09.12.2006
07.00 Uhr Ich erwache löblichst und springe mit Elan aus den Federn. Als ich das Fenster öffne und zum Kopfstand ansetze, werde ich plötzlich Zeuge, wie sich schwarze Regenwolken am Horizont zusammen brauen - wie unlöblich. Um nicht von einem Hurrikan überrascht zu werden, aktiviere ich schnell das Fernsehgerät und erfahre auf dem Wetterkanal, dass uns heute nur 22°C und ein Mix (löblich: Mischung) aus Wolken und Sonnenschein erwartet - das soll mir ganz Recht sein.
07.15 Uhr Nach der schweisstreibenden Morgengymnastik darf ein erquickendes Vollbad natürlich nicht fehlen. Ich wasche und rasiere mich ordentlich und lausche nebenbei dem informativen Kurzwellenprogramm des bayerischen Rundfunks. Unter anderem erfahre ich, dass die Diskussion über sogenannte "Killerspiele" immer groteskere Züge annimmt. Während Bayerns Innenminister Günter Beckstein eine Verschärfung des Gewaltdarstellungsparagraphen 131 des Strafgesetzbuchs ins Gespräch bringt und die Herstellung, Verbreitung und Nutzung von gewaltverherrlichenden Heimrechnerspielen unter Strafe stellen möchte, haben sich Fachleute aller Parteien entschieden dagegen ausgesprochen. Zum Beispiel meldete sich der Vize-Vorsitzende der Bundestagsfraktion der "Linken" (SED), Bodo Ramelow, zu Wort und erklärte, "dass er nur noch den Kopf schütteln und sich wundern könne". Ausserdem zeigte der Mann am Beispiel des Erfurter Amokschützen Robert Steinhäuser auf, "dass dieser nicht mit Bits und Bytes geschossen, sondern mit einer echten Pumpgun auf Menschen gezielt habe". Anstatt ausschliesslich über ein Verbot von Heimrechnerspielen zu beraten, schlägt Herr Ramelow vor, das Waffenrecht zu überarbeiten sowie gegen die Aufrüstung der Gesellschaft vorzugehen. Obwohl ich ein sofortiges Verbot von garstigen Heimrechnerspielen wie "Conterstriker" oder "Dum" immer noch unterstütze, kann es nicht sein, dass die Politik ausschliesslich der "virtuellen Welt" die Schuld zuschiebt und andere Aspekte gänzlich ausser Acht lässt. Wie jeder weiss, waren die Amokschützen von Erfurt, Emsdetten und Columbine im amerikanischen Bundesstaat Colorado nicht nur Heimrechnerspieler, sondern frönten auch gewaltverherrlichender Rep-Musik. Solange Kleinkinder den teilweise nationalistischen, rassistischen und menschenverachtenden Liedtexten eines Hipf Hüpfers wie Buschido lauschen, braucht sich keiner zu wundern, wenn die Jugend den Verstand verliert und zur Waffe greift
Gib mir einen Tag und ich zeig dir wie man zum Schatten wird
Du willst alles ausprobieren? Dann komm in meinem Hood
Hier kannst du den Bordstein fressen, ich mach dich Spast kaputt
Wer ist so Fit wie ich? Wer ist mein Feind?
Ich bin der, der dich fickt wenn die Sonne nicht mehr scheint
Du kannst schreien so laut du kannst, du gehst Knock out
Du bleibst doch nur eine mit Schwanz, die sich nichts traut, yeah
Quelle: "Bei Nacht" - Bushido, AggroBerlin
08.00 Uhr Kopfschüttelnd steige ich aus der Wanne und entscheide, dass ich mein heutiges Frühstück in "Julies Restaurant" einnehmen werde - das habe ich mir nach dem Stress der letzten Tage redlichst verdient. Ich schlüpfe kurzerhand in eine farbenfrohe Bermudahose sowie ein Hawaiihemd und eile zum JEEP Karaoke, um mit quietschenden Reifen in Richtung meines Lieblingsgasthauses aufzubrechen. Just als ich mich radiohörend auf der Vanderbilt Beach Strasse durch den dichten Vormittagsverkehr schlängle, stelle ich plötzlich fest, dass mich Herr Wang im Mercedes laut hupend überholt - wie unlöblich. Umgehend drücke ich ordentlich aufs Gaspedal und schaffe es mit viel Geschick, vor meinem Nachbarn das Restaurant zu erreichen - wie schön.
08.30 Uhr Ich wünsche Herrn Wang einen schönen guten Morgen und stelle klar, dass ich das Wettrennen gewonnen habe und nun zu einem reichhaltigen Frühstück eingeladen werden möchte. Mein Nachbar zögert keine Sekunde und verspricht, die Zeche selbstverständlich zu übernehmen - das klappt wieder wie am Schnürchen.
08.45 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und grosse Frühstücke, bestehend aus besonders röschen Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast), Rühreiern mit Speck, lustigen Würstchen und gebratenen Tomatenscheiben verzehren, erinnert mich Herr Wang plötzlich daran, dass direkt neben dem Lowbank Drive ein nagelneues Wohnviertel mit wunderschönen Eigenheimen entsteht - wie aufregend. Obwohl ich derzeit nicht nach einer neune Immobilie suche, überlege ich ganz genau und frage nach, ob es vielleicht möglich wäre, die Grundstücke zu besichtigen. Herr Wang nickt eifrig und behauptet, dass ständig ein Makler vor Ort ist und zahlungskräftige Interessenten gerne über die Baustelle führt - das hört sich gar nicht schlecht an. Verträumt beisse ich in eine weitere Weissbrotscheibe und überlege mir, wie schön es doch wäre, meinen Lebensabend in Florida zu verbringen.
09.30 Uhr HEUREKA - da es mich mittlerweile in den Fingern kribbelt und ich spontan dazu bereit wäre, vielleicht doch ein Häuschen zu erweben, fordere ich Herrn Wang unmissverständlich auf, in die Gänge zu kommen. Nachdem mein Begleiter die gesalzene Rechnung in Bar bezahlt hat, brechen wir gutgelaunt auf und statten dem Baugebiet am Oakes Boulevard, östlich des Lowbank Drives, einen Besuch ab.
10.00 Uhr Just als wir unsere beiden Fahrzeuge sicher auf dem ausgeschilderten Parkplatz abstellen, kommt auch schon ein Heini im Anzug daher und begrüsst uns per Handschlag ganz besonders freundlich - wie schön. Selbstverständlich gebe ich mich umgehend als Reinhard Pfaffenberg direkt aus Bayern zu erkennen und erkläre dem Angeber, dass ich mich für die neuen Häuser interessiere. Herr Kaye zeigt sich hoch erfreut und bittet uns als erstes in sein Containerbüro, um uns bei Kaffee und lustigen Gebäckstücken ein Modell des gesamten Geländes zu zeigen. Während ich den Oakes Boulevard in Miniaturansicht beäuge und kraftvoll in einen Muffin beisse, kann sich Herr Wang ein Lachen nicht verkneifen und macht mich darauf aufmerksam, dass gerade Puderzucker auf ein Häuschen namens "Georgetown" rieselt - wie unlöblich. Dummerweise fallen beim Versuch, die Zuckerstreusel vom Modell zu blasen, auch noch einige Bäume um - wo soll das noch hinführen mit dieser Welt. Um nicht noch mehr Schaden anzurichten, nehme ich vorsichtshalber auf dem bequemen Ledersofa platz und begutachte ein Hochglanzmagazin der Maklerfirma ganz genau. Leider muss ich feststellen, dass für den kleinen Rentnergeldbeutel nichts angeboten wird - wie schade. Als wir schon wieder gehen und in den Lowbank Drive zurückkehren möchten, hält mich der Makler jedoch zurück, und schlägt einen Rundgang über das Gelände vor.
10.45 Uhr Missgelaunt folge ich dem Heini über das Areal und sehe, dass sogar schon einige schmucke Häuschen fertiggestellt wurden - wie aufregend. Fingerschnippend deute ich auf ein Objekt namens "Williamsburg" und gebe Herrn Wang zu verstehen, dass dieses Eigenheim mit seinen zwei Schlafzimmern genau meiner Vorstellung entspricht. Der Makler stimmt sofort zu und ermutigt uns, das Haus gleich zu besichtigen und dann über die Finanzierung zu beraten - das hört sich gar nicht schlecht an.
11.00 Uhr Voller Elan laufe ich durch die sonnendurchfluteten Räume der Villa und bin voll des Lobes. Als Freizeitarchitekt und Eigenheimbesitzer wird mir schnell klar, dass der Bauträger auf ein gepflegtes Ambiente ganz grossen Wert gelegt hat. Neben zwei Schlafzimmern, einer einladenden Küche und Garage, wartet das Häuschen nicht nur mit zwei Bädern, sondern auch mit einem Esszimmer sowie einem Gäste WC auf - Frau Mars würde Augen machen.
11.30 Uhr Als wir die Besichtigung im Garten beenden und auf den Kaufpreis zu sprechen kommen, zückt Herr Kaye kurzerhand seinen Taschenrechner und lotet einen Preis in Höhe von 156.400 Dollars aus - das ist wirklich kein Pappenstil. Da man eine solche Entscheidung nicht über den Zaun brechen darf, bedanken wir uns herzlichst und kehren zu unseren Fahrzeugen zurück. Während ich in Gedanken schon auf der Terrasse meines neuen Eigenheims sitze, meint Herr Wang plötzlich, dass wir nun unser Mittagessen einnehmen sollten - das ist eine hervorragende Idee. Da mir ebenfalls der Magen knurrt, entscheiden wir uns dazu, in den nahegelegenen "Wendy's" einzukehren - schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
12.00 Uhr Nach einer kurzen Fahrt auf der Immokalee Road sind wir auch schon am Ziel und nehmen bequem an einem einladenden Tisch direkt neben der Essensausgabe platz. Da mir heute der Gusto nach einem deftigen Essen steht, wähle ich zwei italienische Frescata Sandwiches, belegt mit Genua Salami, Schwarzwälderschinken, roten Paprikas, Tomatenscheiben und Käse aus und bestelle dazu Kartoffelstäbe mit Ketschap und einen gemischten "Caesars Side Salad" (löblich: Cäsars Beilagen Salat) - schmeckt nicht schlecht.
12.30 Uhr Als Herr Wang kraftvoll in einen hausgemachten Hamburger beisst und sich an einer Orangenbrause labt, lassen wir den Maklerbesuch noch einmal Revue passieren. Während mich mein Tischnachbar redlichst zum Kauf eines Eigenheimes in Florida drängt, winke ich schnell ab und gebe zu verstehen, dass ich derzeit nicht in der Lage bin, knapp 160.000 Dollars aufzubringen. Ferner stelle ich klar, dass ich jederzeit über Georgs Ferienhaus verfügen kann und meiner bayerischen Heimat sowieso nicht den Rücken kehren kann. Schliesslich würden Sandra, Amanda, James und der kleine David (1) ohne mich schon bald auf die schiefe Bahn geraten oder sogar gefährlichen Drogen verfallen - ich darf gar nicht daran denken.
13.15 Uhr Nachdem wir feine Rentnereisbecher verdrückt und die gesalzene Rechnung in Bar bezahlt haben, kehre ich nachdenklich ins Eigenheim zurück - ein entspanntes Nachmittagsschläfchen kann jetzt sicher nicht schaden.
13.45 Uhr Ich parke den JEEP fachgerecht auf der Einfahrt und nehme laut gähnend auf dem Liegestuhl am Schwimmbecken platz. Schon bald schlafe ich ein und finde mich im Traum vor dem Big Ben in London wieder - wie schön.
14.45 Uhr HEUREKA - ich erwache völlig verschwitzt und bemerke, dass ich nicht mehr im Schatten, sondern in der prallen Sonne liege. Schnell springe ich auf und hüpfe in voller Montur kopfüber ins Schwimmbecken, um mich redlichst abzukühlen - das tut richtig gut.
15.30 Uhr Düdeldü - nachdem ich mich redlichst abgetrocknet und frische Kleidung angezogen habe, schenke ich mir ein Glas Dr. Pepper Brause ein und nehme zufrieden am Heimrechner platz, um mich der wichtigen Anschnurarbeit zu widmen. Im elektronischen Briefkasten finde ich auch heute wieder jede Menge Anfragen vor und beginne umgehend, besorgten Eltern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. HEUREKA - unter anderem schreibt Frau Sibylle Z. aus Hoyerswerda, dass ihre Tochter Mandy (17) im Sommer die unlöbliche Liebesparade (unlöblich: Love Parade) in Berlin besucht hat und seitdem der Kokainsucht frönt - wie schrecklich. Selbstverständlich tröste die arme Frau redlichst und rate ihr, sich umgehend mit "Super Nanny" Katharina Saalfrank in Verbindung zu setzen. Die bekannte Diplom Pädagogin wird bestimmt die richtigen Schlüsse ziehen und das Kind auf den Weg der Tugend zurück führen.
17.15 Uhr Nach der löblichen Anschnurseelsorge überprüfe ich jetzt auch noch das löbliche Gästebuch und freue mich über die vielen Einträge freundlicher Heimseitenbesucher. Ausserdem recherchiere ich Fakten für neue Anschnurreportagen und fordere beim renommierten Forschungsinstitut Kuschmelka (München) ein neuveröffentlichtes Dossier zum Thema "Jugendkriminalität im 21. Jahrhundert" an - wie aufregend.
17.45 Uhr Erschöpft fahre ich den Heimrechner herunter und gehe in den Garten, um festzustellen, dass Herr Wang seine Pflanzen mit frischem Wasser versorgt. Während ich ein süffiges Budweiser verköstige, macht mich mein Nachbar darauf aufmerksam, dass sich Scherriff Bradford zum gemeinsamen Abendessen angekündigt hat - das hätte ich beinahe vergessen. Gutgelaunt kehre ich ins Haus zurück und bereite zur Feier des Tages einen knackigen, aber keuschen Eisbergsalat mit gewürfelten Tomaten und Petersilie zu - der Gesetzeshüter wird mit der Zunge schnalzen.
18.15 Uhr Während Herr Wang schon einmal den Grill mit Holzkohle aus dem PUBLIX Einkaufsmarkt befüllt, erfrische ich mich mit einer kalten Dusche und freue mich auf einen erquickenden Abend im Kreis meiner amerikanischen Freunde - das wird ein Vergnügen.
18.30 Uhr Frisch in Schale geworfen leiste ich meinem Nachbarn redlichst Gesellschaft und werde Zeuge, wie er Maiskolben sowie T-Knochen Schnitzel (unlöblich: T-Bone Steaks) auf den Rost wirft. Scherriff Bradfort lässt auch nicht lange auf sich warten und klingelt pünktlich an der Türe - wie schön.
19.00 Uhr Endlich können wir essen. Wir lassen uns die wohlschmeckenden Fleischstücke redlichst munden und plaudern nebenbei über das anstehende Weihnachtsfest. Während Herr Wang schon am 20. Dezember zu seiner Tochter nach Savannah fahren wird, erzählt der Gesetzeshüter, dass er am "heiligen Abend" seinem Dienst nachgehen und Verbrecher zur Strecke bringen muss - wie aufregend. Ferner setzt uns der gute Mann darüber in Kenntnis, dass es die Verbrecher gerade an den Feiertagen ganz besonders bunt treiben - wie unlöblich.
20.30 Uhr Just als ich mich über einen weiteren Maiskolben hermache, klingelt plötzlich das Telefon laut und ganz besonders aggressiv. HEUREKA - misstrauisch nehme ich das Gespräch entgegen und vernehme Sandras Stimme in der Leitung. Als ich nach dem Grund des Anrufs frage und das Schlimmste befürchte, beruhigt mich meine Untermieterin und erzählt, dass sie gerade vom Lichtspielhausbesuch zurückgekehrt ist und sich nach der Lage in Florida erkundigen wollte - das ist wieder einmal typisch. HEUREKA - trotz allem stehe ich dem Kind Rede und Antwort und erzähle, dass ich in den letzten Tagen schöne Ausflüge unternommen und heute sogar ein neues Eigenheim im benachbarten Wohngebiet begutachtet habe. Sandra staunt nicht schlecht und vermutet tatsächlich, dass wir bald nach Florida übersiedeln und in einer grossen Villa mit eigenem Schwimmbad wohnen werden - das würde der Maid so passen.
21.00 Uhr Nachdem ich das kostspielige Interkontinentalgespräch beendet habe, schenke ich meinen Gästen weitere Biere ein und verbringe einen wunderschönen Abend unter Palmen.
22.30 Uhr Da es mittlerweile ziemlich spät geworden ist, verabschieden sich meine Freunde redlichst. Ich sorge auf der Terrasse noch für Sauberkeit und Ordnung und unternehme zu guter Letzt einen Rundgang durchs Eigenheim. Nachdem ich alle Türen und Fenster sicher verschlossen habe, falle ich müde ins Bett und schlafe schon bald ein. Gute Nacht.
Ein Haus am Oaks Boulevard - das wäre schön:
In Deutschland wird über ein "Killerspiel" Verbot diskutiert:
http://pfaffenberg.permuda.net/spiele.html
Hipf Hüpf Musik sollte ebenfalls verboten werden:
http://pfaffenberg.permuda.net/hipfhuepf.html
Herr Wang lädt mich zum Frühstück ein - wie schön:
http://pfaffenberg.permuda.net/freunde2.html#wang
Meine Untermieterin Sandra:
http://pfaffenberg.permuda.net/sandra.html
Amanda, James und David (1):
http://pfaffenberg.permuda.net/guido.html#amanda
Reisebericht: London im Jahre 2004:
http://pfaffenberg.permuda.net/london2004.html
Ich sehe im elektronischen Briefkasten nach dem Rechten...
http://pfaffenberg.permuda.net/ebriefe.html
... und beantworte Anfragen besorgter Eltern:
http://pfaffenberg.permuda.net/kummerkasten.html
Bericht: Die unlöbliche Liebesparade:
http://pfaffenberg.permuda.net/liebesparade.html
Bericht: Haschgift, Kreck, Mariahanu und andere Drogen:
http://pfaffenberg.permuda.net/drogen.html
Bericht: Das Weihnachtsfest:
http://pfaffenberg.permuda.net/weihnachten.html
Bericht: Lichtspielhäuser sind sehr gefährlich:
http://pfaffenberg.permuda.net/lichtspiele.html
verfasst
von Reinhard Pfaffenberg am 09.12.2006
©
Reinhard Pfaffenberg |
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