ich heute nach Orillia fahren möchte. Mein Bruder beruhigt mich redlichst und meint, dass ich nicht so hektisch sein sollte. Bei dieser Gelegenheit erfahre ich, dass wir nach dem Frühstück losfahren und gegen 11 Uhr im “Casino Rama” sein werden – wie schön.
08.00 Uhr Während sich die lieben Leute um das Frühstück kümmern, ziehe ich mich ins Badezimmer zurück und entspanne mich bei einem wärmenden Vollbad. Nebenher segle ich mit dem iPad durchs Internetz und bringe heraus, dass das dem Casino angeschlossene “Lombardi’s” Italiengasthaus derzeit renoviert wird. Trotzdem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und entschliesse mich, das Mittagessen stattdessen im “St. Germain’s Steakhouse” einzunehmen. HEUREKA – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
09.00 Uhr Wenig später setze ich mich an den Frühstückstisch und trinke eine Tasse Earl Grey (löblich: Graf Grau) Tee. Edelbert nimmt meine fesche Garderobe in Augenschein und mutmasst, dass es nicht angebracht ist, das Casino im Smoking zu besuchen. Ich erhebe den Zeigefinger und stelle klar, dass gutes Aussehen in der heutigen Zeit sehr wichtig ist. Nebenbei lasse ich Hund Dixon vom Wurstbrot abbeissen und erkläre ihm, dass er brav sein muss und Maria keine Sorgen bereiten darf.
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten verabschieden wir uns und hüpfe in den JEEP. Georg schiebt eine Kompaktscheibe mit den grössten Jackson Browne Schlägen in die Musikanlage und prescht mit durchdrehenden Reifen von dannen. Während der Autofahrt tratsche ich angeregt mit meinen Begleitern und kündige an, mich an den einarmigen Banditen vergnügen zu wollen.
11.00 Uhr Nach 80 Kilometern kommen wir vor dem “Casino Rama” Haupteingang zum Stehen und bitten einen Hotelknecht, das Auto in der Parkgarage abzustellen. Anschliessend geben wir unsere Mäntel am Empfang ab und eilen gutgelaunt in das Casino. Während Edelbert eine aufreizend gekleidete Blondine (24) mit barocken Formen betrachtet, setze ich mich an einen Spielautomaten und werfe funkelnde Toonies (= 2 kanadische Dollars) in den Geldschlitz – leider ohne Erfolg.
Bild: en:User:Pcb21
11.30 Uhr Weil ich nach einer halben Stunde knapp 50 Dollars verloren habe, wechsle ich den Platz und fordere mein Glück an einem Kartenspielgerät aus dem Hause “Ballys” heraus. Leider ist es mir auch hier nicht möglich, vier Karten der gleichen Farbe in eine Reihe zu bekommen.
12.00 Uhr Nachdem ich 20 weitere Dollars verloren habe, stosse ich Edelbert in die Seite und frage nach Georg. Der schlaue Mann blickt gebannt auf die Glücksspielautomaten und entgegnet, dass er wichtigeres zu tun hat.
12.30 Uhr Missmutig stehe ich auf und schlendere durch die Casinohalle, um nach Georg Ausschau zu halten. Bald werde ich an einem Kartenspieltisch fündig und höre, dass mein Bruder in der letzten Stunde 150 Dollars gewonnen hat. Ich rolle entnervt mit den Augen und lade Edelbert ins Schnitzelgasthaus ein.
13.00 Uhr Wir nehmen an einem einladenden Fenstertisch Platz und bestellen bei einem hochnäsigen Kellner “Caesar Salads” sowie vitaminreiche “Porterhouse Steaks” mit Folienkartoffeln und Saisongemüse.
13.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und Langgetränke (unlöblich: Longdrinks) schlürfen, blättere ich in einer Broschüre und lerne, dass im “Casino Rama” weltbekannte Stars (löblich: Sterne) pörformen. Edelbert deutet auf die Photografie des Sängers Michael Bolton und unterbreitet, dass der Mann am Samstag im “Auditorium” auftreten wird. Ich schnalze mit der Zunge und lasse meinen Bekannten wissen, dass wir sofort Billets kaufen sollten. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass wir dann aber die lange Anfahrt aus Toronto auf uns nehmen müssten.
14.45 Uhr Nachdem wir das Mittagessen mit Schaumkaffees abgerundet haben, kehren wir in die Spielhalle zurück und füttern die Maschinen mit Kleingeld. Schon bald gesellt sich Georg zu uns und schimpft, weil er 200 Dollars beim Black Jack verloren hat. Ich rücke meinem Verwandten einen Stuhl zurecht und animiere ihn, unserem Beispiel zu folgen und ausschliesslich um kleine Beträge zu spielen.
Georg frönt dem Black Jack Kartenspiel
15.30 Uhr Als uns eine rothaarige Casinomaid mit Freigetränken versorgt, komme ich auf das Michael Bolton Konzert zu sprechen und erkläre, dass es seit vielen Jahren ein Wunschtraum ist, den Sänger auf der Bühne zu erleben. Mein Bruder macht grosse Augen und antwortet, dass seine Ehefrau eine glühende Verehrerin dieses Künstlers ist – wie schön.
16.15 Uhr Um Nägel mit Köpfen zu machen, suchen wir den Eintrittskartenschalter in der Lobby auf und fragen die Dame hinter dem Tresen, ob noch Plätze verfügbar sind. Die Maid lässt ihre Wurstfinger über eine Heimrechnertastatur sausen und bestätigt, dass nur noch 90 der 5.000 Sitzplätze frei sind. Wir nicken eifrig und machen es uns zur Aufgabe, 4 Karten zu je 65 Dollars zu kaufen.
17.00 Uhr Danach kehren wir in die “Sports Bar” ein und ordern süffige Coors Light (löblich: Leicht) Hopfenkaltschalen. Nebenbei lauschen wir den stimmungsvollen Klängen, die aus der Jukebox dröhnen und verzehren lustige Zwiebelringe – das tut gut.
18.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, dem Casino auf Wiedersehen zu sagen und nach Gilford zurückzufahren. Wir begleichen die Zeche und laufen dann zum Auto, um bei leichtem Schneetreiben die Heimfahrt anzutreten.
19.00 Uhr Nach einer sechzigminütigen Hochgeschwindigkeitsfahrt tut sich der Lake Simcoe vor uns auf. Wir verlassen die Schnellstrasse und krusen auf einem Feldweg zum Ferienhaus. Zuhause angekommen, werden wir von Maria und Hund Dixon freudig begrüsst. Ich streichle dem Rüden über den Kopf und vernehme, dass der Vierbeiner während meiner Abwesenheit sehr artig war. Nebenbei lotst uns Maria ins warme Haus und verwöhnt uns mit einem italienischen Nudelschichtgericht (unlöblich: Lasagne) – das schmeckt.
20.00 Uhr Wir lassen den nervenaufreibenden Tag in der guten Stube ausklingen und berichten von unseren Abenteuern in Orillia. Natürlich löchert uns Maria mit Fragen und möchte wissen, wie viel Geld wir verloren haben. Ich blicke deprimiert drein und verrate meiner Schwägerin, dass ich knapp 200 Dollars in den einarmigen Banditen gelassen hat. Zudem überreicht Georg seiner Frau die Michael Bolton Eintrittskarten und behauptet, dass wir am kommenden Freitag das Lacrosse Spiel der “Toronto Rocks” gegen die “Calgary Roughnecks” sehen und Tags darauf einen der grössten noch lebenden Entertainer (löblich: Unterhalter) erleben werden. Maria kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus und drückt Georg ein schmatzendes Bussi auf die Wange.
21.00 Uhr Zu guter Letzt führe ich Dixon um das Ferienhaus und werde Zeuge, wie er sein Beinchen an einem stattlichen Schneehaufen hebt. Im Anschluss ziehe ich den Smoking aus und gehe zufrieden ins Bett. Gute Nacht.
Casino Rama in Orillia (Ontario):