27. Mai 2016 – Viel Arbeit im Waldweg

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08.00 Uhr Beschwingt hüpfe ich aus dem Bett und registriere, dass ich nun schon seit knapp drei Wochen in Bayern bin. Um meine Verwandten auf dem Laufenden zu halten, nehme ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) zur Hand und rufe im Ferienhaus meiner Liebsten an. Bereits nach dem zweiten Tuten meldet sich mein Bruder und schimpft, weil es Mitten in der Nacht ist. Ferner vernehme ich, dass meine Verwandten am gestrigen Abend Frau Pontecorvo sowie Herr Wang im Lowbank Drive zu Gast hatten – das hört man gerne.

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Herr Wang ist im Lowbank Drive zu Gast

08.30 Uhr Nachdem ich erfahren habe, dass Georg und Maria noch bis Mitte Juni im Sonnenscheinstaat bleiben werden, beende ich das Telefonat und genehmige mir eine kalte Dusche – das tut richtig gut.
09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten werde ich in der Küche vorstellig und sehe mich mit Sandra konfrontiert. Meine Mieterin legt beste Laune an den Tag und erzählt, dass sie heute frei hat und nicht im Kreisverwaltungsreferat schuften muss. Ich schnalze mit der Zunge und gebe dem Kind zu verstehen, dass es mir beim Streichen des Garagentores zur Hand gehen kann. Die Maid zeigt sich prompt einverstanden und beteuert, dass im Garagenregal ein Topf mit brauner Farbe steht – das hört man gerne.
10.00 Uhr Nach dem Frühstück lasse ich Hund Dixon in den Garten hinaus und mache es mir zur Aufgabe, nach Sandpapier, Pinseln und der Farbe Ausschau zu halten. Prompt werde ich fündig und beginne damit, das von Regen, Wind und Sonneneinstrahlung in Mitleidenschaft gezogene Tor abzuschleifen. Sandra gesellt sich zeitnah an meine Seite und setzt mich darüber in Kenntnis, dass sie Morgen das Champions League Finale im Park Cafe anschauen wird. Ich nicke eifrig und erinnere, dass am Samstag Prof. Kuhn aus Berlin zurück kommen wird.

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Lustiges Sandpapier

10.45 Uhr Just als ich bekannt gebe, dass ich Edelbert vom Bahnhof abholen werde, kommt Frau Rudolph an den Gartenzaun und wünscht uns einen schönen Morgen. Wie es sich gehört, erwidere ich den Gruss und erkläre der hochnäsigen Nachbarin, dass man als Hausbesitzer kaum eine ruhige Minute findet. Frau Rudolph zuckt mit den Schultern und zieht es vor, ihren Restmüll fachgerecht zu trennen – gleich platzt mir der Kragen.
11.30 Uhr Während der schweisstreibenden Streicharbeit tratsche ich mit Sandra und rechne vor, dass ich in fünfzehn Tagen mein Ränzlein schnüren und nach Florida ausfliegen werde. Laut seufzend wische ich mir einen Farbklecks vom Arm und weise auf die Tatsache hin, dass ich Edelbert in der kommenden Woche bei der Gartenarbeit helfen werde. Sandra gibt mir Recht und sagt, dass Prof. Kuhns Eigenheim in diesem heruntergekommenen Zustand kaum vermietet werden kann. Darüber hinaus regt das Mädchen an, das Einfamilienhaus kurzerhand an Asylanten zu vermieten. Bevor ich Widerworte finde, kommt Sandra auf eine Arbeitskollegin zu sprechen und behauptet, dass die Dame eine düstere Ein-Zimmer-Wohnung im Münchner Problembezirk Neuperlach für knapp 1.000 Euros an eine syrische Grossfamilie vermietet hat. Meine Mieterin ist bestens informiert und belehrt, dass die Gemeinden händeringend nach Wohnungen suchen und in der Regel fast das Doppelte der marktüblichen Mieten bezahlen – das hört sich verlockend an.

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Ich trinke ein kühles Bier

12.30 Uhr Sechzig Minuten später haben wir unser Werk vollbracht. Während Sandra die Pinsel entsorgt, schleppe ich mich schnaufend auf die schattige Terrasse und lösche meinen Durst mit einem Löwenbräu Hellen. Wenig später fährt das Kind köstliche Käsebrote auf und verwöhnt mich ausserdem mit einem Glas Kir Royal.
13.00 Uhr Im Laufe der Brotzeit spreche ich erneut meine Heimreise an und lasse meine Tischnachbarin wissen, dass ich dem Leben in meiner alten Heimat gar nichts mehr abgewinnen kann. Unter anderem lasse ich kein gutes Haar an der Regierung und stelle klar, dass die Politiker von CDU und SPD in den letzten Jahren vieles Falsch gemacht haben. Sandra schlägt in die gleiche Kerbe und ist sich sicher, dass die Regierenden bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr eine ordentliche Abreibung bekommen werden – wie wahr.
14.00 Uhr Kurze Zeit später fährt Admiral a.D. Bürstenbinder auf seinem verrosteten Fahrrad vor und nimmt sich das Recht heraus, sich zu uns zu setzen. Wie es sich gehört, serviere ich dem Seebären eine eiskalte Hopfenkaltschale und erkundige mich nach dem Rechten. Friedbert wischt sich die Schweissperlen von der Stirn und kündigt an, dass er gleich zum Konsumland radeln wird. Ich winke spornstreichs ab und gebe zu Protokoll, dass ich bereits am Mittwoch im Supermarkt war und ein kleines Vermögen ausgeben musste – wo soll das noch hinführen.
15.00 Uhr Nachdem der Seefahrer weitergezogen ist, kehre ich in die gute Stube zurück und bette mich auf dem Kanapee zur Ruhe.
16.00 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe bald durch lautes Telefonschellen gestört. Zu meiner Freude meldet sich Elsbeth im Rohr und unterbreitet, dass sie am kommenden Mittwoch nach München ausfliegen und mir bis zum Sonntag einen Besuch abstatten wird. Ferner bittet mich meine Schwester, vom 1. bis zum 5. Juli ein Zimmer im Kastanienhof zu buchen – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.

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Elsbeth kann nicht im Waldweg wohnen

16.30 Uhr Da Elsbeth nicht im Waldweg unterkommen kann, rufe ich als im besagten Hotel an und ordere vom kommenden Mittwoch bis einschliesslich Sonntag eine schöne Unterkunft zu je 99 Euros pro Nacht. Die Dame am Empfang notiert sich meine Angaben und versichert, dass sie meiner Schwester das schönste Zimmer reservieren wird – das hört man gerne.
17.15 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf Viertel nach Fünf zugeht, kommt Sandras Mitbewohnerin von der Arbeit zurück. Weil unsere Mägen knurren, machen wir uns augenblicklich in der Küche nützlich und zaubern im Handumdrehen einen gesunden Salat sowie Langnudeln mit Käsesauce.

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Wir lassen uns Langnudeln schmecken

18.00 Uhr Endlich können wir uns an den Terrassentisch setzen und zum Besteck greifen. Ich stopfe die Teigwaren hungrig in mich hinein und schlage vor, dass wir am Abend Fernsehschauen könnten. Leider schütteln die Frauenzimmer im Einklang die Köpfe und machen mich auf den Umstand aufmerksam, dass sie sich gleich mit Sandras Cousin im Lichtspielhaus treffen werden – wie schade.
19.00 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und giesse mir ein Weissbier ein. Anschliessend mache ich es mir neben Hund Dixon auf dem Wohnzimmersofa bequem und schalte die Glotze ein. Um auf den neuesten Stand zu kommen, gebe ich mich den Nachrichten im ZDF hin und lerne, dass die Arbeitslosenzahlen schon wieder angestiegen sind – das ist wieder typisch.
20.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf PHOENIX um und schaue mir eine Dokumentation über Mohammed an. Schnell wir mir klar, dass der selbsternannte Religionsführer ein grausamer Tyrann war – wie furchtbar.
21.00 Uhr Ein aufschlussreicher Fernsehabend geht zu Ende und ich betätige gähnend den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung. Nachdem ich die Vorhänge zugezogen habe, eile ich mit Hund Dixon im Schlepptau nach oben und falle übermüdet ins Bett. Gute Nacht.