08.00 Uhr Ein neuer Tag bricht an und ich habe mit leichten Kopfschmerzen zu kämpfen. Trotz meines brummenden Schädels schwinge ich mich aus dem Bett und führe die Morgengymnastik durch.
09.00 Uhr Nach einer erquickenden Dusche schlüpfe ich in modische Kleidung und mache es mir zur Aufgabe, etwas RP LOB Luxusduft auf meine Haut zu sprühen. Anschliessend laufe ich ruckzuck nach unten und erfahre, dass Georg heute in seiner Baufirma gebraucht wird. Edelbert legt die Tageszeitung beiseite und sagt, dass er von meinem Bruder die Autoschlüssel für den GRAND CHEROKEE erhalten hat.
Wie das duftet: RP LOB
09.30 Uhr Ich beisse kraftvoll in ein französisches Hörnchen und lasse meinen Bekannten wissen, dass es ein Spass wäre, nach dem Frühstück James und Amanda zu besuchen. Leider erhebt meine Schwägerin Einspruch und informiert, dass die beiden während der Vormittagsstunden ein neues Bett für David (8) kaufen wollen – wie schade.
10.00 Uhr Da auch Maria keine Lust hat, uns in die Stadt zu begleiten, bringe ich kurzerhand einen Ausflug zu den Niagara Fällen ins Gespräch. Edelbert schüttelt jedoch den Kopf und sagt, dass er es vorziehen würde, die Gemeinde Niagara-on-the-Lake am Ontariosee zu besichtigen. Ich willige nach kurzem Zögern ein und stibitze zwei Diät Coca Cola Dosen aus dem Eiskasten. Danach wünschen wir Maria einen schönen Tag und scheuchen Hund Dixon zum PS-strotzenden Geländewagen – da kommt Freude auf.
10.30 Uhr Nachdem ich den Ölstand überprüft und Scheibenklar aufgefüllt habe, kann die Reise auch schon losgehen. Ich presche hupend aus der Garage und fordere Edelbert auf, die Zieladresse ins serienmässig eingebaute GARMIN Navigationssystem einzugeben – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
11.00 Uhr Während wir auf dem Ontario Highway 403 unterwegs sind und Carpenters Lieder von einer Kompaktscheibe lauschen, schlägt Edelbert seinen Reiseführer auf und setzt mich darüber in Kenntnis, dass die Autobahn 403 am 1. Dezember 1950 feierlich eröffnet wurde – das soll mir auch Recht sein.
Die Queen Street in Niagara-on-the-Lake
11.30 Uhr Wegen des starken Verkehrs kommen wir nur sehr langsam voran. Trotzdem lassen wir uns die gute Laune nicht verderben und singen zum weltbekannten Carpenters Schlag (unlöblich: Hit) “Rainy Days and Mondays” (löblich: Regentage und Montage) mit. Nebenbei passieren wir Beamsville und lesen auf einem Hinweisschild, dass das Ziel nur noch 60 Kilometer entfernt liegt. Ich nippe zufrieden an einer Coladose und erkläre Edelbert mit erhobenem Zeigefinger, dass mein knurrender Magen nach einem üppigen Mittagessen verlangt. Mein Begleiter schlägt in die gleiche Kerbe und unterbreitet, dass wir im Stadtkern von Niagara-on-the-Lake bestimmt ein einladendes Gasthaus finden werden.
Niagara-on-the-Lake / Bild: Paste / CC BY-SA 3.0
12.15 Uhr Endlich erblicken wir das Ortsschild am Strassenrand. Ich drossle die Geschwindigkeit und höre, dass die Gemeinde 15.000 Einwohner zählt und 1781 gegründet wurde. Edelbert ist heute besonders redselig und zitiert aus seinem Reiseführer, dass die Stadt an der Mündung des Niagara Rivers liegt und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts den Namen Newark getragen hat.
13.00 Uhr Nachdem wir das Auto an der Queen Street geparkt und dem Vierbeiner etwas Auslauf beschert haben, kehren wir ins “Treadwell” ein. Ein hochnäsiger Kellner heisst uns herzlich Willkommen und verkündet, dass das in einem uralten Backsteingebäude untergebrachte Restaurant zu den besten Adressen der Stadt zählt. Zudem serviert der Heini dem hechelnden Hund eine Schüssel Wasser und legt uns nahe, die Tagessuppe (unlöblich: Daily Soup) sowie hausgemachte Pappardelle mit Pilzragout zu kosten – das hört sich verlockend an.
13.30 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, schellt plötzlich meine Schwarzbeere. Zu allem Überfluss meldet sich die Pontecorvo und erkundigt sich, ob wir wirklich im Auto nach Naples zurückfahren wollen. Ich stimme prompt zu und erwähne, dass sich Georg entschlossen hat, ein neues KFZ zu kaufen. Obgleich ich meiner Nachbarin keine Rechenschaft schuldig bin, erzähle ich, dass ich ein freundlicher Zeitgenosse bin und mich kurzerhand bereit erklärt habe, den alten JEEP nach Florida zu überführen.
14.30 Uhr Nachdem wir die Mahlzeit mit Schaumkaffees und Käsekuchen abgerundet haben, bescheren wir dem Ober ein stattliches Trinkgeld und bitten ihn, dem “Chef de Cuisine” (löblich: Scheffkoch) Matthew Payne herzliche Grüsse auszurichten. Im Anschluss setzen wir unseren Spaziergang durch das Stadtzentrum fort und registrieren, dass Niagara-on-the-Lake nicht nur Drehort unzähliger Hollywoodfilme war, sondern auch Dutzende denkmalgeschützte Bauwerke aufweist. Unter anderem finden wir uns bald in der St. Mark’s Church wieder und lernen, dass dieses Gotteshaus die älteste anglikanische Kirche in Ontario ist – wie aufregend.
St. Mark’s Church / Bild: Paste / CC BY-SA 3.0
15.30 Uhr Wegen der grossen Hitze laufen wir zum Ontariosee und gönnen uns im “Queen’s Royal Park” eine kleine Pause. Wir lassen uns erschöpft auf einer Parkbank nieder und freuen uns, auf der anderen Seite des 20.000 km² grossen Gewässers die Hochhäuser der Millionenmetropole Toronto in den Himmel ragen zu sehen.
16.15 Uhr Zu guter Letzt kaufen wir vitaminreiches Softeis (löblich: Weicheis) und statten dem Wohnhaus der kanadischen Nationalheldin Laura Secord in der Queenstone Street einen Besuch ab. Nebenbei lasse ich Dixon vom Eis schlecken und verspreche ihm, dass wir bald nach Hause fahren werden.
Frau Laura Secord
16.45 Uhr Als wir vor der Holzbaracke eintreffen, deutet Edelbert in Richtung einer Bronzetafel und berichtet, dass Frau Secord im Krieg von 1812 auf der Seite der Engländer gekämpft und den Einmarsch der amerikanischen Truppen nach Kanada verhindert hat. Angeblich soll die resolute Dame ein Gespräch über einen bevorstehenden Überraschungsangriff belauscht und einen 32 Kilometer Marsch auf sich genommen haben, um die Informationen an einen englischen Offizier weiterzugeben – wie aufregend.
17.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, die Heimfahrt anzutreten. Weil ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, bitte ich Edelbert, das Steuer zu übernehmen. Danach helfe ich Dixon auf die Ladefläche und mache es mir auf dem Beifahrersitz bequem. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
Georgs Zuhause in Toronto
19.00 Uhr Nach einer neunzigminütigen Hochgeschwindigkeitsfahrt sind wir endlich daheim. Ich schleppe mich mit letzter Kraft ins Eigenheim meiner Verwandten und schimpfe, weil ich mir die Füsse blutig gelaufen habe. Meine Schwägerin schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und lotst uns in die Küche. Georg lässt nicht lange auf sich warten und möchte während des Abendessens wissen, ob wir einen schönen Tag hatten. Natürlich lassen wir unseren spannenden Ausflug in allen Einzelheiten Revue passieren und sind einstimmig der Meinung, dass sich die Fahrt nach Niagara-on-the-Lake durchaus gelohnt hat.
20.00 Uhr Ich beende das Nachtmahl und schaue mir zum Abschluss des anstrengenden Tages die Nachrichten auf CBC an. Anschliessend trinke ich ein kühles Bier und falle dann fix und foxi ins Bett. Gute Nacht.